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Experte: Wikileaks muss Banken nicht fürchten

Obwohl es um Betriebsgeheimnisse gehe, könnten Privatfirmen nur auf das Zivilrecht setzen - Dahinter steht wenig Macht.
Die Internetplattform Wikileaks hat bei den angekündigten Enthüllungen über den Bankensektor nach Expertenansicht wenig zu fürchten. Obwohl es um Betriebsgeheimnisse gehe, könnten Privatfirmen nur auf das Zivilrecht setzen, sagte Prof. Thomas Hoeren von der Uni Münster der Nachrichtenagentur dpa. “Das birgt zwar großes Drohpotenzial, dahinter steht aber wenig Macht.” Wikileaks hat nach der Veröffentlichung von Geheimpapieren des US-Außenministeriums angekündigt, im Frühjahr Dokumente von Banken zu veröffentlichen, die deren unethischen Führungsstil offenlegen sollen.

Juristisch seien die Enthüllungen im Internet ein spannender Spagat, sagt der Experte des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht. “Das Internet hat ein völlig zersplittertes Presserecht. Mindestens 135 unterschiedliche Rechtsordnungen prallen dort aufeinander.”

Wikileaks spiele diese Rechte zwar geschickt aus, habe zugleich aber auch alle gegen sich. Denn es gelte immer das Presserecht aller Länder, in denen eine Internetseite abrufbar sei. Bei einer Veröffentlichung sei theoretisch jedes einzelne Recht zu prüfen: “Das macht aber keiner.” In der Praxis gelte immer das Recht des Standortes, an dem eine Firma sitzt – und das sei für Wikileaks neuerdings Reykjavik in Island. Das dortige Pressrecht sei eines der liberalsten weltweit. “Das ist wie für Wikileaks zugeschnitten.”

Von Island aus könne die Internetplattform nahezu alles machen, was sie will, sagte der Wissenschaftler. Hoeren empfiehlt, dass die Staatengemeinschaft sich auf ein Welt-Presserecht oder auf einen verbindlichen Pressekodex für das Internet einigen solle. Andernfalls sei man machtlos. “Solange das nicht passiert, macht immer der Staat die Vorgaben, der das liberalste Presserecht hat. Die Staatengemeinschaft muss sich zusammensetzen und sich in der Mitte treffen.”

Hoeren sagte weiter, der Kopf von Wikileaks, Julian Assange, werde immer als Verantwortlicher gesehen. Das seien aber nur Projektionen. “Assange wird zum Helden oder zum Dämonen gemacht. Wir dürfen aber nicht vergessen, wer alles hilft, die Daten aufzubereiten.” Zum einen sei da die Presse, dann die tausenden Helfer und Personen im Hintergrund und die gigantische Internet-Gemeinschaft. “Natürlich hat Assange eine gewisse Grundeitelkeit und prägt das Unternehmen mit seiner Handschrift. Das Anliegen von Wikileaks ist wichtig im Sinne eines offenen Journalismus, aber die Person Assange würde ich nach Möglichkeit davon trennen.”

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