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Live aus dem Epizentrum: Ein Hausbesetzer erzählt

Gute Laune und jede Menge "Freie Energie" hinter den Mauern des besetzten Hauses
Gute Laune und jede Menge "Freie Energie" hinter den Mauern des besetzten Hauses ©Vienna Online
Das Haus in der Lindengasse in Wien-Neubau ist seit einigen Wochen besetzt. Der Gebäudeinhaber BUWOG plant die Räumung in naher Zukunft. Vienna Online gelang es heute, von den Hausbesetzern selbst ein paar Statements zum Status Quo zu erhalten.
BUWOG: Hausbesetzer raus
Räumung droht
Eine schräge Pressekonferenz
Live vom Stadtreporter

Wer die offizielle Info-Line des besetzten Hauses anruft, bekommt einen gutgelaunten jungen Mann an den Apparat, der sich mit den Worten “Epizentrum, Live von der Couch, Hallo?” meldet. Die Grundstimmung im Haus scheint fröhlich und offen, im Hintergrund sind Stimmengewirr und Gelächter zu hören. Ernsten Fragen wird zumeist mit unbekümmerten Flapsigkeiten begegnet. Dennoch ist der Standpunkt der Hausbesetzer in vielerlei Hinsicht aufschlussreich.

Denn schenkt manihnen Glauben, so stimmt die Realität der aktuellen Entwicklungen absolut nicht mit den Medienberichten überein. Eine Pressekonferenz der Besetzer, die laut APA am Freitag stattgefunden habe, sei in Wahrheit erst am Montag über die Bühne gegangen und habe “total konstruktive Gespräche” gebracht, wie Tommy, der Hausbesetzer, Vienna Online am Telefon versicherte. Worauf man sich dabei geeinigt habe, könne er aber nicht genau sagen. Einen offiziellen Sprecher gäbe es nicht, alle Besetzer seien mehr oder weniger gesprächsbereit. Die BUWOG sei zur Pressekonferenz zwar eingeladen gewesen, aber der Einladung leider nicht nachgekommen.

“Nicht reinlassen, wer uns raushaben will”

Stattdessen habe man versucht, das Haus zu räumen, und zwar seitens der BUWOG und der Baupolizei, die Tommy als “Stapo” bezeichnete und meinte: “So viele Lederjacken und Flinserl hab ich schon lang nimmer auf einem Haufen gesehen”. Die Hausbesetzer hätten sich gewehrt und die Eindringlinge nicht ins Haus gelassen. “Das ist unsere Art: Niemanden reinlassen, der uns raushaben will”, so Hausbesetzer Tommy. Eine Deadline zur Räumung gäbe es, diese sei bereits überschritten. Vor 17 Tagen sei diese ungefähr angesetzt gewesen.

Zur Frage nach den Gegebenheiten im Haus fand Tommy mehr oder weniger klare Worte. Beim Beziehen des Hauses habe man, verantwortungsvoll wie man sei, natürlich den offenen Gashahn geschlossen. O-Ton Tommy: “Bei uns geht nämlich alles um Verantwortung, bei der BUWOG geht alles ums Verarschen.” Die Hausbesetzer wüssten, dass sich ein Gasleck nicht im Haus, sondern draußen unter der Straße befände, und nutze kein Gas im besetzten Haus.

Hausbesetzer nutzen Freie Energie statt schnödem Strom

Was den Stromverbrauch betrifft, fand der Hausbesetzer weniger klare Worte. Auf die Frage, ob denn im Haus Strom verbraucht werde, erwähnte er das Konzept der “Freien Energie” und reichte den Hörer an einen gewissen Manfred weiter, der dafür der Experte sei. Manfred erklärte, dass alle Menschen über “Freie Energie” verfügten, sich aber selbst zensurieren würden, und diese daher nicht nutzen könnten. Sexualität sei eine Möglichkeit, sich der “Freien Energie” zu bedienen, von der man auch im Haus Gebrauch mache. Ganz ohne Elektrizität ginge es aber nicht, räumte Manfred ein,die Besetzer nützten also teils “Freie Energie”, teils herkömmlichen Strom.

Die Hausbesetzer gaben sich insgesamt offen und gastfreundlich. Eine Einladung zum Power Yoga im besetzten Haus am frühen Dienstagnachmittag wurde gegenüber Vienna Online ebenso ausgesprochen wie zu einem Konzert am Montagabend. Die “Chaoten” gaben sich insgesamt hoffnungsvoll, das von ihnen eroberte Objekt noch so lange wie möglich nutzen zu können. BUWOG-Pressesprecher Thomas Brey gab Vienna Online ebenfalls ein ausführliches Interview und schilderte seine Sicht der Dinge, die sich teils erheblich von jener der Hausbesetzer unterscheidet.

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