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Der reichste Mann der Welt wurde gehackt - Von Saudis?

Jeff Bezos mit Kronprinz Mohammed bin Salman
Jeff Bezos mit Kronprinz Mohammed bin Salman ©APA-AFP - POOL - MANDEL NGAN
Hackerattacke auf Amazon-Gründer Jeff Bezos: Sein Handy wurde mittels Schadvideo gehackt. Das Video stammt offenbar von einem WhatsApp-Account des saudischen Kronprinzen.
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Die Einschätzung der UN-Experten hat es in sich:  Saudi-Arabien steht Insiderinformationen zufolge im Verdacht, das Telefon von Amazon-Chef Jeff Bezos gehackt zu haben. Eine mit der Sache vertraute Person sagte, diese Vermutung werde von zwei UNO-Vertretern geteilt.

Nach Auskunft des Insiders kam Bezos' Sicherheitsteam in einer kriminaltechnischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass dessen Mobiltelefon Mitte 2018 vermutlich mittels eines Schadvideos gehackt wurde. Dieses soll von einem WhatsApp-Account gestammt haben, der dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gehört habe. Einen Monat später seien von Bezos' Telefon massenhaft Daten abgesaugt worden.

Die unabhängigen Forensiker sehen darin einen möglichen "Versuch, die Berichterstattung der "Washington Post" über das Königreich zu beeinflussen, wenn nicht gar im Keim zu ersticken." Sie fordern eine "sofortige Untersuchung" durch die USA.

Die Hinweise seien stark genug, um eine weitere Untersuchung zu rechtfertigen. Die beiden UNO-Vertreter arbeiteten an einem umfassenden Bericht, der wohl im Juni den Vereinten Nationen vorgelegt werden solle, sagte der Insider.

Zwist zwischen Bezos und den Saudis

Die Beziehungen zwischen Bezos und Saudi-Arabien gelten als angespannt. Am 2. Oktober 2018 wurde der Journalist Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet, Saudi-Arabien hatte die Tötung zunächst bestritten, diese später aber eingeräumt, nachdem sich Hinweise auf die Täterschaft verdichtet hatten. Im Dezember wurden im Königreich im Zusammenhang mit dem Fall fünf Menschen zum Tode verurteilt.

Khashoggi, der in den USA lebte, war ein harter Kritiker des Kronprinzen Mohammed, der de facto der Herrscher im erzkonservativen Königreich ist. Nach türkischer Darstellung wurde der Mord von höchster saudi-arabischer Stelle angeordnet. Auch der US-Geheimdienst CIA und einige westliche Regierungen zeigten sich überzeugt, Mohammed habe den Mord angeordnet. Khashoggi arbeitete auch als Kolumnist für die Zeitung "Washington Post", die zum Geschäftsimperium von Bezos gehört. Dieser gilt als reichster Mann der Welt.

"Wahrscheinlich, weil Bezos Eigentümer der Washington Post ist"

Zu dem möglichen saudischen Hackerangriff auf den "Washington-Post"-Besitzer und Amazon-Gründer Jeff Bezos schreibt die niederländische Zeitung "De Telegraaf":

"Der Mann, der den libanesischen Ministerpräsidenten entführen ließ, die saudische Elite im Ritz-Carlton festsetzte, einen aussichtslosen Krieg im Jemen begann und - laut CIA - den (regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten) Jamal Khashoggi töten ließ, wird nun auch beschuldigt, persönlich den reichsten Mann der Welt gehackt zu haben. Wahrscheinlich, weil Bezos Eigentümer der "Washington Post" ist. Der Zeitung, die durch den Kolumnisten Khashoggi kritisch über das Regime des De-facto-Führers von Saudi-Arabien berichtete.

(...)

