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Ministerin Edtstadler bekräftigt Nein zu Schengen-Erweiterung

Edtstadler bekräftigt Nein zu Schengen-Erweiterung.
Edtstadler bekräftigt Nein zu Schengen-Erweiterung. ©APA
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat am Dienstag Österreichs Nein zu Schengen-Erweiterung bekräftigt.

"Wir können nicht für die Erweiterung des Schengen-Raums stimmen, weil es dabei auch um die Frage der Sicherheit der europäischen Bürger geht", sagte Edtstadler am Dienstag nach einem Treffen mit ihrer schwedischen Amtskollegin Jessika Roswall in Stockholm. Schwedens EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2023 komme "zur richtigen Zeit, um dieses Thema anzugehen".

Nein zu Schengen-Erweiterung

"Mit Schweden übernimmt ein Staat den Vorsitz im Rat der Europäischen Union, der viele Erfahrungen hat, was hohe Zahlen an Migration betrifft. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass Schweden unter der Präsidentschaft alles tun wird, um dieses Thema hoch an der Agenda zu halten und tatsächlich Lösungen hervorzuheben", betonte Edtstadler. Zwar müsse die Ratspräsidentschaft ein ehrlicher Vermittler sein, doch "wenn man diese Dinge im eigenen Land erlebt hat", bemühe man sich besonders um Lösungen für die eigenen Bürger.

Edtstadler beklagte, dass der Schengen-Raum "nicht funktioniert". 75 Prozent der nach Österreich kommenden Asylbewerber seien nämlich zuvor nicht registriert worden, obwohl dies europarechtswidrig sei. Sie sei aber froh, dass es nun "etwas Bewegung in der Debatte" gebe und etwa die EU-Kommission einen Aktionsplan zur Balkanroute vorgelegt habe, den Österreich begrüße. "Wir sind dafür, dass man das Thema im Rampenlicht hält", sagte die Ministerin. Auf EU-Ebene habe "selten eine so hohe Aufmerksamkeit" für das Thema Migration gegeben wie jetzt.

EU-Innenminister stimmen am Donnerstag über Erweiterung ab

Die EU-Innenminister stimmen am Donnerstag über die Erweiterung des Schengen-Raums um Rumänien, Bulgarien und Kroatien ab. Während die Niederlande und Schweden ihren Widerstand gegen die Erweiterung um Rumänien mittlerweile aufgegeben haben dürften, hält die österreichische Bundesregierung nach wie vor daran fest. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bekräftigte erst am heutigen Dienstag gegenüber dem Ö1-"Journal um acht" erneut das Festhalten Österreichs an der Blockade Rumäniens und Bulgariens.

Roswall zur Schengen-Erweiterung ausweichend

Roswall äußerte sich auf Fragen zur Schengen-Erweiterung ausweichend und verwies auf die Zuständigkeit des Justiz- und Migrationsministeriums. Dem schwedischen Ratsvorsitz sei es wichtig, "dass sich die Dinge weiterbewegen". Dazu zähle etwa auch der Beschluss des Migrationspakts, über den die EU-Staaten schon seit Jahren streiten. "Wir haben 350 Dossiers, über die wir verhandeln müssen, und dieses wird höchste Priorität haben", versicherte sie auf entsprechende Fragen. In ihrem Eingangsstatement hatte die konservative Politikerin die Stärkung des EU-Binnenmarktes, der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sowie die Unterstützung der Ukraine hervorgehoben. Zur Migration äußerte sie sich erst auf Fragen österreichischer Journalisten konkret.

Die Migrationsfrage hatte wesentlich zur Abwahl der sozialdemokratischen Regierung bei der Parlamentswahl Anfang September beigetragen. Roswalls Parteikollege Ulf Kristersson wurde daraufhin Regierungschef einer Mitte-Rechts-Regierung, an der auch die rechtspopulistischen Schwedendemokraten beteiligt sind. Dieser stellen zwar keine Minister, drückten den Regierungsprogramm aber in der Migrationsfrage ihren Stempel auf. Der Kurswechsel wird in der schwedischen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.

Schon unter der sozialdemokratischen Regierung arbeiteten Österreich und Schweden eng zusammen im Bemühen, das EU-Budget möglichst klein zu halten. Edtstadler bemühte sich schon vor zwei Jahren, die bewährte Zusammenarbeit der "Frugal Four" (Österreich, Schweden, Niederlande, Dänemark) auch auf den Migrationsbereich auszuweiten. Der Regierungswechsel in Schweden könnte diesen Bemühungen nun neuen Schwung geben. "Ich glaube, wir werden ein bisschen besser zusammenarbeiten, weil wir aus der gleichen politischen Familie kommen", sagte Roswall auf eine entsprechende Frage der APA. Edtstadler zeigte sich erfreut, dass sie nun "eine wirklich starke Frau aus der gleichen politischen Familie" als schwedisches Gegenüber habe. Bestimmte Fragen würden aber die Parteipolitik übersteigen, fügte sie hinzu.

