Reizthema Impfung - neue VOL.AT-Infoserie

Teil 3: "Risiken, Impfpflicht und Mythen rund um die Impfung"
Im Rahmen einer VOL.AT-Miniserie zum Thema "Corona-Impfung" erklärt Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des Molekularbiologischen Labors VIVIT in Dornbirn, wissenschaftliche Hintergründe zum Thema, das aktuell wohl wie kein anderes die Schlagzeilen beherrscht. Im dritten Teil spricht der Genetiker und Molekularbiologe über generelle Risiken, Impfzwang und Fake-News rund um die Impfung.
VOL.AT: Die Menschheit hat bereits schlechte Erfahrungen mit Medikamenten oder Impfungen gemacht. Wie sehen Sie das?
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Das bekannteste Negativbeispiel dürfte der in den 60er-Jahren aufgedeckte Contergan-Skandal sein. Contergan wurde als Schlafmittel und Mittel gegen die Schwangerschaftsübelkeit eingesetzt und führte gehäuft zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Contergan war in Deutschland rezeptfrei erhältlich, in Österreich hingegen nur auf Rezept, weswegen es bei uns wesentlich weniger Fälle gab. Der fast 60 Jahre alte Skandal führte zu einer wesentlichen Verschärfung der Zulassungsbedingungen für Medikamente. Aktuell wird die bis vor der Coronavirusimpfstoff-Diskussion kaum wahrgenommene und vor über zehn Jahren in vielen Ländern durchgeführte Schweinegrippeimpfung in vielen Medien als Negativbeispiel für eine Impfung mit starken Nebenwirkungen angeführt. Auch damals wurde der Impfstoff, eine Art Totimpfstoff, rasch entwickelt und viele Millionen Menschen damit geimpft. In 161 von über 30 Millionen Geimpften wurde als Nebenwirkung Narkolepsie diagnostiziert, eine unheilbare Nervenkrankheit, welche zu plötzlichen Schlafattacken während des Tages führt. Besonders tragisch war, dass die Narkolepsie insbesondere bei Kindern und Jugendlichen auftrat, während Erwachsene kaum betroffen waren. Wie viele andere Totimpfstoffe enthielt auch der Schweinegrippeimpfstoff Zusatzstoffe, sogenannte Adjuvantien, welche die Impfwirkung verstärken, aber immer wieder im Verdacht stehen, Nebenwirkungen hervorrufen zu können. Die vor der Zulassung stehenden mRNA- oder Vektor-Impfstoffe kommen allerdings ohne Adjuvans aus, sodass hier keine Gefahr besteht. Auch sind die aktuell verwendeten Adjuvantien mittlerweile gut überprüft, sodass schwere Nebenwirkungen unwahrscheinlich sind. Unklar ist bis heute auch, ob die Nebenwirkungen der Schweinegrippeimpfung auf die verwendete Adjuvantien zurückzuführen sind oder auf das Schweinegrippevirus an sich.
VOL.AT: Wissenschaft in Zeiten von Fake-News & Co: Wie gehen Sie persönlich mit der aktuellen Situation um? Wie gefährlich sind solche Verschwörungsmythen?
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Diese sind für mich größtenteils erstaunlich, v.a. in einem Land mit freier Presse und offenem Zugang zum Internet und dadurch leicht überprüfbaren Informationen. Für mich ist die Gefährlichkeit von Verschwörungsmythen schwer beurteilbar, da ich nicht einschätzen kann, wie viele tatsächlich daran glauben oder nur durch Abstrusität besonders stark auffallen. Ständige Aufklärung und Transparenz erscheinen gute Mittel dem entgegenzuwirken, auch wenn viele aus Prinzip Wissenschaft, Medizin oder der Regierung misstrauen.
VOL.AT: „Testen & Impfen“ soll die Strategie fürs Frühjahr lauten. Was bedeutet das für Ihr Institut?
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Meine KollegInnen und ich testen uns seit einigen Wochen selbst regelmäßig zu Hause mit Antigentests. Dies werden wir bis zur Impfung auch weiter machen, um andere nicht anzustecken bzw. als K1 Personen in Quarantäne geschickt zu werden. Was das Impfen angeht, werde ich mich, sobald eine Impfung verfügbar ist, auch impfen lassen. Dies rate ich trotz eines Restrisikos an Nebenwirkungen auch jedem, der mich danach fragt. Ohne Impfen gefährden wir nicht nur uns selbst oder andere, sondern werden auch die mit der Coronakrise verbundenen Einschränkungen nicht los.
VOL.AT: Wie stehen Sie zu einer direkten oder indirekten Impfpflicht?
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Aktuell stellt sich die Frage gar nicht, da ohnehin nicht für alle ausreichend Impfstoff verfügbar sein wird. Auch ist momentan nicht klar, inwieweit ein Impfstoff nicht nur vor Ausbruch einer COVID-19 Erkrankung schützt, sondern auch vor einer Ansteckung bzw. Weitergabe des Virus. Sollte Letzteres gegebenen sein, könnte man andenken, in Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personen, wie in Alten- oder Pflegeheimen, nur mehr geimpftes Personal in die persönliche Betreuung der Menschen einzusetzen und Nichtgeimpfte eher in der Verwaltung. Eine direkte Impfpflicht gegen COVID-19, wie bis vor 40 Jahren gegen die Pocken, wird in Österreich von keinem Entscheidungsträger befürwortet.
(VOL.AT)