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Radio-Symphonieorchester kämpft gegen drohendes Aus

Das Radio-Symphonieorchester des ORF steht vor dem Aus.
Das Radio-Symphonieorchester des ORF steht vor dem Aus. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Das Radio-Symphonieorchester befindet sich auf der Liste mit Einsparungen, die ORF-Generaldirektor Roland Weißmann auf Wunsch der Bundesregierung für sein Haus erstellt hat.

"Es geht hier wirklich um eine Einstellung", bestätigte Angelika Möser, künstlerische Leiterin des RSO der APA und stellte zugleich klar: "Es ist noch keine Entscheidung gefallen." Bis zum 23. März, der Zusammenkunft des ORF-Stiftungsrates, wolle sie nun um den Fortbestand kämpfen.

Radio-Symphonieorchester kämpft gegen sein drohendes Aus

"Ich fände es grundfalsch, wenn das Orchester eingestellt würde", unterstrich Möser im APA-Gespräch. In Europa habe praktisch jedes Land zumindest ein Radio-Symphonieorchester. "Wenn man im Musikland Österreich meint, auf das ORF Radio-Symphonieorchester verzichten zu können, dann wäre das ein fatales Signal für die gesamte europäische Musiklandschaft."

Kulturministerin bekennt sich für Fortbestand des RSO

Sie sehe nun vor allem das Kunst- und Kulturministerium gefordert, sich klar zu einem Fortbestand des RSO zu bekennen. "Die Regierung hat das Heft des Handelns hier in der Hand", machte die RSO-Leiterin deutlich. Schließlich sei das RSO ein wesentlicher Baustein, der helfe, den Kulturauftrag des ORF zu erfüllen. Das kulturelle Erbe des Landes allgemein und zahllose zeitgenössische Musikschaffende im Speziellen würden ohne das ORF Radio-Symphonieorchester Wien ihre künstlerische Plattform verlieren.

RSO sei wesentlicher Lieferant von Content für den ORF

Nicht zuletzt sei man ein wesentlicher Lieferant von Content für den ORF. "Diese Leistungen werden aber oftmals nicht betrachtet, sondern lediglich auf die Kosten geschaut." Dabei habe man eine Strahlkraft als Musikbotschafter des Landes weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Ihre Konsequenz bis zum 23. März ist deshalb für Angelika Möser klar: "Wir werden kämpfen!"

Wiener Philharmoniker zeigten sich bestürzt über die Nachricht

In einem der APA vorliegenden Statement zeigten sich Wiener Philharmoniker bestürzt über die Nachricht: "Das RSO stellt für Österreich und auch weit über die Grenzen des Landes hinaus ein unersetzbares und wichtiges Kulturgut dar, das das Musikleben weltweit seit seinen Anfängen maßgeblich geprägt hat. Ein einzigartiger Schwerpunkt unserer Musikerkolleg*innen vom RSO ist vor allem auch die Hinwendung zu Neuer Musik, wie kaum ein anderes österreichisches Orchester hat es soviel zeitgenössische Musik aufgeführt. Das Fehlen des RSO in der vielfältigen Musiklandschaft Österreichs würde eine große Lücke aufreißen. Wir appellieren daher an die Kulturpolitik unseres Landes, alles daran zu setzen, die kulturelle Vielfalt zu fördern und all jene Institutionen zu erhalten, die zur Identität unseres Kulturlandes maßgeblich beitragen. Ein Orchester wie das RSO muss weiterbestehen!"

Aus des RSO ein Schlag für die zeitgenössische Musik

Vor einem Schlag für die zeitgenössische Musik bei einem Aus des RSO warnte gegenüber der APA auch Jan Nast, Intendant der Wiener Symphoniker: "Das RSO ist mit der Pflege der zeitgenössischen Musik in der Programmatik der Stadt fest verankert." Das RSO könne sich in dieser Position ungeschützter auf dem Markt bewegen als die Philharmoniker oder Symphoniker, die stärker darauf achten müssten für ihre eigene Institution oder die Konzerthäuser Einnahmen zu generieren. "Wir könnten diese Funktion nicht 1:1 übernehmen", macht Nast deutlich: "Ein Aus für das RSO wäre ein Bruch in der Welthauptstadt der Musik." Die Rolle des RSO als Opernorchester bei Produktionen im Theater an der Wien lasse sich ebenfalls zumindest nicht mittelfristig von den Symphonikern substituieren. Man komme jetzt bereits auf drei Inszenierungen, die man musikalisch mitgestalte, eine vierte sei organisatorisch für die Wiener Symphoniker nicht machbar.

