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Bei Impfungen vorgedrängt: Ministerium sieht Länder in der Pflicht

Wirbel um Nicht-Einhaltung der Impf-Reihenfolge.
Wirbel um Nicht-Einhaltung der Impf-Reihenfolge. ©APA (Symbolbild)
Angesichts gehäufter Meldungen über Unregelmäßigkeiten beim Impfen gegen Covid-19 nimmt das Gesundheitsministerium die Länder in die Pflicht.

In Kärnten sollen Prominente und Politiker gegen Spenden an Heimträger an den begehrten Corona-Impfstoff gekommen sein, auch aus anderen Bundesländern wird von Vorreihungen berichtet, von denen Kommunalpolitiker und Nicht-Risikopersonen profitiert haben. Ihnen obliege primär die Kontrolle, ob die Vorgaben eingehalten werden, hieß es.

Gesundheitsministerium nimmt Länder in die Pflicht

"Grundsätzlich haben die Impfbeauftragten der Gesundheitseinrichtung sowie der Impfkoordinator im jeweiligen Bundesland für ein geordnetes Vorgehen Sorge zu tragen", hielt das Gesundheitsministerium Dienstagmittag auf APA-Anfrage fest. Die Impfbeauftragten der einzelnen Gesundheitseinrichtungen hätten dafür Sorge zu tragen, den Impfstoffbedarf entsprechend der Priorisierung im Vorfeld genau zu erheben und anhand dessen die notwendige Impfstoffmenge zu ordern. Falls Impfstoff aus unvorhersehbaren Gründen übrig bleibt - etwa bei einer akuten Erkrankung einer zu impfenden Person -, sollte eine Warteliste mit weiteren priorisierten Personen vorliegen, die ersatzweise geimpft werden können.

Diese Impfreihenfolge muss eingehalten werden

Zunächst sind dabei andere Heimbewohner, Pflege- und Betreuungspersonal oder sonstige Beschäftigte zu berücksichtigen. Sollten sich in der Einrichtung auf die Schnelle keine anderen priorisierten Personen finden, kämen externe Dienstleister in Betracht, die sich regelmäßig in den Einrichtungen aufhalten - etwa ein Physiotherapeut oder ein Friseur, die mehrmals in der Woche in der Einrichtung ihre Dienste verrichten. In weiterer Folge wären dann auch Angehörige und Lebenspartner von Heimbewohnern in Betracht zu ziehen - falls diese regelmäßig auf Besuch kommen.

Es sei Aufgabe der Impfkoordinatoren und Impfbeauftragten das Prozedere beim Impfen auf allfällige Regelverletzungen zu kontrollieren und zu sanktionieren, meinte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Es gebe schließlich "klare Vorgaben", in welcher Reihenfolge verimpft wird.

"Illegale Vorreihungen" bei Corona-Impfungen in Österreich

In manchen Bundesländern wird Kritik laut, dass nicht nach der von den Behörden vorgesehenen Reihenfolge gegen das Coronavirus geimpft wird. In Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Ober-, Niederösterreich und Wien sind in letzter Zeit Fälle aufgetreten, dass übrig gebliebene Impfstoffe nicht an Heimbewohner, Gesundheitspersonal oder über 80-Jährige verabreicht wurden, sondern an Politiker, Gemeindebedienstete, Angehörige und andere. Die Behörden prüfen die Fälle nun.

Feldkircher Bürgermeister ließ sich impfen - obwohl Ärztin die Dosis verweigerte

In Vorarlberg gab es deshalb bereits zum zweiten Mal Wirbel. Wie die "Vorarlberger Nachrichten" zunächst berichteten, hat sich der Feldkircher Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP, 65) am Wochenende bei einer Impfaktion in einem Seniorenheim in Feldkirch-Gisingen impfen lassen, obwohl dem offiziellen Impfplan gemäß Politiker noch nicht an der Reihe sind. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) übte scharfe Kritik. Matt selbst sah seine Impfung als gerechtfertigt an. Er stehe ständig mit Bewohnern von Seniorenheimen in Kontakt, begründete Matt gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" seine Immunisierung. Zudem habe er die letzte zur Verfügung stehende Impfdosis erhalten, "die sonst verloren gegangen wäre". Laut ORF Radio Vorarlberg ließ er sich nach seiner Ankunft im Heim auf eine Warteliste setzen. Die Stadt Feldkirch kündigte für den Nachmittag eine ausführliche Darstellung seitens des Bürgermeisters an. Heimleiter Herbert Lins fand das Vorgehen aufgrund des engen Kontakts des Stadtchefs mit dem Seniorenheim ebenfalls korrekt.

Heim-Ärztin Susanne Furlan hatte hingegen eine andere Sicht der Dinge. Nach der Impfung aller Bewohner des Seniorenheims seien noch 14 Dosen vorrätig gewesen, sagte sie im Rundfunk. Es seien noch viele Leute aus Hochrisikogruppen draußen gestanden und hätten geimpft werden wollen. Sie selbst habe Matt die Impfung verweigert.

