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Zeitdruck prägte Arbeitswelt schon vor der Coronakrise

Der Arbeitsdruck war schon vor der Coronakrise hoch.
Der Arbeitsdruck war schon vor der Coronakrise hoch. ©APA/BARBARA GINDL
Hohen Arbeitsdruck gibt es nicht erst seit der Coronakrise. Für viele Erwerbstätige zählte schon davor Zeitdruck und Flexibilität zum Arbeitsalltag.

Die Coronakrise hat den Druck in der Arbeitswelt erhöht und für viele sogar zum Jobverlust geführt. Doch hohe Flexibilität und Zeitdruck prägten das Arbeitsleben auch schon vor der Pandemie. 41,5 Prozent der Erwerbstätigen machten 2019 regelmäßig Überstunden - sie mussten "zumindest einmal im Monat" früher zu arbeiten beginnen oder später aufhören, wie aus einer Auswertung der Statistik Austria betreffend 2019 hervorgeht. 40,5 Prozent waren immer oder häufig unter Zeitdruck.

12,6 Prozent arbeiten im vergangen Jahr immer unter Zeitdruck

Der Stresslevel im Detail: rund ein Zehntel (12,6 Prozent) arbeitete im abgelaufenen Jahr immer unter Zeitdruck, bei weiteren 28 Prozent war dies oft der Fall und bei 41,3 Prozent manchmal. Nur 18,1 Prozent hatten nie Stress. Das zeigt die von Statistik Austria am Montag veröffentlichte Erhebung zu Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung 2019.

Die Branche mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten, die "immer" unter Zeitdruck arbeiteten, war Beherbergung und Gastronomie (18,2 Prozent). Überdurchschnittlich oft unter ständigem Zeitdruck standen Beschäftigte in den Bereichen Verkehr (17,9 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (17,4 Prozent), Bau (13,6 Prozent) und Handel (13,4 Prozent). Inklusive der Erwerbstätigen, die angaben, "häufig" unter Zeitdruck zu arbeiten, steigt der Anteil in Beherbergung und Gastronomie auf mehr als die Hälfte (53 Prozent). In dieser Branche hatte der Stressanteil auch bereits 2015 diese Größenordnung erreicht. Damals führte die Statistik Austria eine thematisch ähnliche Erhebung durch.

Oft mussten Überstunden geleistet werden

Auch Mehrstunden standen häufig auf der Agenda. 27,1 Prozent der Erwerbstätigen wurden "mindestens einmal wöchentlich" zu einem früheren Arbeitsbeginn oder späteren Arbeitsende aufgefordert, bei 14,4 Prozent war dies seltener, aber "mindestens einmal monatlich" der Fall.

Selbstständige gaben mit 45 Prozent fast doppelt so oft wie Unselbstständige (24,6 Prozent) an, zumindest einmal in der Woche länger bleiben oder früher kommen zu müssen. Hier bestanden auch deutliche Unterschiede zwischen den Berufsgruppen bzw. Tätigkeitsniveaus: Besonders von Mehrarbeit betroffen waren Führungskräfte (51,4 Prozent), Fachkräfte in der Land- und Forstwirtschaft (37,3 Prozent) sowie Beschäftigte in akademischen Berufen (32,8 Prozent).

Nach Branchen betrachtet wurden Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft (35,5 Prozent) sowie Erwerbstätigen in der Erbringung von freiberuflichen und technischen Dienstleistungen (35 Prozent) am häufigsten flexible Arbeitszeiten abverlangt. Im Vergleich zum Jahr 2015 sei die Forderung nach flexiblem Arbeiten "vor allem für selbstständig Erwerbstätige markant gestiegen", so die Statistik Austria.

Flexibilität wurde geringer

In die andere Richtung ist die Flexibilität wesentlich geringer - kurzfristig ein bis zwei Stunden freizubekommen war im abgelaufenen Jahr nur für ein gutes Drittel der Erwerbstätigen sehr einfach (36,7 Prozent), spontan ein bis zwei Tage wegzubleiben lediglich für knapp ein Viertel (24,5 Prozent).

Wesentliche Unterschiede bestanden dabei selbstständig und unselbstständig Erwerbstätigen: Während sich Selbstständige 2019 zu 77,5 Prozent sehr leicht kurzfristig ein bis zwei Stunden freinehmen konnten, war dies nicht einmal für ein Drittel der unselbstständig Beschäftigten (31 Prozent) möglich. Auch das kurzfristige Freibekommen für ein bis zwei Tage fiel Selbstständigen mehr als doppelt so häufig sehr leicht (48,6 Prozent) als Unselbstständigen (21,1 Prozent).

Große Unterschiede bei den einzelnen Berufen

Deutliche Unterschiede waren naturgemäß zwischen Berufen, Branchen und ausgeübten Tätigkeitsniveaus zu erkennen. Insbesondere Erwerbstätige in Hilfs- und angelernten Tätigkeiten beziehungsweise in den Branchen Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, Verkehr sowie in der Beherbergung und Gastronomie hatten es deutlich schwerer, sich kurzfristig für einige Stunden oder auch Tage auszukoppeln. Die Angaben der Erwerbstätigen deuten laut Statistik Austria darauf hin, dass es im Vergleich zu 2015 nicht nur "deutlich schwieriger geworden ist sich spontan wenige Stunden freizunehmen, sondern auch ein bis zwei Tage".

Großteil wird auch in der Freizeit kontaktiert

Ein Gros der Erwerbstätigen wird auch immer wieder in der Freizeit dienstlich kontaktiert. Im Vorjahr waren davon 40,5 Prozent "zumindest einmal in zwei Monaten" betroffen. Selbstständige wurden eher außerhalb der Arbeitszeit bezüglich ihrer Arbeit kontaktiert (62,8 Prozent) als Unselbstständige (37,4 Prozent). Bei Erwerbstätigen mit hohem Tätigkeitsniveau oder hoher formaler Ausbildung ist dies generell öfter der Fall als bei Erwerbstätigen mit niedrigem Tätigkeitsniveau oder niedrigerer Ausbildung. Die Kontaktaufnahme in der Freizeit gingen zwar laut Statistik Austria im Vergleich zu 2015 insgesamt zurück, für selbstständig Erwerbstätige intensivierten sich jedoch die beruflichen Kontakte in der Freizeit.

Bei den hier präsentierten Ergebnissen zur Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung in Österreich handelt es sich den Angaben zufolge um Daten aus dem Ad-hoc-Modul 2019 zur europäischen Arbeitskräfteerhebung, die in Österreich im Rahmen des Mikrozensus durchgeführt wurde. Der Mikrozensus ist eine Stichprobenerhebung in Haushalten. Dabei erhob die Statistik Austria in standardisierter Form Informationen zur Arbeitsmarktsituation in Österreich in zufällig ausgewählten privaten Haushalten. Im Rahmen dieses Moduls wurden 17.669 Personen befragt. Diese Daten wurden anschließend auf die Bevölkerungszahl hochgerechnet.

(APA/Red)

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