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Werner Grabherr zu Gast im WANN & WO-Sonntagstalk in der Cashpoint Arena.
Werner Grabherr zu Gast im WANN & WO-Sonntagstalk in der Cashpoint Arena. ©Sams

"Mit Faulheit und Zufriedenheit kann ich gar nichts anfangen"

Altach - Vor dem heutigen Match gegen Sturm (14.30 Uhr) spricht SCR-Coach Werner Grabherr im WANN & WO Sonntags-Talk über Emotionen, Trainer als Sündenböcke und seine Fußball-Philosophie.
Werner Grabherr im Sonntagstalk
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Von: Joachim Mangard (WANN & WO)

WANN & WO: Vor rund zwei Jahren hast du ebenfalls gegen Sturm dein Debüt als Interimstrainer gefeiert. Zeit für ein erstes Resümee?

Werner Grabherr: Es war alles dabei. Zunächst war ich bei Damir Canadi als Co-Trainer bis zu seinem Abgang tätig, es folgte die Übernahme bis zur Winterpause. In der Folge haben wir leider viel Qualität abgegeben. Spieler, die wir geholt und entwickelt haben. Das ist sinnbildlich für den Altacher Weg. Deshalb folgt jetzt auch wieder eine Phase, in der wir mit neuen Spielern hart arbeiten müssen, um wieder an die Erfolge von damals anzuknüpfen. Die Spieler, die zu uns kommen, lernen, dass man nur mit harter Arbeit zum Ziel kommt. Mit dem neuen Trainingscampus ermöglichen wir ihnen zusätzliche Optionen.

WANN & WO: Dein Bruder spielt noch aktiv beim FC Hard, dein Vater war ebenfalls Fußballer. Welchen Stellenwert hat Sport in eurer Familie?

Werner Grabherr: Einen sehr hohen. Wir waren quasi jede freie Minute unserer Kindheit auf dem Fußballplatz. Und wenn nicht dort, dann auf dem Tennisplatz. Später kam ich in die Auswahl, in meinem BNZ-Jahrgang spielte ich bereits mit Michael Liendl oder Philipp Netzer. Nach zwei Jahren Profi-Fußball und dem Aufstieg in die Bundesliga entschied ich mich dann aber aufgrund von Verletzungen gegen eine Profilaufbahn und für ein BWL-Studium in Kombination mit Regionalliga-Fußball, u.a. bei SW Bregenz. Im Hinterkopf war eine Rückkehr Thema, mit der Zeit entdeckte ich aber meine Leidenschaft für das Trainerwesen. Als ich dann als Marketingleiter beim SCR Altach die Möglichkeit erhielt, bei Peter Jakubec als Co-Trainer einzusteigen, war mein weiterer Weg dann besiegelt.

WANN & WO: Die Person Damir Canadi hat viel polarisiert. Wie hast du ihn persönlich erlebt?

Werner Grabherr: Natürlich auch auf die verschiedenen Arten, die er gelebt hat. Schlussendlich verlief unsere Zusammenarbeit aber immer auf professioneller Ebene. Als er dann ausgesprochen hat, mit Altach um die Meisterschaft zu spielen, hat man gesehen, was eigentlich möglich wäre. Trotz des enormen Drucks, den wir uns selber auferlegt haben, konnten wir die Mannschaft dazu bringen, das Maximale herauszuholen – die Kombination aus Ehrgeiz und Lockerheit hat einfach gepasst.

WANN & WO: Du hast BWL in Innsbruck studiert. Gab es bei dir so etwas wie „Wilde Studienjahre“?

Werner Grabherr: Überhaupt nicht, ich entspreche zu 100 Prozent nicht dem Bild des „klassischen Studenten“. Ich half zuhause im elterlichen Betrieb, spielte Fußball und konzentrierte mich daneben auf mein Studium. Da blieb nicht mehr viel Zeit übrig. Der Abschluss hat mir dann auch eine gewisse Sicherheit als zweites Standbein gegeben. Eine Sicherheit, die ich auch als Trainer meiner Mannschaft vermitteln will. Erfolg kann nicht erzwungen werden, er ist ein Resultat von harter Arbeit.