Intendant des Theaters an der Wien sprang RSO zur Seite

Auch Stefan Herheim, Intendant des Theaters an der Wien, sprang dem RSO gegenüber der APA zur Seite: "Seit 2007 gehört das ORF Radio-Symphonieorchester Wien durch seine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Theater an der Wien auch zu den weltweit anerkannten Opernorchestern. Es genießt im Inland und Ausland höchste Reputation und sein Bestehen ist maßgebend für den Erfolg des Opernhauses der Stadt Wien. Ein Ende des Orchesters würde das MusikTheater an der Wien künstlerisch und finanziell in ernsthafte Schwierigkeiten bringen und wäre ein kulturpolitisch fatales Signal in einem Land, dessen weltweit anerkanntes, kulturelles Erbe von Institutionen wie der unseren getragen und erhalten wird."

Matthias Naske, Intendant des Wiener Konzerthauses, fand der APA gegenüber deutliche Worte: "Die Schließung des RSO Wien wäre ein barbarischer Akt. Dabei geht es um mehr als das Schicksal der Orchestermusiker:innen, seiner bedeutenden Chefdirigentin Marin Alsop und zahlreicher damit verbundenen Fachleute hinaus. Die Umsetzung dieses Vorhabens verletzt die kulturelle Identität dieses Landes und macht Österreich deutlich ärmer." Das RSO Wien bzw. dessen Vorläufer sei seit seiner Gründung fixer Bestandteil der künstlerischen Planung im Wiener Konzerthaus. Das Vorhaben, das Orchester zu schließen, zeige "eine erschreckende Fehleinschätzung der Entscheidungsträger für die Bedeutung kultureller Werte", so Naske: "Die Schließung eines der bedeutendsten Orchester des Landes wäre ein historischer Fehler der Medienpolitik."

Auch Stephan Pauly, Intendant des Wiener Musikvereins, warnte vor einem irreparablen Einschnitt in das österreichische Musikleben, sei das RSO doch ein unverzichtbarer Bestandteil des Kulturlandes Österreich. "Ohne das ORF RSO Wien wäre die jüngere Musikgeschichte anders verlaufen, es ist nicht vorstellbar, wie sie ohne diesen immens wichtigen Klangkörper weitergehen sollte", betonte Pauly, der an die Verantwortlichen appellierte, eine Lösung zu finden: "Eine Auflösung des ORF RSO Wien wäre ein unersetzlicher Verlust für die Wiener und die österreichische Musikszene."

"Der ORF sollte stolz sein auf sein Radio-Symphonieorchester"

Ins selbe Horn stieß Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) in einer Stellungnahme: "Der ORF sollte stolz sein auf sein Radio-Symphonieorchester: Es ist eine tragende Säule des österreichischen und Wiener Musiklebens und muss als solche weiter bestehen. Das RSO ist aus der Musikstadt Wien nicht wegzudenken." Nicht zuletzt sei das Orchester ein Botschafter der Wiener Klangkultur in der Welt. "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Kulturauftrag, und ich appelliere an die Verantwortlichen, diesen nicht mit Füßen zu treten, in dem sie das Fortbestehen des RSO in Frage stellen. Hier ein rein wirtschaftliches Denken als Maßstab für Entscheidungen anzulegen, deren Auswirkungen weit über den ORF hinausreichen, halte ich für die falsche Herangehensweise."

Ulrike Sych, Rektorin der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), nannte das RSO "eines der bedeutendsten Orchester dieses Landes, dessen Verdienste insbesondere auch für die Neue Musik und Uraufführungen neuer Werke unersetzlich sind". Die kolportierten Maßnahmen bedeuteten "eine massive Bedrohung der österreichischen Musikkultur und hätten verheerende Auswirkungen auf die Lebenssituation zahlreicher Musikerinnen und Musiker, aber auch auf die Weiterentwicklung der zeitgenössischen Musik und die Reputation der Musiknation Österreich".

Die IG Freie Kulturarbeit verwies in ihrer Stellungnahme auf die besondere Rolle des RSO in der Beschäftigung von Frauen, liege man hier doch bei über 40 Prozent Musikerinnen. "Die geplanten Einsparungen werden in Folge auch zu einer Reduzierung des Frauenanteils im ORF führen", heißt es. Auch die Funktion des RSO als Auftraggeber für Komponisten und Komponistinnen sei einzigartig: "Diese Leistung erbringt kein anderes Orchester in Österreich auch nur annähernd. Das RSO ist außerdem das einzige Berufsorchester Österreichs mit einer Chefdirigentin!"

(APA/Red)

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