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SPÖ ohne Jugend

Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) konnte keine Einigung mit den Aktivisten des Protestcamps in Wien-Donaustadt finden.
Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) konnte keine Einigung mit den Aktivisten des Protestcamps in Wien-Donaustadt finden. ©APA/HANS PUNZ
Gastkommentar von Johannes Huber. Was die Räumung des Protestcamps in der Donaustadt mit der Zukunft der Sozialdemokratie zu tun hat.

Es gibt viele Argumente dafür, dass die Stadt Wien gezwungen war, das Protestcamp gegen die Stadtstraße zu räumen. Der Bau ist von einer politischen Mehrheit beschlossen worden, auch in der Bevölkerung dürfte der Zuspruch überwiegen. Genehmigungen liegen vor, Gerichtsurteile, die dagegensprechen, tun es nicht. Also durften Aktivistinnen und Aktivisten nicht glauben, das Projekt verhindern zu können, mussten sie mit Hilfe der Polizei abgeführt werden.

Abgesehen davon muss man sich über Grünen-Chef Peter Kraus wundern, der nach der Räumung von einem „traurigen Tag für den Klimaschutz“ sprach. Monatelag hätten sich junge Menschen friedlich dafür eingesetzt, dass Umwelt und Klima nicht weiter belastet werden und es keine vierspurige Stadtautobahn geben wird. Diese Aussage ist insofern bemerkenswert, als die Straße ursprünglich von der damaligen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou mitgetragen worden war: Ziel sei es, den Durchzugsverkehr aus den Siedlungsgebieten abzuziehen und damit die Lebensqualität in Ortskernen wie Hirschstetten, Stadlau und Breitenlee „deutlich“ zu verbessern, erklärten sie und der seinerzeitige SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch auf einer Pressekonferenz im Juli 2016. Vassilakou war eine Grüne.

Doch das ist eine andere Geschichte: So notwendig die Stadtstraße ist und so gerechtfertigt nun auch ihre Durchsetzung sein mag, ja so viel Applaus aus erheblichen Teilen der Bevölkerung Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nun erntet dafür, so schmerzlich ist diese Eskalation des Konflikts für ihn und seine Genossen.

Natürlich hat sich Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) monatelang um eine Lösung bemüht. Ganz so friedlich, wie sie heute beteuert, war das jedoch nicht. Bei der „Klagsdrohung gegen Teenager“ (ORF.AT) vor Weihnachten hatte es sich um einen glatten Versuch gehandelt, selbst 13-, 14-Jährige kleinzukriegen.

Selbst wenn man meint, dass das gerechtfertigt gewesen sei, sollte man dies nicht übersehen: Damit ist erstens eine Solidarisierung mit diesen Kindern einhergegangen (Motto: „Im Zweifelsfall für die Schwächeren“), zweitens ist eine noch stärkere Eskalation provoziert worden. Verantwortlich dafür zeichnete Sima.

Für die SPÖ lässt all das tief blicken. Sie hat grundsätzlich ein Nachwuchsproblem. Bundesweit ist sie in dieser Wählergruppe nicht erst-, nicht zweit- und auch nicht dritt-, sondern viertstärkste Partei hinter ÖVP, Grünen und FPÖ, wie eine Auswertung des SORA-Instituts zur letzten Nationalratswahl zeigt. Auch bei der Gemeinderatswahl hat sie bei den Jüngsten unterdurchschnittlich abgeschnitten für ihre Verhältnisse.

Warum? Weil sie kein Angebot für diese Leute hat, weil sie keine Akzente setzt, die sie gegenüber ihren Mitbewerbern hervorhebt. Vor allem aber, weil politische Strömungen unter diesen Leuten an ihr vorbeigehen. Wie eben jene, die bei dem Protestcamp in der Donaustadt zum Ausdruck gekommen sind.

Doch damit hat es sich die Partei von Ludwig jetzt ohnehin verscherzt: Sie sollte nicht überrascht sein, wenn daraus eine Bewegung entsteht, die ihr eines Tages wehtun wird. Zur Erinnerung: Aus Hainburg sind die Grünen gewachsen. Und sie sind groß genug geworden, um der SPÖ immer wieder ein paar Prozentpunkte abzunehmen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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