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"Angebote der Sonderschulen sind zeitgemäß und notwendig"

Dass es die Angebote der Sonderschule weiter geben müsse, steht für Türtscher außer Frage.
Dass es die Angebote der Sonderschule weiter geben müsse, steht für Türtscher außer Frage. ©VOL.AT/Hartinger
Konrad Müller und Wolfgang Türtscher vom ÖAAB Vorarlberg: Inklusion um jeden Preis funktioniert nicht.

Behindertenanwalt Hansjörg Hofer kritisiert in den “VN” die Stärkung der Sonderschulen, “sollte diese zu einer weiteren Trennung von Kindern mit und ohne Behinderung führen”. Wolfgang Türtscher und Konrad Müller vom ÖAAB dazu: “Das Miteinander muss gefördert werden, Kinder und Jugendliche sollen in ihrer Vielfalt und Einmaligkeit möglichst viele Erfahrungen gemeinsam teilen dürfen.” Andererseits gelte: Kinder mit besonderen Bedürfnissen bräuchten auch besondere Angebote.

Im Ländle werde seit vielen Jahren eine Verschränkung der Angebote favorisiert, was heiße, dass am selben Standort (in einer Volks- bzw. Mittelschule) Integrationsklassen und Kleinklassen geführt werden. Im Bezirk Bregenz / Bregenzerwald, führen Müller und Türtscher via Aussendung an, gebe es keine einzige eigenständige Sonderschule mehr, sondern nur noch Volks- und Mittelschulen mit angeschlossenen Kleinklassen – ein gutes Miteinander in Pausen, bei Projekten oder in einzelnen Unterrichtsgegenständen werde dadurch ermöglicht und gefördert. In den anderen politischen Bezirken würden aktuell nach diesem Modell verschiedene Schulen umorganisiert.

Die Begründung von Hofer zum Erhalt der Sonderschulen, “dass man auch Kinder ohne Behinderung in Sonderschulen gibt […], weil die Ressourcenlage an Sonderschulen in der Regel besser ist”, halten Türtscher und Müller für abwegig. Ressourcen müssten sich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren und könnten nicht an ein Organisationsmodell gebunden sein.

Die Angebote der Sonderschulen müsse es weiterhin geben. Die Erfahrung zeige, dass etliche Kinder in der Integration nicht entsprechend gefördert werden könnten – sie brauchten therapeutische oder medizinische Angebote, Beziehungsangebote, die viel Zeit und eine kleine Gruppenstruktur erforderten, besondere Förderangebote aufgrund spezifischer Beeinträchtigungen im Sehen, Hören oder Intellekt, in der sensorischen Wahrnehmung oder Motorik usw. Es gebe auch Kinder, die in einer großen Gruppe sozial-emotional überfordert sind und das Angebot einer Kleingruppe dringend benötigen. Trotz intensiver Integrationsbemühungen der Volks- und Mittelschulen gebe es immer wieder Kinder, die mit diesem Angebot – aus sehr unterschiedlichen Gründen – nicht zurechtkämen und in die Sonderschule wechseln, so Türtscher und Müller übereinstimmend. Wer heute in die Sonderschule oder in eine Kleinklasse gehe, werde nicht dazu gedrängt oder gar gezwungen, sondern die Eltern und Schüler entschieden sich in der Regel sehr bewusst für diese Schulform.

Außerdem fordern Selbstvertreter für sich Sondereinrichtungen, damit sie unter ihresgleichen lernen und kommunizieren können. “In diesem Sinne setzen wir uns dafür ein, dass es für Kinder / Jugendliche mit Förderbedarf weiterhin eine echte Wahlmöglichkeit zwischen der Beschulung in einer Kleinklasse und der Beschulung in einer Integrationsklasse gibt”.

Für die Zukunft stehen laut Türtscher und Müller große Herausforderungen an:
• Die Personalsituation werde sich weiter verschärfen – gibt es doch schon jetzt viel zu wenige ausgebildete Sonderschullehrerinnen und -lehrer.
• Erfreulich sei die Ansage der neuen Bundesregierung, wieder eine eigene Ausbildung der Sonderschullehrerinnen und -lehrer an den Pädagogischen Hochschulen einzuführen.
• An den Rahmenbedingungen (organisatorisch, räumlich, materiell und personell) müsse ständig weiter gearbeitet werden.
• Nicht zuletzt müsse die Finanzierung für die qualitativ hochwertige Arbeit (bei einer möglicherweise zunehmenden Schülerzahl) im Land gesichert werden.

Inklusion, so Türtscher und Müller summierend, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Herausforderung, die nicht von der Schule allein getragen werden kann. Entscheidend werden die Einstellungen sein, mit denen wir als Gesellschaft Menschen mit Behinderungen begegnen und die in den Elternhäusern den Kindern vermittelt werden. “Diese Haltungen werden hoffentlich von Wertschätzung und Respekt geprägt sein”.

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