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Streit um Abweisung von Migranten in Deutschland

Innenminister Seehofer pocht auf Asylplan.
Innenminister Seehofer pocht auf Asylplan. ©APA
Die CSU zeigt sich im Konflikt mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Zurückweisung von Flüchtlingen an deutschen Grenzen unnachgiebig.

“Ich habe eine Verantwortung für dieses Land, nämlich, dass wir steuern und ordnen. Und ich kann das nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben”, betonte der deutsche Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer am Montagabend in Berlin.

“Sind wild entschlossen”

Sein Parteifreund Georg Nüßlein sagte der “Augsburger Allgemeinen”: “Wir sind wild entschlossen, das Thema durchzukämpfen, und zudem überzeugt, dass die Entscheidung in Seehofers Ressortverantwortung fällt – und nicht in die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin.”

Masterplan-Präsentation verschoben

Seehofer hatte die Vorstellung seines sogenannten Masterplans zur Asylpolitik am Montag kurzfristig verschoben. Hintergrund sind Differenzen mit Merkel in der Frage, welche Flüchtlinge künftig an der deutschen Grenze abgewiesen werden sollen. Der Plan Seehofers sieht nach Medieninformationen vor, Migranten zurückzuweisen, die bereits in einem anderen europäischen Land als Asylsuchende aufgetreten und deshalb in der Fingerabdruckdatei Eurodac registriert sind. Dazu müssten von allen Flüchtlingen bereits an der Grenze Fingerabdrücke genommen werden.

Merkel drängt auf europäische Lösung

Merkel dringt hingegen auf gemeinsame europäische Lösungen. Sie empfängt an diesem Dienstagabend Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Sollte Deutschland tatsächlich verstärkt Flüchtlinge an der Grenze abweisen, wäre Österreich vermutlich am stärksten betroffen. Der Streit dürfte am Nachmittag auch in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag zum Thema werden. Nach dpa-Informationen hatte es am Montag im Fraktionsvorstand viel Zuspruch zu Seehofers Plänen gegeben.

“Kein halber Plan”

In der Sitzung der CSU-Landesgruppe sagte Seehofer nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Montagabend, sein Plan müsse “so kommen”. Er sei nicht bereit, “einen halben Plan mit faulen Kompromissen zu veröffentlichen”, habe Seehofer laut Teilnehmern gesagt. Der CSU-Politiker und Unionsfraktionsvize Nüßlein sagte der “Augsburger Allgemeinen”, in der CSU herrsche großer Unmut über die Haltung der Bundeskanzlerin. Noch habe Seehofer aber die Hoffnung, Merkel in den kommenden Tagen von seiner Position zu überzeugen.

Auch SPD gegen CSU-Pläne

Aber auch die SPD lehnt Pläne zur verstärkten Kontrolle von Flüchtlingen an der deutschen Grenze ab. “Wenn wir jetzt flächendeckend an den Grenzen kontrollieren, dann machen wir das kaputt, was eine Errungenschaft in Europa ist, nämlich unsere offenen Grenzen”, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl am Dienstag im ARD-“Morgenmagazin”.

CDU-Experte will Streit vertagen

Der CDU-Innenexperte Armin Schuster plädierte dafür, den Streit über die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze bis Ende des Monats zu vertagen. “Wir sollten der Bundesregierung die Chance geben, auf dem Europäischen Rat Ende Juni noch ein positives Ergebnis für eine gemeinsame europäische Asylpolitik zu erzielen, das Deutschland spürbar entlastet und den Südländern hilft”, sagte Schuster der “Rheinischen Post” (Dienstag-Ausgabe).

Merkel will wesentliche Fortschritte erreichen

Merkel will beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni wesentliche Fortschritte in Richtung einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik erreichen, Österreich übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft. Der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) betonte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, es sei ein gemeinsamer Umgang der europäischen Staaten mit Flucht und Migration erforderlich. “Klar ist für die SPD: Wir wollen das System der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union bewahren.”

Unterstützung für CSU aus CDU

Die CSU erhielt unterdessen für ihre Forderung nach einer Zurückweisung von Migranten an der deutschen Grenze Unterstützung aus der CDU. “So lange es keine befriedigende europäische Lösung gibt, müssen nationale Maßnahmen wie die Zurückweisungen von Personen möglich sein, deren Asylantrag in Deutschland schon abgelehnt wurde beziehungsweise die bereits Asyl in einem sicheren Drittstaat beantragt haben”, sagte der thüringische CDU-Vorsitzende Mike Mohring am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte im MDR im Hinblick auf Seehofers Pläne: “Der Masterplan ist jetzt wichtig, und er muss jetzt auch schnell kommen.”

Koordination mit Österreich verlangt

Mohring erklärte, die Bürger erwarteten, dass der Staat die vollständige Kontrolle über die Fluchtmigration zurückerlange und seine Handlungsfähigkeit beweise. “Deutschland muss die österreichische EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein koordiniertes Vorgehen beider Länder zu einem wirkungsvollen EU-Außengrenzenschutz und zu einem einheitlichen europäischen Asylrecht zum Erfolg zu führen.” Es sei im Interesse des Landes, Differenzen in der deutschen Regierung zügig auszuräumen.

(dpa/red.)

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