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Golden schimmernde Landmark

Statt nur einer Wohnung mit Walmdach versammeln sich über der Apotheke unterm neuen Dach neun Stadtwohnungen.

Wo bisher über der Dornbirner Oswald Apotheke nur dessen Inhaber unter einem mächtigen Walmdach wohnte, gibt es nun neun Wohneinheiten. Verteilt unter einem flachen Dach auf drei Ebenen.

Golden eloxiertes, fein gefälteltes Lochblech verpasst dem Haus, in dessen Erdgeschoß die Dornbirner Oswald Apotheke eingerichtet ist, eine "Haus", die mit wechselndem Licht immer wieder anders schimmert.
Markant gerahmte Fenster, die quadratisch, aber auch langrechteckig und unterschiedlich tief in die Fassaden gesetzt sind, verleihen dem Haus ein markantes Gesicht.

Der Geschäftsführer Joe Welte des in Röthis ansässigen "Büros für urbane Lebensräume" INSIDE96 mag Projekte, die schwierig sind, "über die sich andere nicht trauen". Um, sofern es Sinn mache, Bestehendes anstatt es abzureißen lieber weiterzubauen, kreativ neu zu denken, stimmig mit alternativen Inhalten aufzuladen. Das Gebäude, in dessen Erdgeschoss seit vielen Jahren die Dornbirner Oswald Apotheke ihren Standort hat, ist exakt ein solches. Unter dessen mächtigem Walmdach lebte bis zu seiner Verwandlung direkt über der Offizin nur der Apotheker mit seiner Familie. Die zwei in Wien lebenden Enkel, die das Haus nun geerbt haben, wollen in diesem zwar nicht leben, es aber auch nicht verkaufen. Sie ließen es durch den Projektentwickler Joe Welte bzw. den Architekten Michael Heim des Dornbirner Büros heim+müller in eine moderne städtische Immobilie verwandeln. In der wie bisher über der nunmehr verpachteten Apotheke gewohnt wird, allerdings in neun kleinen Einheiten. Im Sinn klassischer Nachverdichtung ist aus dem ehemals bescheidenen Zweigeschoßer auf diese Weise ein repräsentativer Viergeschoßer geworden, der sich in dem heterogen bebauten Wohnviertel markant von der Umgebung abhebt, um – nicht zuletzt durch seine Situierung an einer großen Straßenkreuzung – fast zu so etwas wie einer weithin sichtbaren Landmark zu werden. Was im Wesentlichen seiner aus fein gelochtem Trapezblech bestehenden, durch seine Eloxierung je nach Wetter bzw. Licht immer wieder anders schimmernden goldenen "Haut" geschuldet ist. Unterschiedliche Hintergründe verstecken sich hinter dieser semitransparenten Matrix, mehr oder weniger große Loggien genauso wie die Putzfassade des ersten Obergeschoßes oder die aus Holz gebauten Außenwände darüber. Akzentuiert durch extravagant gegeneinander versetzte, nahezu quadratische oder langrechteckige, massiv gerahmte und unterschiedlich tief in die Fassade gesetzte Fenster. Sie verpassen ihr markante "Gesichter".

Happy mit ihrem Werk: Franz Schwendinger von INSIDE96 zwischen Mark Falger und Michel Heim (rechts) von heim+müller Architektur.

Geblieben ist wie bisher die im massiven, im Zuge des Umbaus mit einem Vollwärmeschutz versehenen, Sockel eingerichtete Apotheke. Sie hat, indem die Obergeschoße Richtung Südwest nun weit auskragen, einen kleinen geschützten, urban gepflasterten Vorplatz sowie einen neuen Eingang und neue Fenster bekommen und wurde auch infrastrukturell aufgerüstet.

Einheitlich in allen verhältnismäßig großzügig dimensionierten Wohn-Esszimmern sind die weißen, keine Wünsche offenlassenden Küchenmöbel.
Eine fast raumhohe, komplett verglaste Türe bildet die fragile Barriere zwischen Wohnung und Loggia.

