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Preise für Fernwärme in Wien steigen um 92 Prozent

Von der Preissteigerung bei Fernwärme sind in Wien über 440.000 Haushalte betroffen.
Von der Preissteigerung bei Fernwärme sind in Wien über 440.000 Haushalte betroffen. ©APA/HELMUT FOHRINGER
In Wien soll der Preis für Fernwärme um 92 Prozent steigen, wie am Mittwoch bestätigt wurde. Über 440.000 Haushalte sind davon betroffen.

Nach den zuletzt stark gestiegenen Preisen für Heizöl und Gas wird nun auch die Fernwärme teurer: Die Wien Energie möchte die Preise für die Fernwärme um 92 Prozent erhöhen.

Man habe einen Antrag auf Anpassung des amtlichen Preisbescheids gestellt, hieß es in einer Aussendung am Mittwoch. Die wirtschaftlichen Entwicklungen würden eine deutliche Erhöhung erzwingen, wurde versichert. Mit Fernwärme werden etwa 440.000 Haushalte beliefert.

Wien Energie: Fernwärme soll um 92 Prozent teurer werden

Der Antrag wird in weiterer Folge von der Stadt Wien und den Behörden geprüft. Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer sind laut Wien Energie ebenfalls Mitglieder der Preiskommission.

"Wir haben keine andere Wahl. Das sind die bitteren Folgen der weltweiten Energiekrise und beispiellos explodierender Großhandelspreise. Die Teuerung wurde durch die russische Invasion in der Ukraine weiter zugespitzt - es ist leider keine Entspannung der Preis-Lage in Sicht", begründete Michael Strebl, der Vorsitzende der Wien-Energie-Geschäftsführung, den Schritt.

Preissteigerungen wegen Energiekrise

Bereits seit Herbst 2021 hätten sich massive Preissteigerungen an den Energiegroßhandelsmärkten gezeigt, der Ukraine-Krieg habe diese Entwicklung noch einmal verstärkt. Im Großhandel haben sich laut Wien Energie die Gaspreise im Vergleich zum Vorjahr vervielfacht, der österreichische Gaspreisindex stieg gegenüber Juni 2021 demnach um mehr als 420 Prozent.

Mehrkosten von 45 Euro pro Monat für Wiener Haushalt

Wird dem Antrag stattgegeben, wird sich der Fernwärmepreis zur kommenden Heizsaison mit plus 92 Prozent in etwa verdoppeln. Für einen durchschnittlichen Wiener Haushalt bedeutet das Mehrkosten von etwa 45 Euro monatlich, rechnete das Unternehmen vor. Wien Energie versorgt laut eigenen Angaben mehr als 440.000 Haushalte in Wien mit Fernwärme.

Zuletzt wurden die Preise 2016 erhöht. Nun sei der Schritt allerdings "ohne Alternative", wurde beteuert. Auch die effiziente Erzeugung in den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie die Nutzung der Wärme aus der Müllverbrennung und industrieller Abwärme könnten die Preis-Entwicklungen nicht mehr ausreichend abfedern.

Wien-Energie-Ombudsstelle stockt Ressourcen auf

"Es gibt nichts zu beschönigen. Die Preiserhöhung ist drastisch, aber es gibt nur einen Weg: Wir müssen raus aus Gas. Das gelingt nur durch massive Investitionen in erneuerbare Wärme. Dafür brauchen wir ausreichend wirtschaftliche Stabilität und müssen finanzielle Verluste vermeiden", sagte Strebl. Bis 2040 soll die Fernwärme in Wien klimaneutral werden und damit auch unabhängig von teuren Gas-Importen sein.

Kunden, für die die finanzielle Mehrbelastung schwer zu stemmen ist, können sich an die Wien-Energie-Ombudsstelle wenden. Die Ressourcen dort würden bis zum Herbst zusätzlich aufgestockt, wurde versprochen.

Preiskommission nimmt Erhöhung unter die Lupe

Die zuständige Behörde für die Erlassung eines neuen Preisbescheides ist die Magistratsabteilung 62 (Wahlen und verschiedene Rechtsangelegenheiten). Laut dem Büro von Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) wird die amtliche Preiskommission nun abklären, in welcher Dimension die Erhöhung gerechtfertigt ist bzw. ob der Antrag den rechtlichen Vorgaben entspricht. Vorgesehen ist ein Verfahren nach dem Preisgesetz und dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz.

Dort haben die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer sowie die Landwirtschaftskammer Parteienstellung. Das entsprechende Verfahren dauert üblicherweise etwa drei Monate, hieß es auf APA-Anfrage. Der Fernwärmepreis setzt sich übrigens aus einem Grundpreis und einem Arbeitspreis zusammen. Ersterer deckt die Bereitstellung der Wärme, Wartung und Service sowie Ablesung- und Abrechnungsdienstleistungen ab. Der Arbeitspreis ist die tatsächlich verbrauchte Wärme.

200 Euro für besonders betroffene Wiener

Hanke verwies in einer Stellungnahme auch auf die von der Stadt initiierte neue Energieunterstützung. 260.000 besonders betroffene Wienerinnen und Wiener würden ab Ende Juni 200 Euro direkt auf ihr Konto bekommen, betonte er. Aber Herbst werde der Kreis der Bezieher zudem erweitert.

AK reagiert empört auf drastische Preiserhöhung bei Fernwärme

Mit Empörung reagierte die Arbeiterkammer (AK). Fernwärme werde überproportional häufig von einkommensschwachen Haushalten genutzt. Mit der Erhöhung drohe vielen Menschen nun der endgültige Absturz in die Armut, so AK-Präsidentin Renate Anderl am Mittwoch in einer Aussendung. Gefordert sei nun eine Ausgleichszahlung für betroffene Haushalte.

Die Wiener Grünen pochten auf eine Abschöpfung bzw. eine Umverteilung der Gewinne von Wien Energie. "Wir müssen jetzt die Gewinne der Wien Energie an die Bevölkerung weitergeben, anstatt sie mit einer Verdopplung der Preise noch weiter zu belasten", so die Wiener Parteivorsitzende Judith Pühringer in einer Mitteilung.

Wiener Grüne für Umverteilung der Gewinne von Wien Energie

In ein ähnliches Horn stieß der Bundesobmann-Stellvertreter der Freiheitlichen Wirtschaft, Reinhard Langthaler. Schon jetzt kämen viele Menschen nicht mehr mit ihrem Geld aus, die Erhöhung mache es noch schlimmer. Langthaler appellierte an die Wiener Wirtschaftskammer, sich in der Kommission gegen die Preissteigerung zu stemmen.

Für ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner liegt die Verantwortung bei der rot-pinken Stadtregierung. "Der Wiener Weg bedeutet massive Mehrbelastung für die Wiener Bevölkerung." Da die Fernwärme zu den Wiener Stadtwerken gehöre und sich damit im Eigentum der Stadt Wien befinde, könne Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Verantwortung auch nicht abschieben, meinte sie.

(APA/Red)

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