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Wiener Polizei lud russische Aktivisten zu Ukraine-Seminar

Die Wiener Landespolizei unter Polizeipräsident Gerhard Pürstl erklärte am Dienstag: Es habe sich dabei lediglich "um eine subjektive Veranschaulichung einzelner Teilnehmer der Veranstaltung".
Die Wiener Landespolizei unter Polizeipräsident Gerhard Pürstl erklärte am Dienstag: Es habe sich dabei lediglich "um eine subjektive Veranschaulichung einzelner Teilnehmer der Veranstaltung". ©APA/HERBERT NEUBAUER
Ende Juni hat die Wiener Polizei eine interne Fortbildungsveranstaltung zur Ukraine mit dem "Koordinationsrat der Organisation russische Landsleute" (KSORS) ausgerichtet.

Dieser veröffentlichte die Präsentationen am Montag teilweise auf Facebook. Dabei sind auch Thesen zu hören, die zur Rechtfertigung des Kriegs gegen die Ukraine verwendet werden. Bei ukrainischen Diplomaten in Wien sorgte diese Zusammenarbeit der Polizei mit dem Kreml-loyalen Verband für "riesige Empörung".

Wiener Polizei lud russische Aktivisten zu Ukraine-Seminar ein

Neben dem von der Polizei direkt eingeladenen Wiener Slawisten Alois Woldan traten zumindest drei vom "Koordinationsrat der Organisation russische Landsleute" nominierte Experten beim Seminar auf, das laut APA-Informationen am 29. Juni in der Landespolizeidirektion Wien am Schottenring stattfand. Eine in der russischen Szene in Wien bekannte Aktivistin namens Jelena, die sich nach 2014 mit "humanitären Lieferungen" in de facto von Russland kontrollierte Teile der Ostukraine beschäftigt hatte, erläuterte etwa das Wesen des ukrainischen Nationalismus: Wie könne es sein, dass der ukrainische Staat andere ukrainische Städte unter russischer Besatzung bombardiere, fragte sie. "Wenn man diese Theorien (aus den 1930ern, Anm.) genau betrachtet, dann sieht man, dass für ukrainische Nationalisten diese unüberzeugten Ukrainer vernichtet gehören, weil sie ihre ukrainische Herkunft nicht so wertschätzen wie sie müssen", erläuterte die Aktivistin vor - so KSORS - "hochrangigen Vertretern der Polizei".

Russische Propaganda Wiener Polizei-Seminar

Die selbst aus Luhansk stammende Historikerin Jelena S. sprach einerseits darüber, dass im 17. Jahrhundert das Begriff "Ukraine" kaum verwendet worden war, erzählte aber andererseits auch über einen umstrittenen Vorfall im Februar 2014, der jedenfalls vom russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Rechtfertigung der Krim-Annexion verwendet worden war. Der Psychologe Dmitri K. setzte sich indes kritisch mit Kampagnen der ukrainischen Diaspora auseinander und sprach von Kommunikation mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). K. erkannte in ukrainischer Kritik an einem Plakat das Wirtschaftskammer Wien, auf denen ein russisch-ukrainisches Ehepaar gezeigt wurde, aber auch das "offene Auftauchen" einer "Ideologie von Hass gegen die Russen oder totale Vernichtung".

Ukrainische Botschaft in Wien: "Die Empörung ist riesig"

"Die Empörung ist riesig", kommentierte gegenüber der APA am Dienstag ein Vertreter der ukrainischen Botschaft in Wien. Er klagte darüber, dass staatliche Institutionen in Österreich Russen die Gelegenheit gegeben hätten, Propaganda voranzutreiben. "Das sind Narrative, die die Legitimierung schaffen, Ukrainer zu töten", erläuterte der Diplomat. Denn in dieser russischen Darstellung seien alle Ukrainer Nazis und müssten deshalb "denazifiert" werden. Um die Hintergründe des Seminars zu klären, suchte die ukrainische Botschaft laut APA-Informationen zudem Gespräche mit den zuständigen Behörden.

Polizei Wien distanziert sich von der

"Die Landespolizeidirektion Wien und auch das Bundesministerium für Inneres distanzieren sich von den veröffentlichten subjektiven Darstellungen und Meinungen", erklärte der APA am Dienstagabend ein Sprecher der Wiener Polizei. Es habe sich dabei lediglich "um eine subjektive Veranschaulichung einzelner Teilnehmer der Veranstaltung" gehandelt, die nicht den Standpunkt der Behörden wiedergäben.

Die Präsentationen selbst hätten im Rahmen des Projekts "Sicherheit und Polizei" des Landeskriminalamts Wien, Assistenzbereich Kriminalprävention, stattgefunden. Polizisten sollten hier von Fremden aufgeklärt werden, die Kompetenz von Polizistinnen und Polizisten erweitert sowie die Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt werden. Während Experten dabei die Möglichkeit gehabt hätten, ihren subjektiven Standpunkt darzustellen, hätten Polizistinnen und Polizisten unter anderem erkennen sollen, welche Diskurse in Bevölkerungsgruppen geführt werden und in welcher Lage sich diese Bevölkerungsgruppen in Österreich befinden, erläuterte der Sprecher.

(APA/Red)

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