Edtstadler besucht schwedische Migrationsbehörde und Haft- und Abschiebezentrum

Edtstadler wollte am Dienstag noch die schwedische Migrationsbehörde sowie ein Haft- und Abschiebezentrum nördlich der Ostseemetropole besuchen. Sie war bereits am Montagnachmittag in Stockholm angekommen. Dabei traf sie den mit dem gleichen Flugzeug aus Wien angereisten diesjährigen Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger. Im Anschluss besuchte Edtstadler die Konzernzentrale des Telekomkonzerns Ericsson. Dort führte sie in ihrer Rolle als Mitglied des von UNO-Generalsekretär António Guterres ins Leben gerufenen "Internet Governance Forum" Gespräche über die globale Regelung des Internet.

Österreich spricht sich gegen Aufnahme Rumäniens aus

Beim Endspurt zum angestrebten Schengen-Beitritt geben sich Rumäniens Amtsträger dieser Tage in Wien die Klinke in die Hand. Österreich ist nämlich das einzige Land, das sich noch gegen eine Aufnahme Rumäniens in den Schengen-Raum ausspricht, nachdem die Niederlande und Schweden vergangene Woche offiziell ihren Segen signalisiert hatten. Staatspräsident Klaus Johannis stellte daher am Dienstag klar, dass die rumänischen Behörden "bis zum letzten Augenblick" verhandeln wollen.

Dies stellte er am Rande des EU-Westbalkan-Gipfels in Tirana klar. Ansonsten geben sich die Spitzenpolitiker des Landes in puncto des von Österreich angedrohten Schengen-Vetos noch zurückhaltend - offenkundig, um die Regierung in Wien nicht vor den Kopf zu stoßen. Doch kochen in Bukarest allmählich auch erste Ressentiments hoch, zumal sich die Argumente der österreichischen Seite keineswegs mit den Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex decken. So stellte der Chef der außerparlamentarischen konservativen Kleinpartei PMP, Eugen Tomac, jüngst eine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in Aussicht - mit einem derartigen Veto würde Österreich nämlich Rumänien diskriminieren. Man habe schon einmal erfolgreich gegen Österreich geklagt, und zwar wegen der gleichfalls für diskriminierend befundenen Indexierung der Familienbeihilfe, sagte Tomac.

Pavel Popescu, Abgeordneter der liberalen Regierungspartei PNL, drohte indes, im Fall eines Schengen-Vetos Österreichs die letzten beiden Jahre seiner Amtszeit für Gesetzesvorlagen und -novellen aufwenden zu wollen, "die die österreichischen Unternehmen und Interessen (de facto russische) anvisieren", schrieb Popescu auf Facebook.

Rumänische Medien schwanken zwischen Unverständnis und Groll

Auch die rumänischen Medien schwanken zwischen Unverständnis und zunehmendem Groll gegenüber Österreich. Die bekannte rumänische Journalistin Ioana Ene-Dogioiu warf den österreichischen Regierungspolitikern jüngst in einem Beitrag für das Nachrichtenportal Spotmedia.ro Heuchelei vor: Es wäre noch einigermaßen nachvollziehbar gewesen, wenn Wien seine Bedenken wegen Rechtsstaatlichkeits- und/oder Korruptionsproblemen in Rumänien angemeldet hätte, doch könnten die in Österreich aufgegriffenen nicht registrierten Migranten keineswegs Rumänien in die Schuhe geschoben werden.

Die Balkanroute führe laut Frontex-Daten längst über Serbien, Kroatien und Ungarn nach Österreich - kein Migrant könne sich schließlich aus Rumänien direkt nach Österreich "beamen". Dennoch seien Bundeskanzler Karl Nehammer und dessen Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) urplötzlich bemüht, Rumänien zum Sündenbock zu machen, im Fall Serbiens, Kroatiens und Ungarns aber lieber wegzuschauen, schrieb Ene-Dogioiu. Der Journalist Florin Negrutiu vom Nachrichtensender Digi24 legte seinem Publikum indes am Dienstagmittag nahe, einen Boykott des bei rumänischen Touristen hochbeliebten Reiseziels Österreich ins Auge zu fassen. Wintersport könne in mindestens ebenso schönem Ambiente auch in Italien, Deutschland oder der Schweiz betrieben werden.

(APA/Red)

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