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"Der Rock'n'Roll ist ein anderer": Christina Stürmer als Mama on Tour

©APA
Nächster Schritt in der Karriere von Christina Stürmer: Die heimische Popsängerin, die vor zwei Jahren Mutter wurde, bringt am Freitag ihre Platte "Überall zu Hause" auf den Markt und zeigt sich darauf mit neuem Sound.

Tanzbarer und elektronischer als zuletzt, punkten die Stücke mit viel Popappeal. Wie es dazu kam und wie es mit Töchterchen Marina auf Tour ist, erzählte Stürmer im APA-Interview.

APA: In den vergangenen Jahren ist viel passiert, Sie sind nun auch als Mama im Musikbusiness unterwegs. Was ist dran an Klischees zwischen Rockstarleben und Windelwechseln?

Christina Stürmer: Gute Frage! (lacht) Als das letzte Album veröffentlicht wurde, war ich gerade schwanger. Also habe ich die Interviewreise mit dickem Bauch gemacht. Seitdem ist viel passiert. Die letzte Tour war im Frühjahr 2017, da war Marina ein halbes Jahr alt – und es war natürlich ganz etwas anderes als früher. Schon alleine der Tagesablauf hat sich komplett verändert. Da beginnt der Tag früher, man lungert nicht mehr so viel Backstage herum. Das spielt es jetzt nicht mehr, weil dann irgendwann jemand am Rockzipfel zieht. (lacht) Wir gehen also raus und erkunden die Gegend rund um die Halle. Es ist urschön, wenn man nun merkt, wo man eigentlich spielt. Ich bekomme wesentlich mehr mit von den Städten, in denen wir unterwegs sind, seitdem Marina dabei ist. Der Rock’n’Roll ist vielleicht ein anderer, aber für mein eigenes Leben ist es sehr bereichernd.

APA: Macht es für Marina einen großen Unterschied, wenn Sie dann wieder zuhause sind und es weniger Rummel gibt?

Stürmer: Nein, eigentlich nicht. Marina liebt Musik heiß und hat auch beim neuen Album sehr viel mitbekommen, weil viele Songs zuhause geschrieben worden sind. Das Unterwegssein macht ihr sehr viel Spaß. Mittlerweile kennt sie auch die komplette Crew, da sie in einem Alter ist, in dem sie sich die ganzen Leute merkt. Sie kann dir alle Crew-Namen aufzählen und redet dann zuhause davon, wo der Klaus ist und wo der Rue ist – das sind Bandkollegen. Und sie weiß, was es heißt, wenn Mama und Papa arbeiten gehen. Das hilft schon sehr, weil man ihr Sachen normal erklären kann. Aber sie ist gleich drauf: Sie ist ein sehr lebhaftes Kind, im Bus wie auch zuhause. (lacht)

APA: Damit sind wir auch schon bei der neuen Platte “Überall zu Hause”, die musikalisch doch anders klingt als das eher ruhige “Seite an Seite”, vor allem viel elektronischer. Wie ist der Sound entstanden?

Stürmer: Ja, im Vergleich zum Vorgänger ist es schon sehr konträr. “Seite an Seite” war ja sehr melancholisch. Jetzt findet man Melancholie vielleicht auch, aber es ist durch die Bank sehr frisch, modern und poppig. Das hat sich in den letzten zwei, drei Jahren entwickelt, weil ich privat einfach andere Musik gehört habe, etwa One Republic. Das macht mir unfassbar viel Spaß. Ich mag fliegen immer noch nicht gerne, muss es aber beruflich bedingt immer wieder machen – und Ryan Tedder und seine Band helfen mir durch diese schweren Zeiten. (lacht) Es war für mich einfach ein Zeichen, dass ich gerade lieber solche Musik höre, weshalb sich das auch ins Songwriting reingeschlichen hat. Also probierten wir das mit deutschen Texten. Und die Plattenfirma hat das dann ziemlich abgefeiert. Natürlich werden vielleicht manche sagen, dass es zu poppig ist – aber man kann es eh nie jedem recht machen. Ich fühle mich mit dem jetzt jedenfalls pudelwohl.

APA: Textlich ist oft ein leicht nostalgischer Blick zu bemerken. Ist das eine Stimmung, die beim Schreiben vorherrschte?

Stürmer: Stimmt, wir haben einige Nostalgie-Songs auf dem Album. Wir haben einfach sehr viel über die Vergangenheit geredet, vor allem über die letzten 15 Jahre bei mir, in denen unglaublich viel passiert ist. Begonnen mit der Castingshow, hat sich einfach mein ganzes Leben verändert. Aber oft hat man sich gar nicht die Zeit genommen, sich hinzusetzen und das zu genießen. Man arbeitet eher wie am Fließband. Wenn du in der Stadthalle vor 13.000 Leuten spielst oder den Echo in Deutschland bekommst, dann bist du am nächsten Tag schon wieder bei einer Autogrammstunde oder spielst ein Konzert. Anstatt zu sagen: Was habe ich gemacht diese Woche? War leiwand! (lacht) Aber aus dem habe ich gelernt, das praktiziere ich jetzt anders.

APA: Wie entscheiden Sie beim Songwriting, ob eine Idee gut ist und weiterverfolgt wird?

Stürmer: Das Songwriting war bei diesem Album ganz anders als zuletzt. Wahrscheinlich hat auch meine Tochter etwas verändert. Ich wollte es einfach bei uns zuhause machen und nicht auslagern. Die Songwriter, mit denen ich mir in den letzten Jahren eine enge Beziehung erarbeitet habe, haben wir eingeladen und dann gearbeitet. So haben wir 15 Songs geschrieben – 13 sind nun am Album. Hatten wir eine Idee, dann war das ein Thema, das gefühlt schon fix war. Daran haben wir so lange gearbeitet, bis es sich für mich richtig angefühlt hat. Es ging also nicht um Quantität, sondern darum, die Zeit zu nutzen und einen Song auch entsprechend fertigzustellen. Dann ist er es auch. Lieber weniger, aber dafür die richtigen Songs.

APA: Was ist für Sie aktuell Zuhause – die Musik, Ihre Familie, Ihre Tochter?

Stürmer: Zuhause ist sehr viel, aber in jedem Fall dort, wo ich mich wohlfühle. Und wohlfühlen tue ich mich in erster Linie dort, wo meine Familie ist. Seit über zehn Jahren bin ich jetzt schon mit Oliver (Varga, Gitarrist, Anm.) zusammen, und er begleitet mich auf der Bühne ja schon seit Anbeginn an. Das war für mich immer ein Segen. Oft wurde ich gefragt, ob man da nicht hin und wieder eine Pause braucht – nein, Oliver ist wie mein bester Freund. Wenn du etwas Schönes erlebst, möchtest du das teilen, aber genauso, wenn es dir schlecht geht. Und jetzt kommt Marina noch mit, und weil wir jemanden für sie brauchen, wenn wir auf der Bühne stehen, kommen entweder unsere Eltern oder meine Schwester dazu. Somit ist in das ganze Werk auch die Familie integriert, es ist ein großes Miteinander. Das klingt vielleicht kitschig, aber wenn Marina mal nicht mitkommt, ist das für die Crew ein großes Drama. Es fehlt etwas! (lacht) Das ist auch wieder das Schöne.

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