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Hunderte Jungforscher demonstrierten in Wien

Hunderte Jungforscher demonstrierten für bessere Arbeitsbedingungen.
Hunderte Jungforscher demonstrierten für bessere Arbeitsbedingungen. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Am Dienstag haben in Wien Hunderte Jungforscherinnen und -forscher und Mittelbau-Lehrende für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert.

Vor der Zentrale der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, wo heute die Verhandlungen zu den Uni-Kollektivverträgen begonnen haben, forderten sie lautstark Lohnerhöhungen, die mindestens die tatsächliche Teuerung abdecken. Zudem müssten die Kettenverträge an den Unis endlich abgeschafft werden. Dafür zeigten sie sich auch streikbereit.

Arbeitsbedingungen werden angeprangert

Die Arbeitsbedingungen für das Personal abseits der unbefristeten Professuren sind mies, zeigten sich die Rednerinnen und Redner bei der Demo, die von der GÖD zum Bildungsministerium und abschließend zum Hauptgebäude der Uni Wien am Ring zog, einig. Der Mittelbau an den Unis befinde sich schon seit Einführung des neuen Universitätsgesetzes 2002 in einer Beschäftigungskrise, schilderte Leoni Breth vom Netzwerk Unterbau Wissenschaft (NUWiss), in dem sich Prae- und Postdocs zusammengeschlossen haben: Damals wurde er durch die Kettenvertragsregelung zum präkarisierten Unterbau, seine demokratische Mitsprache wurde beschnitten. Aktuell haben 80 Prozent des Mittelbaus nur einen befristeten Vertrag.

Dabei wäre das Uni-System ohne diese rund 34.000 Personen, die lehren, forschen, publizieren, Projekte einreichen und die Anträge von Kolleginnen und Kollegen bewerten, gar nicht überlebensfähig, so Breth. Noch dazu passiere viel von dieser Arbeit in der Freizeit, weil die Verträge nur einen kleinen Teil abdecken. Zukunftsperspektiven fehlen, der Stress sei durch permanenten Exzellenzdruck sei groß, die von Jungforschern eingeforderte Mobilität für Jungforscher mit Familie fast unerfüllbar. Durch die Novelle des Kettenverträge 2021, mit der die Gesamtdauer auf acht Jahre nach maximal zweimaliger Verlängerung befristet wurde, sei die Situation für viele nun "existenzbedrohend": "Das ist so als würde ein Unternehmen nach acht Jahren jemanden kündigen, nur weil er es nicht zum Chef gebracht hat."

Das forderten die demonstrierenden Jungforscher in Wien

Auf dem Forderungskatalog der Demonstrierenden - laut Polizei waren es 450, laut Veranstaltern 700 - standen neben einem Gehaltsabschluss von mindestens 12 Prozent ("alles andere wäre ein Reallohnverlust") transparente Modelle zur Entfristung der Arbeitsverträge im Mittelbau, längerfristige Beschäftigungsperspektiven, die Abschaffung der Kettenverträge und Karriereperspektiven auch abseits der Professur. Neben NUWiss haben auch die IG Lektor*innen und Wissensarbeiter*innen zur Demo aufgerufen.

Zur Durchsetzung ihrer Forderungen zeigten sich die Protestierenden durchaus kampfbereit. "Es gibt kein Naturgesetz, wieso Unis nicht bestreikt werden sollten, um Verbesserungen durchzusetzen", betonte Sebastian Kugler von NUWiss in seiner Rede. Am 21. Dezember sei die nächste KV-Verhandlungsrunde und man werde keinen "schlechten Deal" akzeptieren. Für Verbesserungen sei man auch zu Kampfmaßnahmen bereit.

Unterstützung von Vertretern der Professoren

Unterstützung kam von Vertretern der Professorinnen und Professoren: "In der Praxis bedroht diese Novelle bereits ein Jahr nach Inkrafttreten die wissenschaftliche Exzellenz der Universität Wien", warnte eine Gruppe von Professorinnen und Professoren der Uni per Aussendung vor den Auswirkungen der Kettenvertragsregelung in der seit 2021 gültigen Form. Befristete Forscher, die in den vergangenen Jahren erfolgreich Drittmittel für die Uni eingeworben haben, müssen diese heuer verlassen. Auch Verwaltungspersonal muss gehen. "Keines unserer eigenen exzellenten Projekte und Forschungsleistungen der letzten Jahre und Jahrzehnte wären ohne Kooperation mit Wissenschaftler*innen und administrativen Kolleg*innen, die auf Basis von Drittmitteln befristet finanziert wurden, möglich gewesen. Aufgrund der gegenwärtigen Kettenvertragsregelung sehen wir die Konkurrenzfähigkeit der Universität Wien in der europäischen und weltweiten Spitzenforschung in Gefahr." Darüber hinaus verhindere die Kettenvertragsregelung in ihrer aktuellen Form durch die Einbeziehung von Lehraufträgen, dass junge Wissenschafter etwa während des Doktoratsstudiums Erfahrungen in der Lehre machen können. Auch der Verband des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österreichischen Universitäten (ULV) forderte per Aussendung "eine grundlegende Reform" der Uni-Anstellungspolitik und verurteilten die Idee von "Innovation durch Fluktuation".

(APA/Red)

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