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Vorarlberg: Das sind die Herausforderung in der HNO-Heilkunde

62. Österreichischer HNO-Kongress im Festspielhaus Bregenz
62. Österreichischer HNO-Kongress im Festspielhaus Bregenz ©Lisa Mathis
Bregenz - Vom 10. bis 14. Oktober ist das Festspielhaus Bregenz das Zentrum der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.

Insgesamt 500 HNO-Experten aus dem deutschsprachigen Raum sind der Einladung von Prim. Dr. Wolfgang Elsäßer zum 62. HNO-Kongress gefolgt. Elsäßer leitet Vorarlbergs Schwerpunktabteilung für HNO am LKH Feldkirch und ist derzeit Präsident der Österr. Gesellschaft für HNO-Heilkunde und Kopf- und Halschirurgie. HNO-Themen wie Schwindel, Hören, Schlucken und Stimme, Schmecken und Riechen werden unter dem Aspekt der Altersmedizin beleuchtet, weiterer Themenschwerpunkt sind neueste Erkenntnise zum Humanen Papillomavirus.

„Das Kongress-Motto lautet ‚Altersmedizin – Herausforderung in der HNO-Heilkunde‘. Besonders der älter werdende Patient benötigt die Zuwendung des HNO-Arztes, wenn Symptome, wie z. B. Hörverlust, Schwindel, Stimm- oder Schluckstörungen vermehrt auftreten. Das wissenschaftliche Programm beinhaltet daher Themenbereiche, mit denen wir HNO-Ärztinnen und -Ärzte täglich konfrontiert sind“, informiert Kongress-Organisator und aktueller Präsident der HNO-Gesellschaft, Prim. Dr. Wolfgang Elsäßer. Im Rahmen einer Pressekonferenz wurden die Schwerpunktthemen unter dem Aspekt der Altersmedizin auch der Öffentlichkeit vorgestellt.

Wenn der Gleichgewichtssinn nachlässt…

Rund 30 Prozent der über 70jährigen Menschen sind vom Thema Altersschwindel betroffen. „Während Schwindel bei jüngeren Menschen meistens eine klar erkennbare Ursache hat, ist er bei älteren Menschen häufig das Ergebnis körperlicher Veränderungen, alterstypischer Erkrankungen oder Nebenwirkungen verschiedener Medikamente“, informiert Prim. Dr. Elsäßer aus einem seiner Fachgebiete. Zu den alterstypischen Erkrankungen, die die Funktion des Gleichgewichtssystems beeinträchtigen können, gehören Herz-/Kreislauferkrankungen, Gefäßerkrankungen, Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, Parkinson oder aber auch die Altersdemenz. Gerade länger dauernder oder wiederkehrender Schwindel führt zu Unsicherheit beim Gehen und ist oft mit einer Angst vor Stürzen verbunden – mit oft schwerwiegenden Folgen: „Die Reaktionen lassen im Alter nach, erleiden ältere Menschen häufig komplizierte Knochenbrüche. In 20% der Fälle erholen sich die Betroffenen nicht mehr von den Folgen und werden zum Pflegefall. Andere ziehen sich aus Angst vor einem erneuten Sturz komplett zurück, leiden unter Einsamkeit und werden depressiv. Rückzug bedeutet auch Bewegungsmangel, aber auch Einbuße der Gleichgewichtsorgane“, warnt der Vorarlberger HNO-Experte Dr. Elsäßer.

„Wie bitte? Ich kann Sie nicht hören!?“

Bereits ab einem Alter von 40 Jahren kann es erste Anzeichen eines Hörverlustes geben. Die Häufigkeit derartiger Störungen nimmt dann bei den über 50-Jährigen deutlich zu, bei den über 60-jährigen ist sogar ein Drittel betroffen (50% der Männer und 25% der Frauen). „Zu den Symptomen zählt u.a. ein eingeschränktes Wort- und Satzverständnis, vor allem in geräuschvoller Umgebung – auch „Cocktail- Party-Effekt“ genannt. Betroffene können dann nur noch mühsam an Konversationen teilnehmen. Die Folge: Sie verlieren zunehmend die Lust und Freude an der Teilnahme am sozialen Leben in Gesellschaft und ziehen sich zurück“, schildert Univ. Prof. Dr. Peter Franz vom Donauspital Wien und rät zu einem frühzeitigen Hörtest. Faktoren wie etwa Herz-, Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen, aber auch Lärm, andere Umweltfaktoren oder Medikamente können den Prozess der Abnahme des Hörvermögens beschleunigen. Auch Genussgifte wie Nikotin können sich schädigend auf das Hören auswirken. „Wichtig zu wissen ist, dass körperliche Alterungsprozesse ganz natürlich sind und auch das Gehör betreffen“, so Prof. Franz.

