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Blühen und Wachsen

©Stefan Hauer
Eine Architektur für die Kleinsten und ihre Wegbegleiter(innen) schafft Orte zum Blühen und Wachsen von Kindern und von Gemeinden.

Der neue Kindergarten in der Koblacher Riedstraße ist ein neuer stabiler Anker für das Wachsen von Dorf und sozialer Infrastruktur. Hervorragende Architektur stützt die Bedeutung von frühkindlicher Bildung und gibt dem Thema Familie und Gesellschaft einen kulturellen Ausdruck.

Nomen est omen. Was soll ein Kindergarten anderes sein als ein Ort des Blühens und Wachsens für junge Persönlichkeiten? Für das Architekturbüro Marte Marte ist diese Bauaufgabe fix im Repertoire gesetzt und doch immer wieder neu. Die Bauwerke, die schon aus dieser Bauaufgabe entstanden sind, haben viele Gemeinsamkeiten, sind dennoch aber immer wieder neu gedacht. "Natürlich gibt es Erprobtes, das immer wieder zum Einsatz kommt", sagt Bernhard Marte beim Vor-Ort-Termin in Koblach. "Manches kommt aber auch dazu, durch Anregungen des pädagogischen Personals, besondere pädagogische Konzepte, Anforderungen bei Sonderförderungsbedarf oder einfach, weil wir Neues ausprobieren wollen und selbst etwas Neues gesehen und dazu gelernt haben."

Öffentlich: Der Kindergarten ist verbunden mit einem weitläufigen Spielplatz und angrenzenden Freiflächen.
Naturgeschützter Erholungsraum. Wild wuchern darf hier nur sattes Grün.

Bauen für Kinder

Das Bauen für Kinder ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Der Kindergarten ist oft der erste Ort, in dem Kinder Gemeinschaft außerhalb der Familie erfahren, Freundschaften mit Gleichaltrigen knüpfen, der erste institutionelle Bildungsort, ein Ort der Integration und gesellschaftliche Teilhabe für Familien und damit auch ein Ort des Gemeinwohls, der Gesundheit, der Bildung, der Kultur. Der Kindergarten ist damit nicht nur Programm, er ist selbst ein Ort, der viele Aufmerksamkeit braucht, damit Bildungsprozesse gelingen können. Und er ist auch Arbeitsort für einen der anspruchsvollsten und wichtigsten Berufe unseres gemeinschaftlichen Lebens als Gesellschaft.

Siedlungsraum: Hier wird Wachstum erwartet. Sorgsam gesetzte Infrastruktur begleitet diesen Wandel.
Tischgemeinschaft. Bei der gleitenden Jause bestimmen die Kinder selbst, wann und mit wem sie essen wollen.

Gut aufgehoben

Haben wir nicht alle ein gutes Gefühl von Sicherheit und Bestärkung, wenn unsere Kleinsten und Liebsten gut aufgehoben, gut betreut, liebevoll begleitet und kompetent unterstützt werden? Am Koblacher Ried, einem der schönsten Naturräume Vorarlbergs, ist der neue Kindergarten auch städte- und ortsbaulich wichtig. Das wachsende Rheintal braucht soziale Infrastruktur. Das neue Bauwerk ist der Ort dieser Infrastruktur und er fügt sich in die bauliche Landschaft ein, die von kleineren Einfamilienhäusern, viele davon schon etwas älter, und mittelgroßen Wohnanlagen bestimmt wird. Das Wachstum ist auch hier Programm, denn Wachsen ist ein Prozess und diesen Prozess zu begleiten und sorgsam anzuleiten, ist Inhalt ortsbaulicher Überlegungen. Man rechnet mit Zuzug und will auch jenen, die schon lange hier sind, Aufmerksamkeit schenken.

Flexible Möblierung. Viele Pädagog(inn)en wünschen sich Möbel, die verstellt und adaptiert werden können. Ganz wichtig: Es gibt auch Möbel für Erwachsene.

Wachsen können

Der Kindergarten ist so neuer Teil der Nachbarschaft. Er ist eingeschoßig, noch – mit der Möglichkeit mitzuwachsen. Er ist zum Garten hin orientiert und mit einer öffentlich benutzbaren Spiellandschaft verbunden. Das Bauwerk selbst ist stabiler Anker dieser Verbindung – umgeben von Grün und Spielgeräten aus Holz. Die raumhohen Fenster geben den Blick auf den Garten frei und weisen den Weg nach draußen – so wie es Erziehung bestenfalls immer will – zur Eigenständigkeit, Selbstständigkeit, ins freie Tun und Handeln. Die Räume selbst sind als Module gestaltet. In ihrer Ausstattung und Anordnung sind sie flexibel – und bieten so einen Rahmen für die Pädagoginnen, den sie selbst weiterführen und immer wieder verändern können. Alle Räume sind zum Garten hinorientiert. Bewegungsraum und Küche können auch außerhalb der Öffnungszeiten für Gemeindeaktivitäten oder Angebote Dritter genutzt werden.

Die Gänge haben Aufenthaltsqualität und bieten auch für die Familien Raum zur Begegnung.
Das Fenster im Bad - diskret, interessant und mit guter Laune.

Kooperation und Auslastung

Einer der Räume steht aktuell noch leer – im neuen Kinderhaus in Sulz hat man einen solchen für Kinder aus der Nachbargemeinde frei gemacht, bis der eigene Bedarf nachwächst. Gemeindekooperationen in den sozialen Infrastrukturen sind oft schwierig zu realisieren und doch auch Gebot der Stunde – wie in allen Infrastrukturen sonst auch – so gelingt die Rheintalstadt, so gelingt ökologisch verantwortliches Handeln und ökonomische Auslastung.

Kochen und gemeinsames Essen fördert Bildung, Kultur und Gemeinschaft. Kleiner Trick: eine Lade als Arbeitspodest.

Daten und Fakten

Objekt Kindergarten Ried, Koblach
Bauherr Gemeinde Koblach Architektur Marte.Marte Architekten, Feldkirch www.marte-marte.com
Projektleitung Anna Kickingereder
Statik Frick & Schöch ZT, Rankweil www.fszt.at
Fachplanung Elektro: Hecht, Rankweil; Heizung, Klima: Marte Diem, Bregenz; Bauphysik: SPEKTRUM, Dornbirn; ökologische Beratung: Vbg. Gemeindeverband, Dornbirn; Spielplatz: Markus Burtscher, Frastanz u. a. Planung 07/2018–07/2021
Ausführung 10/2019–08/2021
Grundstück 4200 m²
Nutzfläche 788 m²
Bauweise Massivbau Ziegel, Beton; Verkleidung und Fenster Weißtanne; innen Kalkputz; Heizung: Erdwärme mit natürlicher Kühlung Energiekennwert 34,4 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 3,4 Mill. Euro

Text: Verena Konrad | Fotos: Stefan Hauer

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