Über (Trumps) Schwiegersohn Jared Kushner, mit dem er über internationale Politik diskutiert, hat der Kronprinz bereits einen guten Draht zum amerikanischen Präsidenten. Kushner verfügt über gute Kontakte zu Israel, woher die Software, mit der Bezos Telefon gehackt wurde, stammen soll. Trump selbst hält auch nicht viel von Bezos, vor allem wegen dessen Eigentümerschaft an der "Washington Post"."

Ein zeitlicher Ablauf der Ereignisse:

18. September 2017: Der saudische Regierungskritiker Jamal Khashoggi veröffentlicht in der "Washington Post" seine erste Kolumne. Sie trägt den Titel: "Saudi-Arabien war nicht immer so repressiv. Nun ist es unerträglich."

4. April 2018: Bezos und Kronprinz Mohammed treffen sich in Los Angeles laut UN-Experten zum Abendessen. Dann hätten sie Nummern ausgetauscht.

1. Mai 2018: An Bezos' Mobiltelefon wird vom WhatsApp-Account des Kronprinzen eine verschlüsselte Video-Datei geschickt, wie Fachleute der Vereinten Nationen mitteilen. Binnen Stunden werden demnach immer mehr Daten von dessen Handy übertragen. Und in den kommenden zwei Monaten werden die Handys dreier saudischer Dissidenten und jenes eines Mitarbeiters von Amnesty International im Königreich entweder ins Visier genommen oder mit Spähsoftware infiziert.

2. Oktober 2018: Khashoggi wird im saudischen Konsulat in Istanbul von saudischen Agenten getötet.

8. November 2018: Laut den UN-Experten geht vom WhatsApp-Konto des Kronprinzen auf Bezos' Handy eine Nachricht mit einem Foto einer Frau ein, die einer Gespielin des Amazon-Chefs ähnelt. Die Fachleute verweisen auf forensische Analysen, laut denen Mohammed in weiteren Nachrichten an Bezos intime Informationen über dessen Privatleben enthüllt. Zeitgleich wird Bezos in sozialen Medien in Saudi-Arabien als angeblicher Gegner des Königreichs an den Pranger gestellt.

9. Januar 2019: Bezos gibt via Twitter die Trennung von seiner Frau bekannt. Sie waren 25 Jahre verheiratet. Der Tweet kommt kurz vor einer Enthüllungsgeschichte im Boulevardblatt "National Enquirer" über eine Affäre des Eigentümers der "Washington Post".

7. Februar 2019: Bezos geht mit einem Blogbeitrag auf der Webseite Medium.com in die Offensive. Er wirft dem "National Enquirer" vor, ihn mit peinlichen, pikanten Fotos, die er seiner Freundin sendete, erpressen zu wollen. Die Bilder gingen "unter die Gürtellinie", schreibt er. Zudem räumt Bezos ein, dass seine Eigentümerschaft der "Washington Post" die Dinge für ihn verkompliziere. "Mächtige Leute", die der Berichterstattung der Zeitung ausgesetzt seien, würden fälschlicherweise den Schluss ziehen, "dass ich ihr Feind bin".

21. März 2019: Gavin de Becker, ein von Bezos angeheuerter Privatermittler, veröffentlicht auf der US-Nachrichtenwebseite "The Daily Beast" einen Meinungsbeitrag. Darin wirft er Saudi-Arabien vor, sich Zugang zum Handy des Amazon-Gründers verschafft zu haben. Die Anschuldigung geht auf einen Tipp eines nicht näher genannten Geheimdienstlers zurück, der De Becker im Monat zuvor alarmiert hatte, wie aus einem Forensik-Bericht der Firma FTI Consulting hervorgeht. Das Unternehmen wird von Anthony Ferrante geführt, einem auf Cybersicherheit spezialisierten Ex-Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus.

22. Januar 2020: Nach Prüfung des auf November 2019 datierten FTI-Berichts gehen UN-Experten mit den Erkenntnissen zum mutmaßlichen Hackerangriff auf Bezos' Handy an die Öffentlichkeit. Die Webseite Vice News macht den FTI-Bericht am Mittwoch publik.

(APA)

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