Schluckstörungen können schwerwiegenden Folgen haben

„Mit zunehmendem Alter nehmen nicht nur Stimmleistung und -belastbarkeit ab, sondern können auch altersbedingte Schluckstörungen eintreten“, erklärt Univ. Prof. Patrick Zorowka von der Medizinischen Universität Innsbruck. „Darunter leiden z.B. über 60 % der Bewohner von Seniorenheimen, was gravierende Gesundheitsfolgen wie Unterernährung (Malnutrition) und die Abnahme der Muskelmasse (Sarkopenie) haben kann; eine Aspiration (Eindringen von flüssigen oder festen Stoffen in die Atemwege) kann zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie einer Pneumonie (Lungenentzündung) bedingen“, beschreibt der Innsbrucker Experte. Auch psychosoziale Folgen sind mit Schluckstörungen verbunden, da der Betroffene zunehmend die Gesellschaft anderer und die Öffentlichkeit meidet. Das rechtzeitige Erkennen und Behandeln einer Schluckstörung hingegen kann schwerwiegende und gesundheitsgefährdende Folgen vermeiden. „In vielen Fällen ist das Bewusstsein einer altersbedingten Schluckstörung schon hilfreich. Durch Anpassung der angebotenen Speisen und Getränke können etwa folgenschwere Komplikationen einer Schluckstörung vermieden werden“, so Zorowka. „Deshalb kommt der Aufklärung und Vermittlung von Hinweisen einer Schluckstörung eine große Bedeutung zu.“ Um die Stimme zu erhalten, rät der Experte daher zu Vorsorgemaßnahmen und Stimmhygiene, auch zu logopädischer Therapie und in Einzelfällen zu operativen Maßnahmen.

Riechtraining als Therapie bei Riechstörungen

Häufig wird die Wichtigkeit des Geruchssinnes erst bei Einschränkungen dieser Funktion bewusst. „Patienten beschreiben oft eine Schmeck-Einschränkung, obwohl eigentlich das retronasale Riechen gestört ist. Retronasales Riechen ist – neben den eigentlichen Geschmacksqualitäten (salzig, süß, sauer, bitter) und der trigeminalen Wahrnehmung (Temperatur, Schärfe, Konsistenz) – maßgeblich an Feingeschmack-Sensationen beteiligt. Bekannt ist auch, dass das Riechvermögen im Alter abnimmt. „Als besondere Therapie bei Riechstörungen zeigte das Riechtraining vielversprechende Ergebnisse, denn: Riechzellen sind zur Regeneration befähigt“, berichtet HNO-Arzt Dr. Gerold Besser vom AKH Wien. „Beim Riechtraining ‚schnüffelt‘ der Betroffene 6 bis 12 Monaten morgens und abends jeweils 20 Sekunden an vier verschiedenen Düften. Die Idee ist, bewusst die Riechzellen und Nerven in der Riechschleimhaut zu aktivieren und auch eine zentrale Regeneration zu fördern – mehrere, auch kontrollierte Studien bestätigten positive Effekte.“ Riechstörungen werden nicht immer erkannt und oft als Schmeckstörung interpretiert. Hinweise für Riecheinschränkungen sind z.B. weniger Appetit, einseitigere Ernährung und die Altersanorexia.

HNO-Ärzte raten zur HPV-Impfung

Univ. Prof. Dietmar Thurnher ist Vorstand der Klinik für HNO-, Kopf und Halschirurgie der Medizinischen Universität Graz. Er informiert über das Humane Papillomavirus. „HPV ist im Zusammenhang mit der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs und der Diskussion rund um die HPV-Impfung bekannt. Weniger bekannt ist bisher jedoch, dass die Hochrisiko HPV-Typen 16 und 18 auch in hohem Ausmaß Kopf- und Halskarzinome auslösen können.“ Schätzungen zufolge kommen rund 80 % aller Frauen und vermutlich auch Männer im Laufe ihres Lebens mit HPV in Kontakt. Die Übertragung erfolgt dabei ausschließlich über Hautkontakt oder Geschlechtsverkehr. „Die meisten HP-Viren werden glücklicherweise vom Immunsystem eliminiert. Wenn Erreger eines der Hochrisiko-Typen aber dauerhaft im Körper überleben, kann es zu Krebserkrankungen kommen. In Österreich sind derzeit ca. 50% aller Patienten mit Rachenkrebs auch mit einem HP-Virus infiziert, wobei die Rate steigend ist“, erklärt Prof. Thurnher. Die gute Nachricht ist, dass, HPV-positive Karzinome des Mundrachens eine günstigere Prognose haben als HPV-negative, da sie auf die typischen Therapien wie Chirurgie oder Bestrahlung mit Chemotherapie deutlich besser ansprechen. „Daraus lässt sich ableiten, dass die HPV-Impfung im Jugendalter eine sehr positive Auswirkung haben wird.“ Österreich hat 2014 als erstes Land in Europa die Kosten der Impfung für Mädchen und Buben im Schulalter übernommen.

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