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Drahtzieher des Ibiza-Videos in Deutschland verhaftet

Der Drahtzieher des Ibiza-Videos wurde verhaftet.
Der Drahtzieher des Ibiza-Videos wurde verhaftet. ©APA/SPIEGEL/SÜDDEUTSCHE ZEITUNG/HARALD SCHNEIDER
Der Drahtzieher des Ibiza-Videos ist in Deutschland verhaftet worden. Er war seit über einem Jahr untergetaucht.

Der Drahtzieher des Ibiza-Videos, ist nach Informationen der "Presse" (Freitag/Onlineausgabe) in Deutschland verhaftet worden. Der Privatdetektiv Julian H. war nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos untergetaucht. Ihm werden die illegale Herstellung von Ton- und Filmaufnahmen und der Handel von knapp drei Kilo Kokain zur Last gelegt. H., nach dem über ein Jahr gefahndet worden war, soll die Falle auf Ibiza im Jahr 2017 eingefädelt haben.

H. war zuletzt bei einem Prozess per Video zugeschalten

Am 23. Oktober war H. via Videokonferenz in einem Prozess gegen einen ehemaligen Sicherheitsberater wegen Kridadelikten und Betrug im Kremser Schwurgerichtssaal als Zeuge zugeschaltet. Er war damals laut der vorsitzenden Richterin über seinen Anwalt erreicht worden. H.s Anwalt Johnny Eisenberg hat seine Kanzlei in Berlin, wie die "Presse" berichtet. Aufgrund des Ibiza-Videos war der damalige FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache zurückgetreten. Die Affäre führte auch zum Bruch der türkis-blauen Bundesregierung im Mai 2019.

Ermittler warten nach Festnahme auf Übergabe

Die Staatsanwaltschaft Wien hat die Festnahme des mutmaßlichen Drahtziehers des Ibiza-Videos in Deutschland bestätigt. Eine Übergabe an die österreichischen Behörden sei bereits beantragt, sagte eine Sprecherin am Freitag zur APA. Nun warte man auf die Entscheidung der dortigen Behörden. Wie lange das Übergabeverfahren dauern wird, konnte die Staatsanwaltschaft nicht abschätzen.

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte ein Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Urheber des Lockvogel-Videos mit Heinz-Christian Strache eingeleitet, das den Crash der türkis-blauen Regierung und Neuwahlen im September auslöste. Im Fokus der Ermittlungen steht der Wiener Detektiv Julian H., der in München eine Detektei betrieben hat, und der als Begleiter der vermeintlichen russischen Oligarchin eine Schlüsselrolle gespielt haben soll.

Staatsanwaltschaft hielt sich über konkrete Vorwürfe bedeckt

Über die konkreten strafrechtlichen Vorwürfe gegen Julian H. hielt sich die Staatsanwaltschaft Wien bedeckt. Bei dem gesamten Verfahren handle es sich um einen Verschlussakt, lautete abermals das Argument. Dem Vernehmen nach wird gegen drei Tatverdächtige und mehrere unbekannte Verdächtige ermittelt. Die Staatsanwaltschaft bestätigte lediglich die Festnahme von Julian H. in Berlin, über die zuerst die "Kronen-Zeitung" und die "Presse" berichtet hatten.

Keine weiteren Informationen gab es auf APA-Anfrage vom Rechtsvertreter des Festgenommenen, dem Berliner Anwalt Johannes Eisenberg. "Wir können nichts dazu sagen", lautete die Auskunft seiner Kanzlei.

Strache über Festnahme von Julian H. erfreut

Der ehemalige FPÖ-Obmann und unfreiwillige "Hauptdarsteller" im Ibiza-Video, Heinz-Christian Strache, hat die Festnahme des mutmaßlichen Drahtziehers der Aktion, Julian H., nur knapp kommentiert. "Ich freue mich über die Festnahme nach so langer Zeit und hoffe auf rasche und restlose Aufklärung und auch auf die Aufdeckung der weiteren Mittäter, Auftraggeber und Hintermänner", hieß es am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme an die APA.