Übrig gebliebene Impfdosen in Tirol sorgen für Ärger

Wer zu welchem Zeitpunkt geimpft wird, hat auch in Tirol für Diskussionen gesorgt. So wurde in mehreren Gemeinden offenbar die vorgegebene Impf-Reihenfolge nicht eingehalten. Laut Medienberichten kamen statt Über-80-Jährige oder Risikopatienten Gemeindemitarbeiter oder auch ein Bürgermeister und dessen Frau in den Genuss von überschüssigen Impfdosen aus Alters-und Pflegeheimen. LH Günther Platter (ÖVP) pochte auf eine strikte Einhaltung.

Die "Tiroler Tageszeitung" (Dienstagsausgabe) berichtete etwa von einem Fall aus einer Gemeinde aus dem Bezirk Innsbruck-Land, wo rund 50 Impfdosen in einem Seniorenheim übrig geblieben waren. Deshalb wurden diese an Personen verabreicht, die weder im Heim wohnen noch dort arbeiten - unter ihnen befindet sich auch der Bürgermeister und dessen Ehefrau. Dieser selbst rechtfertigte sich in der Zeitung, indem er angab, selbst zur Risikogruppe zu gehören, nachdem er sich einer Herzoperation unterziehen musste. Warum seine Frau vorgereiht wurde, wollte er allerdings nicht erklären.

Laut einem Bericht der Tirol-Ausgabe der "Kronen Zeitung" wiederum wurden in einer Gemeinde im Bezirk Kufstein übrige Dosen an Gemeindemitarbeiter verimpft. "Für mich sind die Mitarbeiter der Gemeinde eindeutig systemrelevant", argumentierte der dortige Ortschef. Er verwies darauf, dass der übrige Impfstoff innerhalb einer Stunde verabreicht werden müsse, man sich unter Zeitdruck auf die Suche nach impfwilligen Personen begeben habe und alles nach Absprache mit dem Land passiert sei.

Die Verimpfung sei nicht im Detail abgestimmt gewesen, ließ indes das Land wissen und zeigte sich mit der Vorgehensweise einiger Gemeinden und Altersheime nicht einverstanden. "Wir haben nochmals unmissverständlich klargestellt, wie zu priorisieren ist. Die wenigen Impfdosen, die wir aktuell zur Verfügung haben, müssen ausnahmslos an jene Personen gehen, die vom Virus besonders gefährdet sind", stellte Platter klar. Bei überschüssigen Dosen aus Alters- und Pflegeeinrichtungen sollen nach ärztlicher Einschätzung weitere Risikopersonen oder Gesundheitspersonal zur Impfung heranzogen werden. "In vielen Heimen hat das gut geklappt - in ein paar wenigen hat es nicht funktioniert. Das wird von uns nicht akzeptiert", sagte der Landeshauptmann zur "TT".

Auch in Oberösterreich ließen sich Bürgermeister impfen

Auch in Oberösterreich wurden weitere Fälle bekannt, wonach Bürgermeister bereits gegen das Virus immunisiert wurden. Die Ortschefs von Enns (Bezirk Linz-Land) und St. Georgen an der Gusen (Bezirk Perg) versicherten, dass sie sich nicht vorgedrängt hätten. Der Ennser Bürgermeister Franz Stefan Karlinger (SPÖ) bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Krone" (Dienstag-Ausgabe), wonach er schon geimpft worden sei. Er betonte gegenüber der APA, nicht als Politiker sondern als Angehöriger zweier Heimbewohner zum Zug gekommen zu sein. Als solcher sei er gefragt worden, als Impfdosen übrig geblieben seien. Er habe sich auch versichert, ob sich noch irgendein Bewohner, Mitarbeiter oder jemand aus dem Besuchs- oder Seelsorgedienst Interesse hätte. Von sich aus wäre er "nie auf den Gedanken gekommen nachzufragen", ob er als Stadtchef früher geimpft werden könne, betonte Karlinger.

Auch der Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen, Erich Wahl (SPÖ), hat bereits eine erste Corona-Impfung erhalten. Es handle sich bei ihm aber nicht um eine Vorreihung, wie er gegenüber der APA meinte. Betreiber des Seniorenheimes sei die Gemeinde und er als Bürgermeister Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter. Damit gehöre er zu jener Gruppe der ersten Impf-Phase, argumentierte er weiter. Die Homepage weist jedoch noch einen eigenen Heimleiter aus. Wahl betonte aber, dass er regelmäßig in der Einrichtung sei und auch an Team-Besprechungen teilnehme.

Erstmals war am Wochenende bekannt geworden, dass in Eberschwang (Bezirk Ried im Innkreis) bereits Anfang Jänner der rote Bürgermeister sowie zwei Vizebürgermeister (SPÖ und FPÖ) mit Dosen für das dortige Pflegeheim geimpft wurden. Da zu dem geplanten Termin in dem Heim offenbar viele Menschen krank waren, kamen Externe zum Zug. Die Heimaufsicht prüft noch, ob die Landesvorgaben eingehalten wurden, informierte das Büro von Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ).

