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Ein Haus für alle Fälle

Wasserdichter Beton bildet das Fundament für dieses ungewöhnliche Holzhaus. Unter seinem ausladenden Satteldach lebt es sich wie im Loft.

Die Bauherrenfamilie wollte ein Holzhaus mit Satteldach aus natürlichen Materialien mit einwandfreier Energiebilanz. Daher brauchte das Dach viel Fläche für Photovoltaik. Stephan Grabher von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher zelebrierte es als zentrales Gestaltungselement. Die Wohnküche bringt es auf großzügige 4,50 Meter Höhe bis zum First, die an der Längsseite im Süden weit vorgezogene Dachfläche schafft einen gedeckten Laubengang mit Terrasse als besonderen privaten Freiraum.

Die Bauherrenfamilie wünschte sich ein Holzhaus mit einem "richtigen Dach". Es sollte nicht nur Geborgenheit, sondern auch der Photovoltaikanlage viel Auflagefläche und den richtigen Sonneneinstrahlungswinkel bieten. Denn der Einsatz alternativer Energie und natürliche Materialien waren dem Bauherrenpaar ein großes Anliegen. Mit der Planung beauftragten sie Stephan Grabher von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher. Ihn kennt der Bauherr schon lange.

Das Vertrauen in den Architekten (oder auch in die Architektin) ist das Fundament aller geglückten Bauten. Es war hier besonders wichtig, denn kurz nachdem der Entschluss zum Bauen gefallen war, informierte die Gemeinde Lustenau ihre Bewohnerschaft über den Pegelstand im Fall eines Bruchs des Rheindamms. Die Bauherren wollten gewappnet sein. Das führte zu einer besonderen Lösung. Die Straße verläuft an der schmalen östlichen Grundgrenze, wo ein Dichtbetonsockel mit Eingang und Garage einen ebenso dezenten wie effektiven Hochwasserschutz bildet. Er ist bis zum angegebenen Wasserstand von 120 cm über dem Boden wasserdicht, die Tür ist mit Dichtbalken verschließbar, auch die Fenster sind druckwasserdicht.

Auf einem Sockel aus Dichtbeton schwebt das Haus über dem Garten. Zur Straße hin und nach Norden gibt es sich verschlossen, im Osten und Süden öffnet es sich zu Sonne, Wiesen und Bäumen.

Auf dem Flachdach dieses soliden Fundaments steht nun ein Holzhaus mit Satteldach. Auf den ersten Blick sehr archaisch und zur Straße hin verschlossen, zeigt es sich im Inneren und zum Garten hin außerordentlich großzügig, hell und luftig. Der Garten ist rundum von traumhaft schönen, mächtigen alten Bäumen umgeben. Sie schützen vor nachbarlicher Neugierde, spenden Schatten und strahlen eine tiefe Ruhe und große Kraft aus.

Dazwischen: Unter dem weit ausladenden Dachvorstand verläuft im Süden und Osten eine Art Laubengang um das Haus.

Diese wunderbare Atmosphäre wollte Stephan Grabher einfangen und wahren. Der quergestellte Garagensockel schützt auch die Privatheit des Gartens, leicht erhöht gleitet darauf im rechten Winkel dazu das Holzhaus der Länge nach ostwärts der aufgehenden Sonne entgegen. "Hier geht man immer mehr zum Licht", sagt Grabher.

Die besondere Qualität des gedeckten Extrafreiraums vor traumhaft schönen, mächtigen alten Bäumen liegt im Dazwischen.
Ums Haus: Der Laubengang umrundet den Wohnbereich und erweitert sich stirnseitig vor Spielflur und Wohnküche zu großen Terrassen.

Das Haus ist als Split-Level organisiert, das bedeutet, um je eine halbe Ebene versetzt. Das führt zu besonderen Blickverbindungen und macht die Hinwendung zu Sonne und Garten noch stärker spürbar. In der Planungsphase war das für die Bauherren eine Herausforderung. "Wir haben uns die Pläne und das Modell immer wieder angeschaut. Trotzdem sind wir nun ganz überrascht, wie gut das funktioniert."

Stirnseitig ist die Wand auf einer Seite bis zum Giebel verglast, auf der anderen mit Lehm verputzt. Das gibt dem Raum Halt und schafft ein gutes Raumklima.
Diese acht Stufen führen hinauf auf die Ebene mit Bad, Elternschlafzimmer und Kinderzimmern.