Gudenus wünscht Julian H. "artgerechte Behandlung"

Der ehemalige freiheitliche Spitzenpolitiker Johann Gudenus, der aufgrund des Ibiza-Vidos von allen Funktionen zurückgetreten war und seine FPÖ-Mitgliedschaft zurückgelegt hatte, hat die Festnahme des mutmaßlichen Drahtziehers Julian H. begrüßt. "Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit", sagte er am Freitag zur APA. Zu Julian H. selbst meinte er: "Ich wünsche ihm eine artgerechte Behandlung."

Trotz des Ermittlungserfolges befürchtet Gudenus allerdings, dass sich die Einvernahme des in Deutschland Festgenommenen erheblich verzögern könnte. Dieser könnte sich gegen das von der Staatsanwaltschaft Wien angestrengen Übergabeverfahren juristisch zur Wehr setzen. Dann könnte es bis zur Einvernahme gut drei Monate dauern, so Gudenus.

Haffenecker hofft auf Licht "in dieser verworrenen Kriminalgeschichte"

Für den freiheitlichen Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, könnte die Einvernahme von Julian H. "endlich Licht in diese verworrene Kriminalgeschichte bringen", wie er in einer Aussendung schrieb. Während man bisher eher den Eindruck gehabt habe, dass vor allem die ÖVP an der umfassenden Aufklärung wenig Interesse habe, "könnte die nunmehrige Festnahme von H. die Vorzeichen um 180 Grad wenden". Hafenecker will wissen, welchen "parteipolitischen Protagonisten" das Video im Vorfeld der Veröffentlichung noch angeboten wurde und ob hinter der Veröffentlichung "eine parteipolitische Interessenslage" gestanden ist.

Privatdetektiv und mögliche Schlüsselfigur festgenommen

Mit Julian H. hat die deutsche Polizei eine mögliche Schlüsselfigur in der Causa Ibiza festgenommen.

Im Ibiza-Video war Julian H. selbst zu sehen - als Begleiter des weiblichen Lockvogels, der sich als angebliche Oligarchen-Nichte inszenierte und Strache sowie den früheren freiheitlichen Klubobmann im Nationalrat, Johann Gudenus, damit in eine Falle gelockt hatte. Julian H. war seitdem per internationalem Haftbefehl gesucht worden. Neben Wien hatte er auch einen Wohnsitz in München angemeldet, wo er eine Detektei betrieb.

Trotz der Vorwürfe gegen ihn unterließ es H. nicht, selbst Prozesse rund um die Causa anzustrengen. So erlitt die deutsche "Zeit" eine Niederlage vor Gericht, da sie über das angebliche Vorleben des Mannes berichtet hatte - etwa den mittlerweile entkräfteten Vorwurf der Industriespionage. Am 23. Oktober war H. via Videokonferenz in den Kremser Schwurgerichtssaal als Zeuge und Geschädigter zugeschaltet. Auch dort bestritt er den Vorwurf, gemeinsam mit dem dort angeklagten Ex-Sicherheitsberater illegale Methoden angewandt zu haben.

Auch H.s Anwalt will nicht aussagen

Nicht nur H. selbst, auch sein Anwalt Johannes Eisenberg war in der Ibiza-Affäre immer wieder in den Schlagzeilen. So hatte der Rechtsvertreter dem für die Klärung der Causa eingerichteten parlamentarischen Untersuchungsausschuss die Übermittlung des gesamten Ibiza-Videos angeboten. Nach der Argumentation von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der Ausschuss dürfe möglicherweise rechtswidrig zustande gekommene Beweismittel nicht annehmen, zog er das Angebot wieder zurück. Im Ausschuss aussagen will Eisenberg nicht.

(APA/Red)

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