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Terror in Norwegen - Das Netzwerk der Anti-Islam-Blogger

©Screenshot "Gates of Vienna"
Tage nach der Schreckenstat von Oslo offenbart sich, dass sich die Weltsicht des mutmaßlichen Attentäters Anders Behring Breivik eng auf ein Netzwerk von anti-islamischen Blogs stützt.

In dem 1.500 Druckseiten umfassenden “Manifest”, dass Breivik kurz vor der Tat veröffentlichte, bedient er sich langer Passagen aus skandinavischen, englischsprachigen und deutschen Internetseiten.

Blog “Gates of Vienna”

In seinem Text bekennt sich Breivik zu der “Wiener Schule des Denkens” – ein Bezug auf den Blog “Gates of Vienna”. Die Internetplattform geht davon aus, dass der Islam das christliche Europa überrennen wird, sollten die Muslime nicht wie 1683 vor “den Toren Wiens” abgewehrt werden. Man befinde sich in einer “neuen Phase eines sehr alten Krieges”, so das Leitmotiv der Webseite. Die anonymen Autoren bezeichnen sich selbst als “stolze Islamophobe” sowie als Konservative und gläubige Christen, die sich für Israel und gegen die palästinensischen Ansprüche auf einen eigenen Staat aussprechen.

Poster geben Islam die Schuld

Nach dem Attentat von Oslo bezeichnen die Blog-Autoren die Tat als schrecklich, streuen jedoch Zweifel an den Zusammenhängen der Täterschaft. Breivik sei womöglich zu der Tat angestiftet und bewaffnet worden. Wer dahinter stecken könnte, überlassen die Autoren von “Gates of Vienna” den Nutzern des Diskussionsforums: “Was würde jemanden dazu motivieren, so etwas zu tun? Mir fällt nur eine Ideologie ein – der Islam”, schreibt ein Poster am Samstag.

Breivik selbst als Kommentare-Schreiber aktiv

Im Visier der Aufmerksamkeit steht nach der Bluttat auch die anti-islamische Plattform document.no des norwegischen Verlegers Hans Ruhstad. Auf der Seite hatte Breivik mehr als 70 Kommentare mit politischen Inhalten veröffentlicht. Der mutmaßliche Attentäter sei mit ihm in Kontakt getreten, berichtete Ruhstad nach der Tat. Breivik sei zu einem Treffen des Redaktionsteams der Webseite gekommen, und habe seine Mithilfe angeboten. Er habe aber keinen “stabilen” Eindruck gemacht, und es habe keine weiteren Treffen mit ihm gegeben, so der Verleger. Aus den Kommentaren des mutmaßlichen Attentäters hat sich für Ruhstad kein Hinweis auf einen geplanten Anschlag herauslesen lassen. So sei Breivik gegen Rassismus und ethnozentrische Ideen aufgetreten, in denen Einwanderung aus “fremden Kulturen” abgelehnt wird. “Eigentlich gibt es nichts in den Werken von Behring Breivik, dass auf seine Gewalttätigkeit hindeutet”, heißt es auf document.no.

Einschlägige Blogger distanzieren sich

Als “Lieblingsautor” bezeichnet der mutmaßliche Attentäter den Blogger Fjordman, einen regelmäßiger Gastautor auf “Gates of Vienna” und anderen anti-islamischen Webseiten. Unmittelbar nach der Bluttat war der Blogger, der nur unter seinem Pseudonym bekannt ist, und ebenfalls aus Norwegen stammen dürfte, in Medienberichten als möglicher Täter bezeichnet worden. In seinem Manifest hat Breivik lange Passagen aus Publikationen Fjordmans zitiert. In einem Schreiben am Montag wies Fjordman eine Verbindung mit Breivik von sich. Er sei “absolut entsetzt” über die Anschläge und habe Breivik nicht gekannt, heißt es in einem Blogeintrag. Zugleich wies Fjordman darauf hin, dass es keinen “moderaten Islam” gebe, und warnte vor der Einwanderung von Muslimen nach Europa. In seinem Blog hatte der Autor zuvor den Islam als “parasitäre” Erscheinung bezeichnet, dessen Anhänger eine “Invasion” in westliche Länder versuchen würden. Die einzige Lösung sei, Muslime in ihren angestammten Ländern einzuschließen und den Kontakt zu ihnen auf das möglichste zu reduzieren.

Deutscher Author Broder zitiert

Auf der Leseliste von Breivik standen auch internationale Stimmen. Zu den in seinem Manifest zitierten Autoren zählt der bekannte deutsche Publizist Henryk M. Broder, der als Kolumnist der Zeitung “Die Welt” sowie als Blogger für das Netzwerk “Achse des Guten” tätig ist. Der Autor war in den vergangenen Jahren wiederholt als Kritiker islamische Einwanderung in Europa in Erscheinung getreten. So schrieb Broder, es gebe eine weit verbreitete “Inländerfeindlichkeit” in Deutschland, die mit der Verachtung der Einwanderer für ihr Gastland einhergehe. In seinem “Manifest” zitiert Breivik Broder mit der Aussage, dass junge, freiheitsliebende Menschen Europa lieber verlassen sollten, da der Kontinent sich widerstandslos dem Islam unterordne. “Ich würde es heute wieder genau so sagen”, so Broder in einer Reaktion gegenüber der deutschen Zeitung “Tagesspiegel”. Die Medien befänden sich in einer “Verschwörungsfalle”, so Broder nach dem Attentat auf seiner Webseite.

Ähnliche Reaktionen gab es am Samstag auf einem anti-islamischen Blogs in Österreich. Die Berichterstattung über die extremistischen Ansichten von Anders Behring Breivik grenze an eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, heißt es auf dem Blog SOS-Österreich. Es müsse weiterhin möglich sein, den Islam zu kritisieren, so der Autor, der unter dem Pseudonym “derpatriot” publiziert: “Das Ausblenden und Wegschauen auf die ‘Wutauslöser’ verhindert mit Sicherheit kein 2. Massaker – nein, es züchtet nicht nur weiter ‘Wutbürger’, sondern noch mehr Anders Breiviks!!!”

(APA)

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