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Niki-Verkauf gefährdet: Berliner Gericht sieht Zuständigkeit in Österreich

Der Verkauf von Niki ist gefährdet.
Der Verkauf von Niki ist gefährdet. ©APA/AFP/DPA/RAINER JENSEN
Die Rettung der österreichischen Fluglinie Niki wurde durch ein Gerichtsurteil aus Berlin ins Wanken gebracht. Laut einer Entscheidung des Landgerichts Berlin liegt die internationale Zuständigkeit nicht in Deutschland, sondern in Österreich.
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Der Verkauf der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki muss womöglich wiederholt werden. Das Landgericht Berlin gab am Montag einer Beschwerde des Flugrechtsportals Fairplane statt. Für das Insolvenzverfahren sei nicht Deutschland sondern Österreich zuständig. Der deutsche Insolvenzverwalter hatte vor diesem Szenario gewarnt: Der Verkauf an die IAG-Tochter Vueling sei dadurch massiv gefährdet. Der britische Luftfahrtkonzern IAG hält indes trotz des juristischen Tauziehens um die Niki-Insolvenz am Kauf der Air-Berlin-Tochter fest. Die Konzerntochter Vueling sei weiter an der Fluggesellschaft interessiert und arbeite mit allen Beteiligten daran, den Kauf voranzutreiben, teilte IAG am Montag mit.

Niki-Betriebsrat optimistisch

Auch der Niki-Betriebsrat ist optimistisch. “Die Belegschaft baut darauf, dass die Beteiligten den Deal noch retten”, sagte Betriebsratschef Stefan Tankovits. Die Stimmung unter den rund 1.000 Mitarbeitern sei nach dem geplanten Verkauf von Niki an den britischen IAG-Konzern sehr gut gewesen. Die spanische IAG-Billigtochter Vueling beabsichtigte Dreiviertel der Niki-Mitarbeiter zu übernehmen.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig. Es hat die Rechtsbeschwerde zum deutschen Höchstgericht, dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, zugelassen. Damit gilt der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg zunächst fort.

Niki Luftfahrt prüft Rechtsmittel gegen Entscheidung

Ein Sprecher des vorläufig bestellten Insolvenzverwalters Lucas Flöther erklärte gegenüber der APA, die Schuldnerin, die Niki Luftfahrt GmbH prüfe, ob sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt. Laut der Aussendung des Gerichts beträgt die Beschwerdefrist ein Monat. Sollte Niki selbst nicht gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen, müsste das Verfahren in Österreich von vorne beginnen – der ausgehandelte Verkauf von Niki an den britisch-spanischen Luftfahrtkonzern IAG steht damit infrage.

Arbeitsverträge von Niki unterlägen österreichischem Arbeitsrecht

Als Gründe für die Entscheidung führt das Landgericht Berlin aus, dass Niki Büros auch in Wien unterhalte, unter anderem die Finanzbuchhaltung. Ebenso liege der Ort der zuständigen Aufsichtsbehörde in Wien, da die Schuldnerin über eine österreichische Betriebsgenehmigung verfüge und die Lufttüchtigkeit der Flugzeuge von dort aus überwacht werde. Zudem unterlägen die von der Schuldnerin geschlossenen Arbeitsverträge zu rund 80 Prozent dem österreichischen Arbeitsrecht.

Das Landgericht Berlin kippte damit eine Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg, das im Dezember das vorläufige Insolvenzverfahren in Berlin eröffnet hatte, weil Nikis Hauptgeschäft und Führung am Sitz des Mutterkonzerns angesiedelt sei. Das Fluggastrechteportal Fairplane mit Sitz in Österreich hatte gegen den Insolvenzort Berlin Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt, das den Fall dem Landgericht vorlegte. Das Konkursverfahren müsse am Sitz von Niki in Wien abgewickelt werden, argumentierte Fairplane. Der Dienstleister versprach sich davon bessere Chancen, Kundenforderungen von mehr als 1,2 Mio. Euro durchsetzen zu können.

Niki-Insolvenzverwalter warnte vor Abzug

“Wir begrüßen diese Entscheidung, denn getrennte Verfahren von Air Berlin in Deutschland und Niki in Österreich verhindern einen Interessenskonflikt des Masseverwalters und eine mögliche Verkleinerung der Masse von Niki – denn einer der größten Schuldner von Niki ist Air Berlin”, erklärte Fairplane-Geschäftsführer Andreas Sernetz in einer Aussendung.

