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Mutter, Königin, Frau: Die Bedeutung der Queen für den Feminismus

Zählt die Queen als Feminismus-Ikone oder nicht? Hier scheiden sich die Geister.
Zählt die Queen als Feminismus-Ikone oder nicht? Hier scheiden sich die Geister. ©AP, Canva
Vier Kinder, dazu ein Mehr-als-Vollzeit-Job und so viel Einfluss wie keine andere Frau ihrer Zeit. Elizabeth II. hat nicht nur als Königin, sondern auch als Frau Geschichte geschrieben. 
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Während ihrer mehr als 70 Jahre langen Regentschaft haben die Frauenrechte in ihrem Land und darüber hinaus einen großen Sprung nach vorne gemacht. Aber macht sie das schon zur feministischen Ikone?

"Die Queen ist die ultimative Feministin. Sie ist die Brotverdienerin. Sie ist die auf unseren Scheinen und Münzen. Prinz Philip muss hinter ihr laufen", sagte die Schauspielerin Olivia Colman, die in der Netflix-Serie "The Crown" die Queen verkörpert, vor einigen Jahren euphorisch in einem Interview.

Feminismus-Ikone oder nicht? Hier scheiden sich die Geister

Die reine Macht und die Tatsache, dass etliche Männer - sowohl in ihrer Familie als auch in der Öffentlichkeit - sich in einer noch immer männlich dominierten Welt "Her Majesty" unterordnen müssen, ist für Colman Beweis genug - doch das ist kein Konsens.

"Es wäre absurd, die Queen als Feministin zu bezeichnen", hält die "Guardian"-Kolumnistin Rachel Cooke wenige Tage nach dem Tod der Monarchin dagegen. Lucy Delap, die an der Universität Cambridge Professorin für moderne britische Geschichte und Gender-Themen ist, sieht das genauso.

Obwohl die Queen berufstätige Mutter und Staatsoberhaupt gewesen sei, habe sie nicht wirklich als Vorbild einer mächtigen und von Zwängen befreiten Frau getaugt, da sie in materieller Hinsicht so privilegiert gewesen sei und die Umstände ihres Lebens mit keinem anderen vergleichbar, sagt die Expertin im dpa-Gespräch.

Queen bekannte sich nie direkt zu Feminismus, aber ...

Wie die Queen über die großen Fragen des Feminismus gedacht hat, bleibt für Delap bis heute ein Rätsel. Falls die Königin das F-Wort jemals in den Mund genommen habe, sei das zumindest nicht überliefert. Allerdings gibt es aus den vergangenen Jahren Anekdoten, die trotz aller politischen Zurückhaltung eine mögliche feministische Ader der Queen zumindest vorsichtig durchblicken lassen.

So bestand sie 1998 darauf, den damaligen saudi-arabischen Kronprinz Abdullah über ihr Anwesen zu fahren - und zwar eigenhändig am Steuer. Dass für Frauen in Saudi-Arabien das Autofahren damals noch verboten war, dürfte ihr bekannt gewesen sein.

2015 erkannte die Queen in einer Rede an, dass Frauen "heute eine viel größere Rolle im öffentlichen Leben spielen - durch ihr eigenes Verdienst". Das britische Women's Institute feierte damals seinen 100. Geburtstag. In dieser Zeitspanne hätten Frauen das Wahlrecht errungen, die ersten Britinnen hätten den Mount Everest erklommen und die erste Britin sei zur Premierministerin gewählt worden - Margaret Thatcher im Jahr 1979.

Und plötzlich hatte eine Frau das Sagen

Die 89-jährige Journalistin und Labour-Politikerin Joan Bakewell - heute auf Lebenszeit Mitglied im House of Lords - erinnert sich in ihren Memoiren daran, wie es sich für sie als junge Frau damals anfühlte, als die Queen 1952 den Thron bestieg. "Eine Frau auf dem Thron und nicht viel älter als wir selbst. Das hatte etwas Unbeschwertes. Es hat sich, nun ja, irgendwie zeitgenössisch angefühlt, wie eine Wende für unsere Generation", schreibt Bakewell.

Auf die junge Elizabeth auf dem Thron folgten viele, die in ihren Bereichen die ersten Frauen waren, wie "Guardian"-Kolumnistin Cooke aufzählt: Barbara Mandell als erste britische Nachrichtensprecherin im Jahr 1955, Hilda Harding als erste Bank-Managerin und die ersten Frauen im Londoner Oberhaus sind nur einige von ihnen.

Thronbesteigung ebnete den Weg für modernen Feminismus

Dass sie vielleicht keine Feministin gewesen sei, heiße nicht, "dass ihre Thronbesteigung kein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur zweiten Welle des Feminismus war", schreibt Cooke. Damit ist der Kampf der Feministinnen der 60er- und 70er-Jahren gemeint, die sich unter anderem für Gleichstellung in der Arbeitswelt, in der Beziehung und für sexuelle Selbstbestimmung eingesetzt haben.

Dass an der Spitze des Vereinigten Königreichs in all dieser Zeit und noch deutlich länger eine Frau stand, hatte Strahlkraft weit darüber hinaus. Mit dem Tod der Queen geht eine weibliche Ära zu Ende, auf die so schnell keine weitere folgen wird. Charles, William, George - in der ersten royalen Reihe stehen vorerst nur Männer. Ihre Frauen wie Camilla als "Queen Consort" (Königsgemahlin) sind lediglich Begleiterinnen, die im Zweifelsfall einen Schritt hinter ihren Männern gehen.

(APA/dpa)

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