"Bürgermeister gehören definitiv nicht zu einer Hochrisikogruppe", kritisierten die Grünen OÖ am Dienstag. "Der Impfstoff ist knapp. Es gibt eine ganz klare Prioritätenliste, welche Gruppen jetzt vorrangig geimpft werden", stellte Gesundheitssprecherin Ulrike Schwarz klar. Ortschefs sollten Vorbild sein für "Anstand und Solidarität, statt diese zu unterlaufen". Deren "Egotrips" findet Schwarz "inakzeptabel". Daher appellierte sie an "die Spitzen der Bürgermeister-Parteien ÖVP, SPÖ und FPÖ hier auf die Ortschefs ihrer Parteien einzuwirken, ein Impf-Vorschummeln zu unterlassen".

In einem Wiener Pflegeheim in Floridsdorf sind am Freitag neben den ursprünglich vorgesehenen Personen ebenfalls Anstaltsfremde geimpft worden, da u.a. aufgrund von Krankheiten Dosen übrig geblieben sind. Geimpft wurden u.a. Nonnen und ein Pater aus einer benachbarten Kirche, die ein Alter um die 80 aufweisen. Der Rest wurde danach an Angehörige des Personals verabreicht, da das übrige Serum sonst verdorben wäre, bestätigte eine Sprecherin des Heims am Dienstag einen "Krone"-Bericht.

Auch im Klagenfurter Heim des privaten Unternehmens habe man kürzlich auf die Schnelle auf Angehörige, die in der Nähe wohnen, zurückgreifen müssen, sagte Brunner. Dies sei ihres Wissens auch Praxis in anderen Heimen, da es keine Ersatzlisten gäbe, auf die man zurückgreifen kann, falls Dosen übrig bleiben.

Mögliche Spenden für Corona-Impfdosis in Kärnten: Staatsanwaltschaft prüft

In Kärnten hatten sich die Vorwürfe, die teilweise von der Landesregierung geprüft wurden, nicht erhärtet, dass Prominente und Politiker gegen Spenden an Heimträger an den begehrten Impfstoff gekommen sind. Man wolle die Angelegenheit aber von der Staatsanwaltschaft prüfen lassen, damit sich die Verwaltung nicht selbst kontrolliere. Eine Sachverhaltsdarstellung sei in Ausarbeitung und soll noch am Dienstag übermittelt werden, sagte Gerd Kurath vom Landespressedienst.

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wird die angekündigte Anzeige der Landesregierung zu kursierenden Impf-Vorwürfen prüfen, sagte Behördensprecher Markus Kitz am Dienstag auf APA-Anfrage. Noch kenne er nur, was medial kolportiert wurde. Demnach hatten sich bei den Impfungen in den Pflegeheimen einzelne Prominente oder Politiker hineingedrängt, "Spenden" an die Heime als Gegenleistung sollen geflossen sein. Ob das strafrechtlich relevant wäre, war völlig offen.

Stellungnahme von Bürgermeister Matt

Der Feldkircher Bürgermeister sprach in einer am Dienstagnachmittag veröffentlichten Stellungnahmein von einem "Fehler". Matt erklärte, dass er sich schon vor einiger Zeit - "als eine große Skepsis in Sachen Covid-Schutzimpfung in der Gesellschaft erkennbar war" - auf eine Liste der "Seniorenbetreuung Feldkirch" habe setzen lassen. Im Sinne der Vorbildwirkung habe er angemerkt, dass er sich jederzeit impfen lasse, sollten bei einer Impfaktion einzelne Dosen nicht verwertet werden können. Die Liste der Seniorenbetreuung sei anschließend ohne sein Zutun nach den Vorgaben des nationalen Impfgremiums priorisiert worden, dabei sei ihm als Person mit regelmäßigem Aufenthalt in Seniorenheimen die "Priorität 1" (sehr hoch) zugewiesen worden. Deshalb sei er vor der Impfaktion telefonisch verständigt worden, er möge sich für eine Immunisierung bereithalten, falls Impfstoff übrig bliebe.

Nach der Impfung aller Bewohner und Mitarbeiter des Seniorenheims, sei eine Warteschlange abgearbeitet worden, an deren Ende er sich befunden habe. "Am Ende war eine einzelne allerletzte Dosis übrig, die Stadtrat Guntram Rederer (ebenfalls auf dieser Liste, Anm.) mir überlassen hat", stellte der Bürgermeister fest. Eine "Schlange von weiteren Menschen", die sich impfen lassen wollten, habe es nicht gegeben. Heim-Ärztin Susanne Furlan hatte hingegen eine andere Sicht der Dinge. Nach der Impfung aller Bewohner des Seniorenheims seien noch 14 Dosen vorrätig gewesen, sagte sie im Rundfunk. Es seien noch viele Leute aus Hochrisikogruppen draußen gestanden und hätten geimpft werden wollen. Sie selbst habe Matt die Impfung verweigert.

(APA/red)

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