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Kleinwalsertal-Besuch: Harsche Kritik von der Opposition

Erzürnte SPÖ will Landtagsanfrage stellen
Erzürnte SPÖ will Landtagsanfrage stellen ©VOL.AT | APA
Vorarlberger SPÖ und Grüne haben am Donnerstag als Konsequenz aus dem Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) die Gleichbehandlung aller Bürger gefordert.
Kanzler Kurz besucht das Kleinwalsertal
Reaktion aus dem Kanzleramt

Während sich die SPÖ als Oppositionspartei erzürnt zeigte, wiesen die Grünen als Regierungspartner der ÖVP darauf hin, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen werden dürfe.

Staudinger ortet Verhöhnung

SPÖ-Landesparteivorsitzender Martin Staudinger fragte: "Gelten Regeln nur für 'normale Bürgerinnen und Bürger' und nicht für Landeshauptmann und Bundeskanzler?" Die Bilder aus dem Kleinwalsertal seien eine Verhöhnung all jener, die sich seit Wochen penibel an die Hygiene-Vorschriften gehalten haben. "Offenbar waren die Bilder von jubelnden Menschen wichtiger als deren Gesundheit und Sicherheit", so Staudinger. Seiner Meinung nach ist damit "ein großer Teil der Bemühungen der letzten Wochen zerstört worden", kündigte Staudinger eine Landtagsanfrage an.

VOL.AT/Paulitsch

Staudinger störte sich ebenso daran, dass spazierende Familien in den vergangenen Wochen von den Bezirkshauptmannschaften bestraft wurden, Kurz und Wallner aber badeten in der Menge. An diesem Punkt hakte auch Eva Hammer ein. Die stellvertretende Klubofrau der Vorarlberger Grünen stellte fest: "Egal ob hohe Amtsträger oder Jugendliche im öffentlichen Raum - es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden." Sie wisse von Geldstrafen für Jugendliche von bis zu 900 Euro, weil sich diese im Freien getroffen hätten. Ermahnung habe es keine gegeben. Eine Geldstrafe sollte erst "letzte Konsequenz" sein - nach einem Gespräch und einer schriftlichen Aufforderung.

Kurz für Kickl "Lebensgefährder"

Empört über die Szenen beim Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Kleinwalsertal haben sich auch die Bundesorganisationen von SPÖ und FPÖ gezeigt. Was in puncto Abstandsregeln für alle gelte, müsse auch für den Kanzler gelten, mahnten beide Parteien am Donnerstag. Kurz sei jetzt eindeutig ein "Lebensgefährder" - noch dazu, wo in der Menge viele ältere Menschen gewesen seien, befand FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl.

Diesen Terminus hatte Kurz' Parteikollege und Innenminister Karl Nehammer gebraucht, erinnerte Kickl, der die gesamte Regierung der "Heuchelei und Doppelmoral" bezichtigte. Kurz ignoriere "munter seine eigenen Vorgaben, obwohl ja angeblich die Apokalypse über Österreich hereinbricht, wenn man dem Wort des Kanzlers nicht buchstabengetreu Folge leistet".

Bundes-SPÖ schäumt

Die SPÖ echauffierte sich in einer Aussendung über die "Skandalbilder" aus Vorarlberg und die "Verhöhnung der Bevölkerung". "Seit Wochen werden Leute mit hohen Geldsummen bestraft, die sich nicht an die Abstandsregeln halten, in Wien wurden vom Bund riesige Parkanlagen gesperrt, tausende Menschen arbeiten den ganzen Tag mit Atemschutz", sagte Vizeklubchef Jörg Leichtfried. Doch "wenn der Kanzler meint, er muss einen Show-Auftritt machen, ist alles egal?", fragte er.

Leichtfried kündigte eine parlamentarische Anfrage gemeinsam mit SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwaller an. Es stelle sich die Frage nach der Organisation im Vorfeld. "Wir wollen vom Gesundheitsminister auch wissen, ob die zuständige Bezirkshauptmannschaft Bregenz davon gewusst hat und Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden", erklärte Leichtfried. Nehammer soll zum Vorgehen der Polizei befragt werden. "Dieser Skandal gehört aufgeklärt", forderten die beiden SPÖ-Abgeordneten.

NEOS fordern Entschuldigung

Die NEOS fordern von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine Entschuldigung für die Vorkommnisse bei seinem Besuch im Kleinwalsertal in Vorarlberg. "Was man gestern gesehen hat, entbehrt jeglicher Ernsthaftigkeit und jeglichem Verantwortungsbewusstsein", kritisierte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Die NEOS zeigten sich am Donnerstag empört. Tausende Künstler dürfen nicht ein mal im Freien auftreten und bangen um ihre Existenz und der Kanzler inszeniere sich. "Die Leute sind angefressen", sagte Meinl-Reisinger. "Ich erwarte mir eine Entschuldigung von Kurz und Landeshauptmann Markus von Wallner."

BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Anzeige angekündigt

NEOS-Abgeordneter Sepp Schellhorn kündigte Mittwochabend eine Anzeige an. Meinl-Reisinger sagte auf Nachfrage, dass eine Anzeige geprüft werde. Es könne nicht sein, dass viele Menschen in den letzten Wochen 500 Euro zahlen mussten, weil sie auf einer Parkbank oder zu viert im Auto gesessen sind und der Kanzler die Regeln nicht einhalte.

Empört reagierte auch NEOS-Generalsekretär Nick Donig in einer Aussendung. Mit seinem PR-Besuch in Vorarlberg habe Kurz monatelange und mehrere Millionen Euro teure Aufklärungsarbeit ad absurdum geführt. "Sebastian Kurz handelt offenbar nach dem Grundsatz: Alle Österreicherinnen und Österreicher sind gleich, aber manche sind gleicher. Damit ist er kein Vorbild für Österreich." NEOS prüfen nach der Versammlung rund um den Kanzlerbesuch im Kleinwalsertal eine Anzeige wegen Verstoß gegen die erlassenen Verordnungen. "Was für die Bürgerinnen und Bürger gilt, muss auch für den Bundeskanzler gelten", so Donig.

(APA)

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