Aus der bisher einen großen Wohnung im Obergeschoß wurden durch den Umbau nun neun, allerdings verteilt auf drei, durch ein neues Stiegenhaus inklusive Lift erschlossenen Stockwerke. Die besonders bei Singles bzw. Paaren jeden Alters, nicht zuletzt ihrer zentralen Lage in Downtown Dornbirn, angesagten Mietobjekte haben zwei bzw. drei Zimmer. Sie sind zwischen 40 und 68 Quadratmeter groß plus einer kleinen, ganz aus Lärche gebauten sechs bis acht Quadratmeter großen Loggia, die sich zum Innen durch eine raumhoch verglaste Türe öffnet. Nicht zuletzt aus statischen Gründen wurden die zwei neuen Obergeschoße komplett in Holzfertigteilbauweise auf das massive Bestandsgebäude gesetzt. Auf den Böden der Wohnbereiche aller neun Einheiten liegt Eichenparkett, die Wände sind weiß genauso wie die Fliesen der barrierefreien Bäder, die Eingangstüren zu den Wohnungen sind aus Eiche. Die in den relativ großzügig dimensionierten Wohn-Essbereichen eingebauten Küchenmöbel sind schnörkellos modern und in allen Einheiten gleich. Vor zu viel Sonne schützen außenliegende Jalousien, am flachen Dach wurden energetisch sinnvoll Photovoltaikelemente montiert.

Das fein gelochte Trapezblech fungiert als raffinierter Filter zwischen innen und außen. Es lässt die Blicke in den Außenraum fast barrierefrei zu, während die nach innen praktisch komplett ausgeblendet werden.

Dass der Umbau der Immobilie während des Vollbetriebs der Apotheke durchgezogen wurde, war eine große Herausforderung für alle Beteiligten, sagt Joe Welte. Nun seien allerdings alle "happy" – auch die Stadtplanung, mit der es im Vorfeld so manche Diskussionen bezüglich der geplanten Transformation der Oswald Apotheke in ein großes Stadthaus gegeben hat, wie es nun dasteht. Und es tut in seiner ebenso selbstverständlichen wie extravaganten Anmutung der ganzen Gegend allerdings ausgesprochen gut.

Die Grundrisse der Wohnungen sind funktionell offen geschnitten. Am Boden liegt Eichenparkett, die Wände sind weiß, genauso wie die Innenseiten der dreifach verglasten Fenster.
Weiß ist in den Bädern die dominierende Farbe. Weiß sind die Fliesen genauso wie die Keramik und Möbel, fast weiß das am Boden liegende Feinsteinzeug.

Daten und Fakten

Objekt Oswald Apotheke, Dornbirn
Architektur heim.müller.partner architektur zt, Dornbirn, www.heimmuellerpartner.at
Statik Mader + Flatz, Götzis
Fachplanung Bauaufsicht: Wolfgang Summer, Klaus; Baustellenkoordination: Bernhard Nitz, Weiler
Planung 2018–2019
Ausführung 2020–2021
Grundstück 984 m²
Nutzfläche 646 m² (zzgl. Keller 150 m²)
Bauweise Bestand: Massiv (Beton/Ziegel); Aufstockung: Holzständerwände; Massivholzdecken; Holz-Alu-Fenster; Fußbodenheizung; Fassade: eloxiertes Metall; Erdgasheizung
Ausführung Baumeister: Rhomberg, Bregenz und Mähr, Feldkirch; Holzbau: Fussenegger, Dornbirn; Heizung, Sanitär: Hepp, Dornbirn; Trockenbau: Bohn, Feldkirch; Estrich: Burtscher, Nüziders; Schlosser: MB, Rankweil; Fenster: Pümpel, Feldkirch, u. a.
Energiekennwert 78 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten ca. 1,2 Mill. Euro

Jede der neun Wohnungen hat eine kleine hölzerne Loggia, die intim in den Baukörper eingehaust ist.

Text: Edith Schlocker | Fotos: Stefan Hauer

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