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Gruseliger Fund am Bodensee

Archäologen graben Skelette und Galgen aus.
Archäologen graben Skelette und Galgen aus. ©YouTube
Bei Allensbach am Bodensee wurde vor wenigen Monaten ein gruseliger Fund gemacht. Jetzt förderten Bagger noch mehr zutage.
Ausgrabungen in Allensbach
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Allensbach: Tod am Galgen

In Allensbach am Bodensee haben Archäologen einen gruseligen Fund gemacht: Sie entdeckten eine frühneuzeitliche Hinrichtungsstätte mitsamt ehemaligem Galgen.

Bereits vor zwei Monaten wurden menschliche Knochenteile auf der Hinrichtungsstätte gefunden, nun sind die Fundamente des ehemaligen Galgens geborgen worden. Es wurden zwei Tonnen schwere Steinblöcke zu Tage gefördert. Nun wird beraten, ob sie nahe der Fundstelle als Gedenkort dienen sollen.

Menschliche Skelette

Bereits im Juni sorgte der Fund des Teams unter Ausgrabungsleiter Jürgen Hald vom Landratsamt Konstanz für Aufsehen. Auf der rund 700 Quadratmeter großen Fläche fanden die Forscher zwei gemauerte Fundamente, die die Pfeiler eines rund vier Meter hohen Galgens bildeten. In Gruben darunter und neben dem Galgen stießen die Archäologen auf mehrere Skelette, zudem fanden sie verbrannte Knochenreste in Brandgruben auf dem Gelände. Insgesamt wurden Überreste von 20 bis 25 Menschen entdeckt. Das Gelände nahe der Gemeinde Allensbach sei im Vorfeld des Ausbaus der Bundesstraße 33 untersucht worden, sagt Hald.

Letzte Exekution um 1770

Schon zu der Zeit, als der Galgen genutzt wurde, habe er auf einer Lichtung nahe an einer Straße gelegen, sagt Hald. "Aber auch gut sichtbar von der Insel Reichenau aus." Denn die Hinrichtungsstätte sollte nicht nur gut erreichbar sein, sondern diente gleichzeitig auch der Abschreckung. Wann genau der Platz entstand, ist nicht bekannt. Es gebe aber Archivaufzeichnungen darüber, dass der Galgen 1653 neu aufgerichtet wurde. Verbürgt seien die Hinrichtungen ab dem 16. Jahrhundert, die meisten habe es im 17. und 18. Jahrhundert gegeben, sagt Hald. "Laut noch unbestätigten Aufzeichnungen soll die letzte Exekution um 1770 stattgefunden haben." Damals sei ein Raubmörder gehängt worden, der einen Viehhändler ausgeraubt und getötet haben soll. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Galgen abgebaut.

Auf Insel Reichenau verurteilt

Die Toten seien mit hoher Wahrscheinlichkeit Menschen, die auf der Insel Reichenau verurteilt wurden, sagt Hald. Ihnen wurden vermutlich Delikte wie Hexerei, Diebstahl oder auch Raubmord vorgeworfen. Da die Delinquenten auf der "heiligen Insel" nicht hingerichtet werden durften, brachte man sie wahrscheinlich mit einem Boot aufs Festland zu der Richtstätte in Allensbach. Dort wurden die Gefesselten eine Leiter hinaufgezogen und an einem Haken aufgehängt. Die Menschen seien dadurch langsam erstickt. "Das ist ein qualvoller Tod, der zudem als unehrenhaft galt."

Manche Leichen wurden später in einer flachen Grube regelrecht verscharrt, andere ließ man einfach am Galgen hängen. Einige Hingerichtete seien nach ihrem Tod zudem enthauptet worden oder man habe eine Metallstange durch ihren Schädel gestoßen, sagt Michael Franken vom Landesamt für Denkmalpflege, das ebenfalls an der Ausgrabung beteiligt ist.

Seltener Fund

Eine solche Hinrichtungsstätte zu entdecken und untersuchen zu können, sei etwas Besonderes und Herausragendes, sagt Hald. "Aber phasenweise auch bedrückend." Es gehe nun darum, die Überreste der Menschen zu bergen und wissenschaftlich zu untersuchen. "Mit Pietät und Respekt." Aus Forschersicht habe der Fund aber überregionale Bedeutung, weil solche Richtplätze sehr selten seien - viele existierten schlicht nicht mehr.

Hochburgen der Hexenprozesse

Eine andere wichtige Fundstätte liegt in Ellwangen. Dort wurden nach dem Sturm Wiebke 1991 Fundamente eines ehemaligen Galgens sichtbar und archäologisch untersucht. "Dabei wurden auch die sterblichen Überreste von acht Hingerichteten gefunden", heißt es bei Stadt. Ellwangen gilt auch als eine der Hochburgen der Hexenverfolgung: "Sicherlich gab es damals fast überall in Süddeutschland Hexenprozesse. Aber die Zahl der Opfer wie die zeitweilige Intensität der Verfahrensführung waren in Ellwangen offenbar doch über das hinausgegangen, was man anderwärts beobachtete", heißt es auf der Homepage der Kommune.

Hexenprozesse soll es in Ellwangen 1588 und von 1611 bis 1618 gegeben haben. "Die furchtbarsten Jahre waren 1611 bis 1613. In dieser Zeit wurden über 300 Menschen verbrannt." Ein noch bestehender Galgen lässt sich dagegen beispielsweise in Triberg im Schwarzwald besichtigten.

(dpa/Red.)

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