Der Eingang liegt am Zwischenpodest. Rechter Hand geht es direkt in die Garage, die zweiläufige Holztreppe führt hinunter in den Keller zum Fitnessraum und acht Stufen hinauf in die erste Wohnebene mit den Kinderzimmern. Weitere acht Stufen hinauf finden sich Bad, Ankleide und Elternschlafzimmer. Fast alles ist aus Holz: Der Boden aus Eiche, Decken, Wände und Möbel aus Weißtanne. Hier hat vieles mehrere Funktionen: Auf der tiefen Fensterbank im Spielflur kann man sitzen und in die Bäume schauen. Viele Wände sind als Bücherregale wie Möbel gestaltet, auf der Holztreppe davor kann man gleich lesen, der Lehmputz verbessert das Raumklima. "Man muss sehr viele Entscheidungen treffen. Welche Materialien kommen zum Einsatz und passen die auch zusammen?", sagt die Baufrau. "Es ist jetzt aber wirklich sehr stimmig."

4,50 Meter Raumhöhe bis zum First und eine gekonnte Lichtregie erzeugen in der Wohnküche ein großzügiges Loftgefühl.

Stefan Grabher zelebrierte das Satteldach, 4,50 Meter Raumhöhe bis zum First verleihen der Wohnküche luftige Großzügigkeit. "Das Giebeldach ist das zentrale Element des Entwurfs", sagt der Architekt. "Seine Untersicht aus Weißtanne schafft eine angenehme, wohnliche Atmosphäre. Seine Größe war sehr wichtig, um möglichst viel Photovoltaik zu integrieren." Sie speist den Betrieb der Wärmepumpe, die klimafreundlich wärmt und kühlt. Um noch mehr Fläche zu generieren, ist die südliche Dachhälfte weit vorgezogen. So entsteht unter dem ausladenden Dachvorstand ein haushoher, gedeckter Umgang.

Hier geht es von der Schlafebene hinauf zum Wohngeschoß.

Er beschattet die Südseite und schafft einen einzigartigen Extrafreiraum. Seine besondere Qualität liegt im Dazwischen. Wie ein Laubengang umrundet er das Haus im Süden und Osten, wo er sich an der rückwärtigen Stirnseite zur großzügigen Terrasse vor Spielflur und Wohnküche ausbreitet. Die Stirnseite ist auf einer Hälfte bis zum Giebel verglast, auf der anderen verputzt. Das gibt dem hohen Raum Halt und verstärkt die Wirkung des weiten Ausblicks über Sonne und Garten. Der Laubengang bietet eine etwas erhöhte Perspektive, seine Stahlkonstruktion mutet urban an. In der Wohnküche fühlt man sich wie im Loft, im intimeren Wohnzimmer auf der Galerie wie unter einem Zeltdach.

Nordseitig gibt es Fenster mit besonders breiten Brüstungen, auf denen man sitzen, lesen und in die Baumkrone blicken kann.
Auf der Galerie über der großzügigen Wohnküche findet noch ein intimeres, zeltartig bedachtes Wohnzimmer Platz.

Daten und Fakten

Objekt Haus M+M, Lustenau
Architektur Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher www.dworzak-grabher.at
Statik gbd ZT, Dornbirn, www.gbd.group
Fachplanung Bauphysik: Spektrum, Dornbirn
Planung 12/2018–12/2019
Ausführung 2/2020–12/2020
Grundstücksgröße 770 m²
Nutzfläche 175 m² (zzgl. Keller 46 m²)
Bauweise Wasserdichter Stahlbeton mit Foamglasdämmung; Holzrahmenbau mit Lehmbauvorsatzschalen und Lehmglätte Zwischendecke als Holzmassivdecke
Besonderheiten Photovoltaikanlage mit 13,6 kWp
Ausführende Baumeister: Keckeis, Lustenau; Zimmerer: Kaspar Greber, Bezau; Fenster: Böhler, Wolfurt; Innenausbau und Böden: Weiler Möbel, Weiler; Fliesen: sTile, Dornbirn; Verputz: Steurer, Höchst; Heizung/Lüftung: Steurer, Andelsbuch; Elektro: Stroj, Lustenau; Garten: Brunner, Höchst
Energiewert 32 kWh/m² im Jahr (HWB)

Text: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer

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