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Grasser-Prozess - "Richterin tut ihrem Mann einen Gefallen"

Scharfe Worte der Verteiger an die Richterin.
Scharfe Worte der Verteiger an die Richterin. ©APA
Einen weiteren Befangenheitsantrag gegen Richterin Marion Hohenecker hat Dienstagvormittag zum Auftakt des Grasser-Prozesses auch der Verteidiger des Angeklagten Ernst Karl Plech gestellt. Der Anwalt Michael Rohregger erklärte zunächst, es gebe keine Sippenhaft für den Ehepartner, um dann fortzusetzen: "Wenn Dr. Hohenecker hier eine Verurteilung ausspricht, tut sie ihrem Mann einen Gefallen."
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Zwar werfe ihr niemand ihre Ehe vor, versicherte der Verteidiger von Plech der Richterin, die die Vorträge der Verteidiger kommentarlos anhörte. Aber durch die enge Verbindung in einer Ehe und die Gesinnung ihres Ehemanns sei wohl eine Beeinflussung gegeben, sagte Rohregger.

Der Verteidiger des Angeklagten Peter Hochegger stellte keinen Befangenheitsantrag. Dafür trat Otto Dietrich, Anwalt des mitangeklagten und derzeit inhaftierten Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, vor, schloss sich den Befangenheitsanträgen an und rügte außerdem die “nicht ordnungsmäßige Zusammensetzung des Schöffengerichts”.

Da ein Schöffe eine Pause benötigte, wurde die Hauptverhandlung kurz unterbrochen.

Dietrich führte aus, dass die Richterin seiner Rechtsansicht nach nicht zuständig sei und argumentierte dies mit dem Aktenlauf und der Verbindung mit dem laufenden Untreue-Verfahren “Villa Esmara” gegen seinen Mandanten. Zwar hatte gestern, Montag, der Oberste Gerichtshof (OGH) diesbezüglich erklärt, an der Zuständigkeit von Richterin Hohenecker für den Grasser-Prozess ändere sich nichts, doch Dietrich sieht nach wie vor eine falsche Zuständigkeit.

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“Villa Esmara”-Prozess

Dietrich kritisierte, dass im “Villa Esmara”-Prozess, den Hohenecker in erster Instanz gegen den Ex-Tennis-Manager Ronald Leitgeb geführt hatte, die Richterin Leitgeb als Beteiligten an der Untreue verurteilt hatte, obwohl Petrikovics wegen Verhandlungsunfähigkeit gar nicht vor Gericht stand. Das Urteil wurde in Folge von der Oberinstanz aufgehoben, die Causa muss gegen Leitgeb neu verhandelt werden. Die beiden Richter, Marion Hohenecker und der zweite Berufsrichter, Roman Palmstingl, hätten Petrikovics – in seiner Abwesenheit – im “Villa Esmara”-Prozess einen wissentlichen Befugnismissbrauch unterstellt und damit vorverurteilt. Sie seien ein “parteiisches Gericht”.

Dietrich schilderte dann die internen Aktenläufe zur Zuständigkeit. Es gehe um einen Vorgang, wodurch das gegenständliche Verfahren “auf Biegen und Brechen” bei der nicht zuständigen Richterin bleiben musste, so der Verteidiger.

Auch der Verteidiger des Sechstangeklagten schloss sich den Befangenheitsanträgen an. Insgesamt haben fünf Verteidiger Befangenheitsanträge gegen die Richterin gestellt.

Ainedter vermerkte, dass sich der auf der Zeugenliste stehende Journalist Ashwien Sankholkar im Saal befinde. Richterin Hohenecker ließ dies im Protokoll vermerken.

Staatsanwalt Alexander Marchart erklärte, dass es zu allen Anträgen der Verteidiger bereits eine diesen Angaben widersprechende Rechtsprechung gebe. Dass die Richterin nicht befangen sei, habe schon der Präsident des Landesgerichts festgestellt.

Bis 14.00 Uhr berät der Senat über die Befangenheitsanträge gegen Richterin Marion Hohenecker.

Befangenheitsantrag abgewiesen

Der Schöffensenat im Grasser-Prozess hat heute Dienstagnachmittag alle Befangenheitsanträge gegen Richterin Marion Hohenecker abgewiesen. Die Anträge auf Ablehnung der vorsitzenden Richterin sind nicht gerechtfertigt, las Hohenecker die Begründung des Beschlusses vor. “Es entspricht nicht dem Zeitgeist, einer Richterin die Meinung des Ehemanns kritiklos umhängen zu wollen”.

Als Richterin sei man “unabhängig und parteilos” und habe aufgrund der Gesetze, des Akteninhalts und eines fairen objektiven Beweisverfahrens zu urteilen, so Hohenecker.

Fünf Verteidiger hatten zuvor Befangenheitsanträge gegen sie gestellt mit der Begründung, ihr Ehemann habe Grasser-kritische Tweets auf Twitter verfasst.

Einem Antrag auf Beischaffung von Unterlagen des Personalsenats zur Geschäftsverteilung wurde stattgegeben. Alle anderen Anträge, die auf die behauptete Unzuständigkeit der Richterin zielten, wurden vom Schöffensenat mit Beschluss abgewiesen.

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(APA)

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