Der deutsche Niki-Insolvenzverwalter hingegen hatte im Vorfeld der Gerichtsentscheidung davor gewarnt, das Verfahren aus Berlin abzuziehen. Es bestehe dadurch das Risiko, dass die luftfahrtrechtlichen Genehmigungen auslaufen, wenn ein neuer Investorenprozess aufgesetzt werden muss, hieß es vergangene Woche. Außerdem benötige Niki Geld für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs. Die Kaufverträge seien “hinfällig”.

Fairplane sieht keinen Anlass zur Sorge

Der zur British-Airways-Mutter IAG gehörende spanische Billigflieger Vueling ging aus dem vom deutschen Insolvenzverwalter aufgesetzten Verkauf als Sieger hervor und wollte für 20 Mio. Euro große Teile von Niki sowie 740 der 1.000 Mitarbeiter übernehmen. Für die Zeit bis zur Übernahme hatte sich IAG bereit erklärt, Niki mit bis zu 16,5 Mio. Euro unter die Arme zu greifen.

Fairplane sieht jedoch keinen Anlass zur Sorge: “Ein Insolvenzverfahren in Österreich gefährdet den Deal mit IAG nicht. Sobald das Insolvenzverfahren für Niki in Österreich stattfindet, kann der Masseverwalter den in Berlin beschlossenen Deal mit IAG/Vueling ebenso bestätigen und die weitere Umsetzung verfolgen.” Außerdem seien durch die Verlängerung der Frist durch den österreichischen Infrastrukturminister die Start- und Landerechte für die kommenden drei Monate gesichert.

Urteil aus Berlin noch nicht rechtskräftig

Ob der Niki-Verkauf an IAG/Vueling nun gültig ist oder nicht, hängt davon ab, ob das Urteil des Landgerichts Berlin rechtskräftig wird oder wie die deutschen Höchstrichter im Falle einer Beschwerde entscheiden. Wenn das Niki-Insolvenzverfahren in die Zuständigkeit Österreichs fällt, ist das Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich an der Reihe.

Fairplane hat bereits in Korneuburg einen Insolvenzantrag gegen Niki eingebracht, laut Fairplane fand dazu heute, Montag, eine Verhandlung statt. Das Landesgericht Korneuburg dürfte Ende dieser Woche darüber entscheiden. Das sagte ein Sprecher des niederösterreichischen Gerichts auf APA-Anfrage. Wie es mit der insolventen Airline weitergeht, hängt auch davon ab, welche Schritte Niki als Schuldnerin nun setzt.

Muss das Niki-Insolvenzverfahren in Österreich neu aufgerollt werden, wonach es derzeit aussieht, würde das Landesgericht Korneuburg einen Masseverwalter bestellen, der dann gemäß dem Insolvenzrecht die Aufgabe hat, die noch vorhandenen Vermögensteile von Niki im Interesse der Gläubiger bestmöglich zu verwerten. Ob er den in Berlin ausverhandelten Kaufvertrag mit IAG/Vueling einfach übernehmen kann, ist aus Haftungsgründen fraglich.

Niki Lauda überzeugt, das bessere Angebot gelegt zu haben

Wie KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner der APA erklärte, muss sich ein Masseverwalter ein eigenes Bild machen und die Situation einschätzen. Er ist aber vom Gesetz nicht dazu verpflichtet, einen Bieterprozess zu starten. Er könne auch geleistete Vorarbeiten zu einem Verkauf umsetzen. Vorgesehen sei allerdings die Zustimmung des Gläubigerausschusses.

Entscheidend ist auch, ob es abseits von IAG noch andere Interessenten gibt. Der Airline-Gründer und IAG unterlegene Bieter Niki Lauda ist ja nach wie vor überzeugt, das bessere Angebot gelegt zu haben. Mehrere Medienberichte sprechen allerdings dagegen. Laut Reuters lag Laudas Angebot rund fünf Millionen unter den 36,5 Mio. Euro, die IAG für die Übernahme und den sofortigen Weiterbetrieb von Niki geboten hat. Lauda war am Montag für die APA zunächst nicht erreichbar.

APA/Red.

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