WANN & WO: Welche Rolle spielen Frauen in deinem Leben?

Werner Grabherr: Ich musste lange warten, bis ich in Miriam meine Traumfrau gefunden habe. Ich hatte schon Beziehungen, die aber nie länger als ein paar Monate Bestand hatten. Das Warten hat sich umso mehr gelohnt hat und sie ist die beste Entscheidung meines bisherigen Lebens. Meine Frau ist mein Rückhalt, sie vermittelt mir ein Gefühl von Privatsphäre, Heimkommen und Zuhause. Hier darf ich auch einfach mal den Ballast abladen, den so ein Job auch mit sich bringt.

WANN & WO: Sprichst du darauf an, dass ein Trainer oft der „Sündenbock“ ist? Wie gehst du im Social Media-Zeitalter mit negativen Kommentaren zu deiner Person um?

Werner Grabherr: Natürlich wird man damit konfrontiert und man beschäftigt sich damit. Hier gehe ich aber klar auf Abstand, indem ich solche Kommentare nicht lese. Ich kann den Unmut von Fans und Zuschauern verstehen und bin mir meiner Rolle als „Sündenbock“ schon bewusst. Als Trainer trägt man die Verantwortung für die Mannschaft, ich stelle mich auch gerne vor sie. Für mich selbst muss ich Kritik einfach sauber einordnen können. Wir wissen, welche Baustellen wir aktuell zu bearbeiten haben. Dieser Herausforderung stellen wir uns tagtäglich, in vielen Aspekten sieht man auch schon die Früchte unserer Arbeit. Ein Stück weit fehlt uns aber noch die Mentalität, jedes Spiel am Platz als Endspiel zu betrachten. Wenn wir das schaffen, werden wir auch wieder regelmäßig siegen. Wir werden unsere Anhänger wieder positiv stimmen und für uns gewinnen.

WANN & WO: Kritische Stimmen behaupten, ihr hättet zu viel in „Stein (Stadion) statt Bein (Team)“ investiert. Wie steht es um das von Medien kolportierte Interesse an Austria Lustenau-Stürmer Ronivaldo?

Werner Grabherr: In den letzten zwei Jahren haben wir den Umbruch verpasst. Als Verein hat Altach sicher nicht die finanziellen Möglichkeiten wie andere Clubs in dieser Liga. Deshalb tun wir uns auch schwer, gewisse Spieler ins Schnableholz zu bekommen. Umso wichtiger war die Investition in „Steine“. So können wir den Spielern einen Weg bieten, professionell zu arbeiten. Mit einem Trainingscampus und neuen Spielflächen für die individuelle Entwicklung sowie einem Stadion, das gelebte Emotionalität möglich macht. Altach muss fehlende finanzielle Möglichkeiten durch Entwicklung kompensieren. Die Personalie Ronivaldo ist für uns absolut kein Thema, er hat einen bestehenden Vertrag bis 2020. Soweit konnte ich auch Gernot Plassnegger (Trainer Austria Lustenau, Anm. d. Redaktion) beim UEFA Pro-Lizenz-Kurs, den wir vergangene Woche gemeinsam in Wien besuchten, beruhigen (schmunzelt).

WANN & WO: Wie viel Einfluss hast du selbst auf die Verpflichtung von neuen Spielern?

Werner Grabherr: Im Sommer noch sehr wenig, die Vorlaufzeit war einfach zu gering. In Zukunft umso mehr, was aber auch dem Spielstil von mir entsprechen soll. Im Normalfall bekommt ein Cheftrainer keine Spieler vor die Nase gesetzt, die nicht zum geforderten Profil passen.

WANN & WO: Wie unterscheidet sich der Mensch Werner Grabherr vom Trainer?

