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Berti Mielach im Sonntags-Talk: „Es war ein Mega-Befreiungsschlag“

Berti besuchte uns in der SALZBURG24-Redaktion. Für mich, eines der emotionalsten Interviews, die ich bislang hatte.
Berti besuchte uns in der SALZBURG24-Redaktion. Für mich, eines der emotionalsten Interviews, die ich bislang hatte. ©SALZBURG24/Schuchter/Mielach
Ein schweres Burnout und Depressionen haben Salzburgs Szenegastronom Berti Mielach dazu gezwungen, im März dieses Jahres das Steinlechner aufzugeben. Seither war es still um den 45-Jährigen. Wir haben Mielach zum Sonntags-Talk gebeten und wissen jetzt: Der bunte Vogel von einst fliegt nicht mehr so hoch wie früher, hat dafür aber eine ganz neue Perspektive gewonnen.

SALZBURG24: Lieber Berti, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es dir gesundheitlich?

BERTI MIELACH: Ich bin auf dem sehr sehr guten Weg zur Besserung. Ich habe meine Ernährung umgestellt, habe 17 Kilo abgenommen und ich mache täglich Sport. Es geht langsam aber stetig aufwärts.

Welchen Sport machst du?

Ich stehe zwei Mal am Tag für 30 Minuten auf einem Crosstrainer. Ich bin nicht wirklich der große Outdoor-Sportler. Aber das ziehe ich durch, am liebsten vor dem Fernseher. Und zusätzlich zum Crosstrainer trainiert zwei bis dreimal die Woche Thomas Wenzl mit mir. Der ist echt beinhart ist aber es wirkt unglaublich. 

Der 3. März dieses Jahres hat dein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Bei dir wurde ein schweres Burnout mit Depressionen diagnostiziert.

Das stimmt. Ich bin seit dem 3. März im Krankenstand. Ich war seitdem am Abend noch nicht einmal aus. Menschenmassen meide ich immer noch. Das ist alles so ein Extrem für mich. Früher habe ich 25 Jahre lang quasi mit der ganzen Stadt im Steinlechner Gas gegeben und in der Reha Goldegg, wo ich jetzt drei Wochen war, wirst du von 100 und 0 gefahren.

Wie ist es dazu gekommen?

Das ist schleichend passiert. Die letzten zwei Jahre habe ich mich von allem und jedem abgewendet. Ich habe mich zu Hause eingesperrt und immer eine Ausrede gefunden, dass ich bloß nicht unter die Leute muss. Jeder Tag war eine noch größere Überwindung mich als Steinlechner-Wirt ins Lokal zu stellen und für die Leute den Spaßvogel zu machen. Ich bin dann jeden Tag nach der Arbeit heim, hab zugesperrt und wollte und konnte nichts mehr tun. Das Schlimme ist, dass man sich dann selbst auch total vernachlässigt. Irgendwann habe ich dann nicht mal mehr die Post geöffnet. Ich wollte nur alleine sein und meine Ruhe haben – auch wenn ich wusste, dass das nicht gut enden wird.

Wann war dir klar, dass du krank bist?

Letztes Jahr ist es dann ganz schlimm geworden. Ich habe mich nur noch eingesperrt. Ich wusste zwar, dass das nicht gut ist, was ich mache, konnte aber nichts dagegen tun.

Hat es einen Auslöser gegeben?

Ja. Der Tod meiner Mama. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Die Mama war immer mein größter Anker. Ich bin ja mit ihr und meiner Schwester in St. Koloman aufgewachsen. Niemand hat gewusst, was los war aber viele haben gemerkt, dass was nicht stimmt.

Meine drei besten Freunde (einer davon ist Torwartlegende Otto Konrad, Anmk. d. Redaktion) haben das dann in die Hand genommen und mich aus der Wohnung gelockt. Wir sind dann zu Otto gefahren, sie setzten mich an den Tisch und sagten zu mir: „So, jetzt red‘“. Dann bin ich zusammengebrochen. Ich habe zwei Stunden lang nur geredet und geweint. Der ganze Ballast fiel weg. Das war der schlimmste und gleichzeitig auch schönste Moment in meinem Leben. Das war der Tag der Tage.

Wie ging es dann weiter?

