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"Eine Seltenheit": Das war am Treffen Nehammer-Putin besonders

Am Montag kam es zu einem Treffen zwischen Karl Nehammer und Wladimir Putin.
Am Montag kam es zu einem Treffen zwischen Karl Nehammer und Wladimir Putin. ©AP (Symbolbild)
Einer Moskauer Tageszeitung führt im Zusammenhang mit dem Treffen zwischen Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Russlands Präsidenten Wladimir Putin "eine Seltenheit" an. Worum geht es dabei?
Nehammer nach Treffen
Das kündigte Russland an
Nehammer trifft Putin

Karl Nehammer hat am Montag den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht nur als erster Spitzenvertreter aus der EU seit Kriegsbeginn am 24. Februar getroffen. Er war auch einer der raren Staat- und Regierungschefs, der bei Putin auf Bilderverbot pochte. Die Instrumentalisierbarkeit des Besuchs in Russland war dadurch begrenzt: Der Gast konnte weder mit einem langen Tisch medial erniedrigt werden, noch konnte Putin seine internationale Akzeptanz hervorheben.

Nehammer pochte bei Putin auf Bilderverbot

Staatliche russische Medien hatten am Montag insbesondere Videos veröffentlicht, die den Bundeskanzler und seine Delegation bei der Ankunft und beim Verlassen der österreichischen Botschaft im Stadtzentrum von Moskau zeigten. Vom Gespräch mit Putin in Nowo-Orgarjewo waren keine Bilder nach Außen gedrungen.

Treffen Nehammer-Putin: Das soll es nicht gegeben haben

"Vom Treffen gab es nicht einmal protokollarische Aufnahmen, und das ist wirklich eine Seltenheit", kommentierte die Moskauer Tageszeitung "Komsomolskaja Prawda". Sie illustrierte wie zahlreiche andere russischen Medien das Treffen von Nehammer und Putin mit einer Fotomontage.

Foto mit Nehammer beim Verlassen der Putin-Residenz

Dass Nehammer wirklich in der festungsartigen Putin-Residenz außerhalb von Moskau war, belegte freilich ein vom Bundeskanzleramt zur Verfügung gestelltes Foto, dass einen ernst blickenden Kanzler Momente nach dem Verlassen von Putins-Residenz außerhalb von Moskau zeigte. Auf der offiziellen Internetseite des Kreml gibt es selbst keine Informationen über das Treffen. Lediglich Putin-Sprecher Dmitri Peskow kommentierte kurz und erklärte am Montagnachmittag auch, dass die Begegnung auf österreichischen Wunsch unter völligem Ausschluss der Medienöffentlichkeit stattfinde.

Nehammer-Besuch bei Putin: Zurückhaltung bei Medien

In Ermangelung von Informationen aus dem Kreml haben Medien in Russland eher zurückhaltend über den Besuch von Nehammer bei Putin am Montag berichtet. In einem beschränkten Ausmaß wurde aus Erklärungen Nehammers zitiert, der eigentlich verbotene Begriff "Krieg" schaffte es sogar in die staatliche Nachrichtenagentur TASS.

Russische Zeitung: Nehammer ist keine "dauerhafte Figur"

"Das war die erste Reise des Vertreters eines unfreundlichen europäischen Staats in die Russische Föderation nach Beginn der Spezialoperation in der Ukraine", schrieb die Tageszeitung "Moskowski Komsomolez" (MK) am Montagabend auf ihrer Homepage. Obwohl Nehammer bisher nie mit dem russischen Präsidenten gesprochen hatte, gebe es keinen Grund, sich über den plötzlichen Besuch des Kanzlers zu wundern. Der österreichische Bundeskanzler sei keine "dauerhafte Figur", schrieb die Zeitung mit Verweis auf elf Bundeskanzler seit Putins Machtübernahme im Jahr 2000.

Nehammer-Besuch: Möglichkeit für Putin

Für Putin sei der Besuch die Möglichkeit gewesen, ein neues Gesicht in der europäischen Politik "abzutasten" und über jene Gründe zu erzählen, die Russland gezwungen hätten, militärisch in der Ukraine vorzugehen. Da Nehammer aber kaum geheime, mit der EU akkordierte Vorschläge oder eine Botschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj überbracht haben dürfte, habe es für die beiden zur Ukraine im Großen und Ganzen nichts zu besprechen gegeben, schrieb die Boulevard-Zeitung, deren Chefredakteur Pawel Gussew seit Ende vergangener Woche auf einer EU-Sanktionsliste steht.

Nehammer-Zitate mit "Krieg" vermieden

MK vermied in der Berichterstattung Zitate Nehammers, in denen das Wort "Krieg" vorkam. Das galt auch für die Tageszeitung "Iswestija", die selektiv aus der Presseaussendung des Bundeskanzleramts vom Montagnachmittag zitierte. Das Medium referierte Experten, die auch an die österreichische Abhängigkeit von russischen Erdgas erinnerten. Der österreichische Politologe Gerhard Mangott habe "Iswestija" erklärt, dass der Kanzler dem russischen Präsidenten versichert haben könnte, dass Wien gegen ein Gasembargo in der EU stimmen werde, schrieb die Zeitung. Obwohl Nehammer im Unterschied zum früheren Kanzler Sebastian Kurz eine "technische Figur" und ein "grauer Demokrat" sei, brächte er eine österreichische Außenpolitik zum Ausdruck, die balancierter als jene Deutschlands sei, kommentierte der Moskauer Dozent Wadim Truchatschow in der Zeitung. Der Artikel war mit "Wiener Chance" betitelt - im Russischen eine offensichtliche Anspielung an "Wiener Walzer".

Die Tageszeitung "Kommersant" spielte indes mit der Bedeutung von "Wena", das nicht nur die russische Bezeichnung der österreichischen Hauptstadt ist, sondern gleichzeitig auch Vene bedeutet. Die Schlagzeile "In Nowo-Orgarjowo wurde Wien geöffnet" ließ auch verstehen, dass in der Putin-Residenz außerhalb von Moskau eine Vene aufgeschlitzt worden wäre. Neben der Geschichte der bilateralen Beziehungen und der Rolle russischer Gasimporte aus Österreich referierte die Zeitung ausführlicher als andere Medien aus der Aussendung des Bundeskanzleramts. Trotz Zensur, die die Verwendung des Begriffs "Krieg" praktisch kriminalisierte, war dabei vom "unermesslichen Leid" die Rede, dass durch den "russischen Angriffskrieg" entstanden sei.

(APA/Red)

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