Werner Grabherr: Eigentlich komplett. Der Trainer ist aber wesentlich präsenter, weil abseits vom Platz wenig Zeit vorhanden ist. Der Mensch bleibt aber der Trainer. Ich bevorzuge eine ehrliche, offene Art und setze auf Genauigkeit und Präzision. Als Trainer braucht es aber auch andere „Gesichter“ – ich glaube, unter der Familie und Freunden genieße ich den Ruf, ein eher gemütlicher Mensch zu sein. Deshalb findet man mich auch nicht an gewissen Schauplätzen (schmunzelt).

WANN & WO: Wie wichtig ist Emotion in deinem Job? Wann wird es in der Kabine laut?

Werner Grabherr: Emotion gehört zum Geschäft. Eine Mannschaft spiegelt die Arbeit des Trainerteams wider. Ohne Emotion kommt man nicht auf 100 Prozent. Dazu braucht es auch die Zuschauer. Sie dürfen gerne manchmal etwas lauter werden, gerade wenn sie spüren, dass wir als Mannschaft hängen. Ich bin aber als Trainer nicht dazu da, den Hampelmann zu spielen, sondern um die Mannschaft zum Funktionieren zu bringen. Dazu braucht es genauso wie scharfe Worte auch ein Schulterklopfen. Im Rapid-Spiel war das genau so. In der Pause lagen wir zurück und ich habe ihnen gesagt: „Los jetzt, schnappt sie euch, ihr wisst genau wie.“ Das hat das Team in der zweiten Hälfte umgesetzt und den Fußball gezeigt, den man in der Cashpoint Arena sehen will und mit welchem wir die Fans für uns gewinnen werden.

WANN & WO: Was bringt dich zur Weißglut?

Werner Grabherr: Mit Faulheit und Zufriedenheit kann ich absolut nichts anfangen. Vielleicht kommt das auch von meiner Familie her. In der Gastronomie arbeitet man 24/7, meine Großeltern haben ebenfalls ihr ganzes Leben hart gearbeitet und eine Holzschuh-Dynastie aufgebaut. Das habe ich von klein auf mitbekommen. Und wenn Menschen mich darauf hingewiesen haben, dass etwas so nicht geht, war es für mich immer umso mehr Ansporn. Wenn ein Spieler in mir den Eindruck einer gewissen Zufriedenheit weckt, und keinen „Hunger“ mehr zeigt, gehe ich an die Decke. Ein Spieler läuft nicht für mich auf, er trägt das Trikot des SCRA – aber letztlich spielt er für sich selbst und seine Entwicklung. Im Profi-Bereich hat jeder ein Ablaufdatum. Und diese Eigenverantwortung möchte ich den Spielern mitgeben.

WANN & WO: Wie kannst du abschalten?

Werner Grabherr: In den seltenen Lücken, in denen ich Zeit habe, verbringe ich meine Freizeit in der Natur, bevorzugt in der Höhe. Als Bregenzerwälder entfliehe ich so oft wie möglich dem Nebel.

WANN & WO: Heute gastiert Sturm unter Neo-Coach Roman Mählich im Schnabelholz. Deine Prognose?

Werner Grabherr: Ich glaube, die Spieler der Grazer wissen um ihre selbst verschuldete Situation, das kann auch ein neuer Trainer von heute auf morgen nicht richten. Ich schätze Sturm Graz als „tickendes Pulverfass“ ein. Und das möchten wir heute zur Explosion bringen.

Wordrap

Fußball: Meine Berufung Idol, Vorbild: David Beckham Lieblingsverein (außer SCR Altach): FC Liverpool Nachwuchs: Im Fußball Grundlage von allem, privat: Zukunft Sieg/Niederlage: Teil des Geschäfts SCR Altach: Großer Teil meines Lebens

Zur Person: Werner Grabherr

Wohnort, Geburtstag: Altach, 8. September 1985 Familienstand: Verheiratet mit Miriam Ausbildung: Sportgymnasium Dornbirn, BWL-Studium in Innsbruck, Trainerausbildung (seit 2010 A-Lizenz, aktuell gerade im Kurs für die UEFA Pro-Lizenz

(WANN & WO)

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