Ich bin sofort ins Regenerationszentrum Goldegg gekommen. Die haben mich aufgefangen. In den ersten Tagen bist ganz alleine. Da war mir die Stille zu laut. Ich bin in meinem Zimmer gewesen, es war Totenstille und ich dachte, ich hätte noch nie so etwas Lautes gehört. Aber ich habe schnell einen neuen Tagesablauf gelernt und die Psychotherapie hat mir sehr viel geholfen. Schon nach dem ersten Gespräch wusste ich, das ist mein Weg – hier komme ich raus.

Am 16. Mai hast du auf Facebook öffentlich gepostet, dass du das Steinlechner abgegeben hast. Wie schwierig war es für dich, diese Entscheidung zu treffen?

Das Steinlechner war für mich mein Daheim. Ich war 15 Jahre lang Steinlechner-Wirt. Aber schon nach den ersten 14 Tagen Krankenstand war für mich völlig klar, ich kehre nicht mehr zurück. Extrem abgegangen ist mir das Wirtshaus selbst, weil ich es immer behandelt habe, wie mein eigenes. Drei, vier Mitarbeiter fehlen mir von ganzem Herzen. Aber von Tag zu Tag war es für mich leichter loszulassen.

Die Reaktionen auf dein Facebook-Eintrag waren enorm – wie ging es dir dabei?

Diese Rückmeldungen haben mich umgehauen. Die Reaktionen waren unglaublich. Es war, wie die ganzen Leute alle auf einmal in meinem Zimmer gestanden wären und mich gedrückt hätten. Den Leuten ist es auf einmal richtig um mich gegangen und nicht um das Steinlechner. Das hätte ich mir nie erwartet und das hat mich umgehauen. Die Leute melden sich jetzt zu Hunderten. Ich bin in Goldegg gesessen und habe Rotz und Wasser geweint. Ich war so. gerührt.

Du warst immer Wirt mit Leib und Seele. Was wird dir als Wirt am meisten abgehen?

Ich liebe Menschen und mein großer Vorteil ist, dass ich im Wirtshaus aufgewachsen bin. Die Mama konnte mit jedem gleich umgehen – vom Kleinsten bis zum Hochgestelltesten. Und das habe ich ihr abgeschaut. Ich mache zwischen den Menschen keinen Unterschied. Für mich war jeder Gast immer gleich.

Du gehst mit deiner Krankheit sehr offen um und sprichst öffentlich darüber. Warum?

Seit ich meine Depression öffentlich gemacht habe, haben mich unglaublich viele Leute angeschrieben, denen es ähnlich geht oder ging. Ich habe gemerkt, dass ich mit meinen Erfahrungen helfen konnte – und ich habe nichts zu verheimlichen. Ich würde irgendwann gerne auf einer hellen, weißen Bühne sitzen, mit einem Tisch und einem Sessel und den Leuten meine Geschichte erzählen. Das ist mein großer Traum. Ich möchte den andern Mut machen, zu den eigenen Schwächen zu stehen und diese zuzulassen. Man darf jederzeit sagen: Jetzt reicht es. Jetzt ist genug.

Was hast du für die nahe Zukunft geplant?

Ich weiß, dass ich wieder zurückkomme und ich weiß, dass ich in der Gastronomie bleibe. Es gibt schon Angebote. Aber den Vollgas-Berti wird es definitiv nicht mehr geben, sondern nur noch den echten.

Deine Träume für die Zukunft?

Schnell wieder ganz gesund werden und ganz lang gesund bleiben. Und ich freue mich extrem aufs Arbeiten wieder. Und 14 Tage oder drei Wochen mal irgendwo auf Urlaub fahren, das ist auch so ein kleiner Traum von mir. Eine Sicherheit haben und ein geregeltes Leben. Und dann etwas später mit viel Lachen über die Vergangenheit reden zu können.

Lieber Berti, das wünschen wir dir auch! Vielen Dank für das Interview jetzt folgen noch ein paar Entweder-oder Fragen.

O.k., leg los!

Fleisch oder Fisch: beides

Süß oder Sauer: Sauer

Bier oder Wein: Prosecco

Bar oder mit Karte zahlen: bar

Imbiss oder Fünf-Sterne-Küche: Imbiss

Margarine oder Butter: auf jeden Fall Butter

Aufzug oder Treppe: Treppe

Fahrrad oder Auto: beides

Auf die Waage oder besser doch nicht: einmal in der Woche

Frühaufsteher oder Langschläfer: mittlerweile Frühaufsteher

 

Ab sofort veröffentlichen wir jeden Sonntag ein Interview mit besonderen Menschen aus Salzburg – egal ob prominent oder nicht. Wir freuen uns über eure Vorschläge an: nicole.schuchter@salzburg24.at

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