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Knutschen erlaubt

Ob zärtlich, leidenschaftlich oder schlicht unvergesslich - Küsse sind der Inbegriff der Liebe.

Doch wer denkt in der Seligkeit des Herumknutschens ausgerechnet an Serotonin, Phenylethylamin oder gar Adenosintriphosphat? Und wie viele Verliebte ahnen, dass Küsse gesund sind und attraktiv machen? Die Wander-Ausstellung „Der Kuss“ hilft Neugierigen und Liebespaaren vom 30. Jänner an in Berlin auf die Sprünge. Als Auftakt zum Deutschland-weiten „Jahr der Chemie“ verführt die Schau, die anschließend nach Leipzig und Stuttgart zieht, zur Entdeckung der Geheimnisse des Körpers.

Für den Kuss hat fast jede Sprache ihr eigenes Wort gefunden, vom Albanischen „puthje“ bis zum Vietnamesischen „danh to“. Ethnologen vermuten, dass die Menschheit von Urzeiten an geknutscht hat. Schon in der Bibel hebt das „Hohelied“ Salomons mit einer leidenschaftlichen Aufforderung zum Küssen an, der römische Dichter Ovid beschreibt das korrekte Busserln in seiner „Ars amatoria“ (Liebeskunst). Bildhauer wie Auguste Rodin, Maler wie Gustav Klimt, Schriftsteller, Dichter und Filmregisseure haben sich um das Thema verdient gemacht. Doch die Chemie des Kusses als Hormonfeuerwerk im Körper begann die Wissenschaft erst vor rund 30 Jahren zu entschlüsseln.

„Wir wissen jetzt viel über Hormone und ihre Wirkung, doch alle Verschaltungen im Gehirn kennen wir immer noch nicht“, gesteht Klaus Hartmann, der die Wander-Ausstellung für das Bundesforschungsministerium mit konzipiert hat. Die wissenschaftliche Kuss-Forschung fasziniert den Mediziner aus Frankfurt am Main schon lange. „Es gibt kaum einen Grenzbereich zwischen Seele und Körper, der so spannend ist“, schwärmt er.

Denn für Lust und Leidenschaft ist nicht das viel zitierte Herz verantwortlich, vielmehr sind 100 Milliarden Nervenzellen und 1.000 Botenstoffe mit im Spiel. Nach einem verführerischen Kuss-Signal bewirkt die Ausschüttung des Glückshormons Serotonin im Gehirn, dass ein Mensch gelöster und ausgeglichener wird. Das Verliebtheitshormon Phenylethylamin wirkt dazu wie Amors Pfeil: Es löst erotisches Interesse und Hochgefühl aus – Herzklopfen und Flugzeuge im Bauch. Die jetzt kräftig angekurbelte Produktion des Zell-Treibstoffs Adenosintriphosphat (ATP) sorgt für die nötige Energie, damit das Herz schneller schlagen und die Lippen sich spitzen können.

Vor kryptischen Formeln, die Erinnerungen an Chemiestunden in Feuerzangenbowlen-Manier wecken, brauchen sich die Besucher der Kuss- Ausstellung aber nicht zu fürchten. Ein Multimedia-Tunnel lässt die Gäste in das körpereigene Labor abtauchen, sie sehen und hören, welche Reaktionen ein Kuss blitzschnell herausfordern kann: Die Atemfrequenz steigt, der Puls rast, Gefäße weiten sich, die bessere Durchblutung bringt den Kreislauf in Schwung. Küssen ist für Wissenschafter wie eine Energiespritze, die das Immunsystem stärkt und Stress abbaut.

Um so manche Erkenntnis ist der Gast nach dem Besuch der Schau auch reicher: So verteilen die Deutschen laut Umfragen täglich rund zwei bis drei Bussis. Mit 70 Jahren haben sie hochgerechnet rund 76 Tage ausschließlich mit Küssen verbracht. Um tiefe Falten brauchen sich eifrige Küsser wenig Sorgen zu machen. Denn sie trainieren im Gegensatz zu Kuss-Muffeln alle 34 Gesichtsmuskeln auf einmal und straffen damit ihre Haut.

US-Forscher setzen ohnehin ganz auf Lippenbekenntnisse. Sie fanden in Studien heraus, dass Menschen, die sich morgens mit einem Schmatz von ihren Liebsten verabschieden, beruflich erfolgreicher sind, weniger Unfälle bauen und seltener zum Arzt gehen.

Ein leidenschaftlicher Kuss gibt aus wissenschaftlicher Sicht letztendlich den gleichen Kick wie 25 Gramm Schokolade – mit einem entscheidenden Vorteil: Er macht nicht dick. In der Ausstellung heißt es darum auch ausdrücklich überall: Knutschen erlaubt!

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