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Reizthema Impfung - neue VOL.AT-Infoserie

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des VIVIT Instituts Dornbirn, informiert auf VOL.AT über die Corona-Impfung.
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des VIVIT Instituts Dornbirn, informiert auf VOL.AT über die Corona-Impfung. ©Mündlein
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Wie funktioniert die Corona-Impfung? Was sind mRNA-Impfstoffe? Sind die neuen Präparate ausreichend erprobt? VOL.AT-Miniserie mit Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des Molekularbiologischen Labors VIVIT in Dornbirn.

Teil 1: "Impfstart in Großbritannien"

Im Rahmen einer VOL.AT-Miniserie zum Thema "Corona-Impfung" erklärt Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des Molekularbiologischen Labors VIVIT in Dornbirn, wissenschaftliche Hintergründe zum Thema, das aktuell wohl wie kein anderes die Schlagzeilen beherrscht.

Im ersten Teil spricht der Genetiker und Molekularbiologe über den Impfstart in Großbritannien.

VOL.AT: Impfstart in Großbritannien: Wieso preschen die Briten bereits vor, während die EU noch wartet?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Die Briten haben eine vorübergehende Notfallzulassung für den mRNA Impfstoff von Biontech/Pfizer erteilt. Die EU-Länder warten hingegen noch auf das Urteil der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA. Das Vorpreschen der Briten mag verschiedene Gründe haben. So ist Großbritannien besonders stark von der Coronakrise betroffen. In keinem anderen europäischem Land sind bislang mehr Menschen an COVID -19 gestorben wie in Großbritannien. Die generelle Impfmoral und damit die Akzeptanz eines neuen Impfstoffes sind in Großbritannien auch höher als in Mitteleuropa. Beispielsweise wurden dort bereits vor der Coronaviruskrise Vorschulkinder ohne Vorerkrankungen breit gegen Grippe geimpft. Eine Grippeimpfung für Kinder wird hingegen erst seit heurigem Herbst bei uns empfohlen. Die bei uns vorherrschende Impfskepsis mag ein Grund sein, warum kein EU-Land ebenso eine Notfallzulassung erteilt hat. Man will der Bevölkerung zeigen, dass die Zulassung nach den streng geltenden Regeln erfolgt und nichts überstürzt wird, um dadurch das Vertrauen auf die Sicherheit einer Impfung zu erhöhen. Schließlich sollen sich möglichst viele Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen, um die Pandemie zu beenden.

VOL.AT: Gleich nach Beginn der in Großbritannien gestarteten Impfung mit dem mRNA Impfstoff von Biontech/Pfizer traten bereits zwei Fälle an schweren Nebenwirkungen auf. Wie ist das erklärbar, wo doch der Impfstoff an so vielen Probanden getestet und als unbedenklich befunden wurde?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Die beiden angeführten Fälle einer schweren allergischen Reaktion waren zunächst überraschend. Die betroffenen Mitarbeiter des britischen Gesundheitsdienstes waren allerdings starke Allergiker und Probanden mit schweren Allergien waren von der Zulassungsstudie ausgeschlossen. Diese hätten bei der regulären bedingten Zulassung, wie sie bei uns erfolgt, erst dann geimpft werden dürfen, bis entsprechende Daten vorgelegt werden. Nach wie vor ist jedoch unklar, was die allergische Reaktion ausgelöst haben könnte. Im Verdacht steht jedoch eine Substanz namens Polyethylenglycol, kurz PEG, ein Bestandteil von mRNA Impfstoffen, von welchem bekannt ist, allergische Reaktionen verursachen zu können. PEG wird häufig auch in der Kosmetik, in Medikamenten und sogar von der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt. Die in den Impfstoffen enthaltenen Mengen an PEG sind allerdings wesentlich geringer als die, welche wir sonst üblich aufnehmen. Wie immer, bis zur Klärung, was die schwere allergische Reaktion ausgelöst haben könnte, empfiehlt die britische Gesundheitsbehörde, Personen mit einem wegen einer Impfung, eines Medikamentes oder Nahrungsmittels bereits erlittenem, allergischen Schock, vorerst nicht zu impfen. Alle anderen Allergiker sind von der Impfung nicht ausgeschlossen.

VOL.AT: Wie stehen Sie zum Vorwurf, dass die Impfstoffe viel zu früh auf den Markt kommen, gerade in Bezug auf Langzeitfolgen? Wie sicher sind die Impfstoffe?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Prinzipiell sind die Auflagen für die Zulassung eines neuen Impfstoffes oder Medikamentes sehr hoch. Die für andere Impfstoffe oder Medikamente geltenden Regularien gelten auch für die COVID-19-Impfstoffe. Aufgrund der Pandemie und der globalen Krise gab es aber von Anfang an eine enge Kooperation zwischen den Entwicklern und Behörden. Die in den klinischen Studien erhobenen Daten konnten in einem laufenden Prüfprozess durch die EMA ausgewertet werden. Auch ist die Datenlage aufgrund der besonders groß angelegten klinischen Studien mit jeweils über 30.000 Probanden viel umfangreicher als bei vielen anderen klinischen Produkten sonst üblich, sodass Rückschlüsse auf die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes besonders gesichert erscheinen. Wie bei allen zugelassenen Medikamenten können Nebenwirkungen, auch unvorhergesehene, bei einer so hohen Anzahl an geplanten Impfungen jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden, wie die beiden jüngst in Großbritannien aufgetretenen Fälle einer schweren Allergie nach einer Impfung mit dem Biontech/Pfizer Impfstoff zeigten. Auch mögliche Langzeitfolgen lassen sich derzeit nicht abschätzen – hier müsste man noch mehrere weitere Jahre die Probanden der Impfstudien beobachten, was allerdings für die Zulassung nicht verlangt wird, wohl aber Bestandteil weiterer Studien ist. Wie immer, die Gefährlichkeit des SARS-CoV2 Virus wird trotz der zahlreichen schweren Erkrankungsverläufe und Todesfälle von vielen noch unterschätzt und überwiegt bei weitem – auch bei asymptomatischen Verläufen – die einer zugelassenen Impfung. So weisen über 60 Prozent der SARS-CoV2-Infizierten eine Entzündung des Herzmuskels auf, welche häufig unentdeckt bleibt und  gerade bei sportlich Aktiven zu Rhythmus- und Funktionsstörungen des Herzens führen kann.

Im zweiten Teil der Serie informiert Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein über die verschiedenen Impfstoffe, morgen auf VOL.AT.

Corona-Impfung: Marvin Wolf (ORF) gibt mit Hilfe von Experten Antworten auf die Fragen von Zusehern.

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(VOL.AT)

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