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Nach Eskalationen bei Lützerath-Demo: Lage wieder unter Kontrolle

Hunderte Demonstranten bringen sich an der Steilkante selbst in Gefahr. Auch Greta Thunberg ist für die Proteste in Lützerath angereist.
Hunderte Demonstranten bringen sich an der Steilkante selbst in Gefahr. Auch Greta Thunberg ist für die Proteste in Lützerath angereist. ©Reuters
Am Rande einer großen Demonstration gegen den rheinischen Braunkohletagebau hat sich die Stimmung am Samstag zunehmend aufgeheizt.
Tunnel bereiten Polizei in Lützerath Probleme
Einbetonierte Aktivisten flehen um Hilfe

In angespannter Atmosphäre standen sich am Nachmittag Hunderte Polizisten und Hunderte Demonstranten unmittelbar vor dem Dorf Lützerath gegenüber. Aus den Reihen der Demonstranten erklang immer wieder der Ruf "Auf nach Lützerath! Auf nach Lützerath!"

Update: Polizei scheint Lage wieder unter Kontrolle zu haben

Nach der Aufforderung der Polizei, den unmittelbaren Bereich am Braunkohleort Lützerath zu verlassen, haben viele Demonstranten den Rückweg angetreten. Die Lage habe sich bei Einbruch der Dunkelheit am frühen Samstagabend beruhigt, berichtete eine dpa-Reporterin. Demnach regnete es immer wieder stark.

Die übrigen Menschen, die zunächst in dem Bereich geblieben waren, wurden von einer breiten Polizeikette auf dem Acker zurückgeschoben, wie ein dpa-Reporter berichtete. Es habe Geschrei gegeben, aber zunächst keine Zusammenstöße.

Polizei droht Demonstranten mit Einsatz von Wasserwerfern

Ein Polizeisprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir stehen mit dem Rücken zum Zaun. Hinter uns stehen die Wasserwerfer. Die Androhung ist erfolgt, dass die Wasserwerfer eingesetzt werden. Jetzt müssen wir abwarten, was passiert." Die Demonstranten erhielten derzeit immer noch weiteren Zulauf. "Wir wenden jetzt schon unmittelbaren Zwang an, wenn Leute in die Richtung gehen."

Und tatsächlich sollte es zum Äußersten kommen: Die Polizei hat Wasserwerfer gegen Demonstranten kurz vor dem abgeriegelten Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier eingesetzt. Das beobachtete eine dpa-Reporterin am Samstag.

Doch was ist eigentlich passiert?

Nach Angaben der Polizei fanden sich rund 6.000 Demonstranten im Nachbarort Keyenberg ein und machten sich auf den Weg nach Lützerath. Klimaaktivisten skandierten "Lützi bleibt, Lützi bleibt, Lützi, Lützi, Lützi, bleibt, bleibt, bleibt" und "RWE Enteignen." Am Rande der Kundgebung kam es zwischen Polizei und Demonstranten zu Rangeleien, da diese versuchten an die Abbruchkante und in das Abbaugebiet Garzweiler II zu gelangen. Zur Anzahl der Einsatzkräfte machte die Behörde keine Angaben.

Lützerath ist seit Tagen von der Polizei abgeriegelt und mit einem doppelten Zaun umgeben. Die Gebäude der kleinen Siedlung auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz werden derzeit abgerissen, um dem Energiekonzern RWE zu ermöglichen, die darunter liegende Kohle abzubaggern. Dagegen protestierten am Samstag viele Tausend Menschen im benachbarten Ortsteil Keyenberg.

Thunberg prangert Deutschland als "einer der größten Klimasünder" an

Mehrere tausend Menschen - unter ihnen die Klima-Aktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer - demonstrierten am Samstag für den Erhalt des Dorfes Lützerath im nordrhein-westfälischen Braunkohlerevier und den Stopp des Kohleabbaus. Die schwedische Aktivistin warf Deutschland vor, "einer der größten Klimasünder weltweit" zu sein. Sie rief zum anhaltenden Widerstand auf. "Wir haben nicht vor, aufzugeben. So lange die Kohle im Boden ist, ist dieser Kampf nicht vorbei."

Auch aus Österreich sind Teilnehmer angereist. So beteiligen sich Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation", die zuletzt durch Verkehrsblockaden in Wien für Aufregung gesorgt haben, von Fridays For Future, des Jugendrats und System Change not Climate Change an den Protesten. Sie sprachen von bis zu 35.000 Demonstrantinnen und Demonstranten. "An Tagen wie diesen wird klar, dass unser Kampf für eine klimagerechte Welt niemand aufhalten kann", sagte Lena Schilling, Sprecherin vom Jugendrat und LobauBleibt.

Steilhang: Hunderte Demonstranten bringen sich in Lebensgefahr

Bei der Großdemonstration für die Erhaltung des Dorfes Lützerath haben sich am Samstag Hunderte Teilnehmer unmittelbar an die Kante des rheinischen Braunkohletagebaus gestellt. "Ich bin absolut entsetzt, wie normale Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sich dazu hinreißen lassen, hier den absoluten Gefahrenbereich zu betreten", sagte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach der Deutschen Presse-Agentur. Ein Aufenthalt unmittelbar am Steilhang der Tagebaukante sei sowieso schon gefährlich, jetzt aber ganz besonders, weil der Boden durch Dauerregen aufgeweicht sei. Ein Polizeisprecher schätzte die Gesamtzahl der Demoteilnehmer auf 8000 bis 10 000.

Eine Sprecherin auf der Kundgebungsbühne sagte, es gebe einen Wasserrohrbuch in der Nähe der Tagebaukante. Es bestehe dort Einsturzgefahr. Deshalb müsse unbedingt ein Sicherheitsabstand eingehalten werden. Ein anderer Sprecher auf der Kundgebungsbühne sagte, er finde es legitim, wenn die Teilnehmer versuchten, in das abgesperrte Lützerath vorzudringen. "Lasst euch von der Polizei nicht aufhalten. Wir sind mächtig. Wir sind auf der Seite der Gerechtigkeit. Wir lassen uns von diesem repressiven System nicht aufhalten. Wir stoppen diesen Tagebau. Macht alles, was ihr für richtig haltet."

(APA/dpa/Reuters)

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