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Masken von "Hygiene Austria" werden aus dem Sortiment genommen.
Masken von "Hygiene Austria" werden aus dem Sortiment genommen. ©APA, VOL.AT/Steurer

Supermarktriesen stoppen FFP2-Maskenverkauf

Spar, Hofer, Rewe und auch dm verkaufen keine Hygiene Austria Masken mehr. Spar erklärt: "Man kann derzeit nicht garantieren, dass die Masken aus Österreich sind und daher dieser Schritt."
Razzia bei Hygiene Austria

Die Händler dm, Hofer, Rewe und Spar haben angesichts der jüngsten Entwicklungen die FFP2-Masken von Hygiene Austria aus dem Sortiment genommen. Bisher wurden Millionen an Masken verkauft. Die Ketten betonten aber, dass sie über genügend andere Masken für Kunden und Mitarbeiter verfügen. Die Herkunft der FFP2-Masken von Hygiene Austria wird nun überprüft.

"Da wir unseren Kunden nur Ware anbieten möchten, wo das auch drin ist, was drauf steht, nehmen wir die Hygiene Austria Masken aus dem Sortiment", hieß es von Spar auf APA-Anfrage. "Man kann derzeit nicht garantieren, dass die Masken aus Österreich sind und daher dieser Schritt."

Ab sofort können keine FFP2-Masken von Hygiene Austria mehr bei Spar gekauft werden. "Es ist eine Kassensperre eingerichtet und die Ware wird aus den Regalen geräumt", sagte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Man habe aber genügend andere FFP2-Masken für Mitarbeiter und Kunden aus europäischer und asiatischer Produktion vorrätig.

Eine FFP2-Maske des Schutzmasken-Herstellers Hygiene Austria

Rewe: "Herkunft unklar"

Auch Rewe (Billa, Bipa, Merkur, Penny) reagierte auf die Ermittlungen gegen den österreichischen Maskenhersteller. Man nehme die Produkte "vorsorglich aus dem Verkauf, da ihre Herkunft (Produktionsort) unklar" sei, so ein Rewe-Sprecher. Selbstverständlich biete man weiterhin ausreichende Mengen FFP2-Masken von anderen Herstellern an.

Hofer: "Masken werden interner Prüfung unterzogen"

Auch der Diskonter Hofer stoppt den Verkauf von Hygiene-Austria-Masken. "Zusätzlich werden die Masken aktuell einer neuerlichen internen Prüfung durch unser Qualitätsmanagement unterzogen und wir nehmen die von Hygiene Austria bezogene Ware bis zur Klärung des Sachverhaltes vorsorglich aus dem Verkauf", hieß es von Hofer. "Was alle weiteren Schritte betrifft, warten wir die finalen Ergebnisse der gegenständlichen Untersuchung ab und werden die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten."

dm: "Retournieren den Bestand"

Die Drogeriemarktkette dm hat von Hygiene Austria Belege angefordert, dass man ausschließlich mit in Österreich produzierten Masken beliefert wurde. "Wenn dieser Nachweis nicht erbracht werden kann, dann werden wir den Bestand an den Hersteller retournieren, da dies für uns ein zentrales Kriterium bei der Auswahl des Lieferanten und des Produkts war", sagte ein dm-Sprecher.

Hygiene Austria - Kolba: "Das ist irreführende Werbung"

Dass der Maskenhersteller Hygiene Austria Masken womöglich in China produzieren ließ und sie als österreichische Produkte verkaufte, ist für den Konsumentenschützer Peter Kolba rechtlich fragwürdig. "Grundsätzlich ist eine falsche Herkunftsbezeichnung irreführende Werbung. Das ist relevant nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)", sagte der Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV) zur APA. Klagen dagegen sind möglich, Sammelklagen eher unwahrscheinlich.

Gegen irreführende Werbung können einerseits Mitbewerber rechtlich vorgehen, andererseits auch die Wirtschaftskammer (WKÖ), die Arbeiterkammer (AK) sowie der Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage. Kolbas VSV hat keine solche Klagslegitimation, möchte aber eine und hat kürzlich eine entsprechende Petition gestartet.

Verbraucher selbst können wohl nicht direkt gegen das Gemeinschaftsunternehmen des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing mit dem Textilkonzern Palmers vorgehen. Die meisten Österreich haben ihre Masken nämlich, so Kolba, nicht direkt bei Hygiene Austria gekauft, sondern über Zwischenhändler wie Apotheken. Gegenüber diesen könnten Konsumenten dann sehr wohl eine Irrtumsanfechtung machen und ihr Geld zurückverlangen, sagte Kolba am Donnerstag. "Wenn ich die Maske nicht mehr habe und sie im guten Glauben schon verwendet habe, kann ich trotzdem eine Irrtumsanfechtung machen", so der Jurist, der früher jahrelang die Rechtsabteilung des VKI leitete. Apotheken oder andere Zwischenhändler könnten dann Hygiene Austria in Regress nehmen.

Da jeder die Hygiene-Austria-Masken woanders gekauft hat, "kommt nie und nimmer eine Sammelklage zustande", so die Einschätzung Kolbas. Eine Sammelklage wäre aus seiner Sicht nur dann denkbar, wenn sich zum Beispiel mehrere Apotheken oder Supermarktketten zusammenschließen. Auch eine Verbandsklage seitens AK oder VKI hält Kolba für unwahrscheinlich. Die beiden Organisationen würden "nie und nimmer" die Erlaubnis des Sozialministeriums dafür bekommen, "dass man gegen eine regierungsnahe Firma Klagen führt", meint Kolba. Zu Hygiene Austria gibt es ja einen Politkonnex: Der Geschäftsführer der Firma ist ein Verwandter der Büroleiterin von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dass die Wirtschaftskammer von der Möglichkeit der Verbandsklage Gebrauch macht, ist noch unwahrscheinlicher, denn sie hat das laut Kolba noch nie gemacht. "Seit 1979 dürfte sie."

Sollte es zu einem Prozess kommen, müssten die Kläger dem Gericht noch glaubhaft machen, dass ihnen das "Made in Austria" extrem viel wert war. "Der Richter fragt unter Umständen: 'Was ist an einer chinesischen Maske schlechter als an einer österreichischen?'", skizziert Kolba. Bei einem Martinigansl wäre das vermutlich leichter darzulegen. "Da denkt sich jemand was, wenn draufsteht 'Weidegans aus Österreich'. Die ist dann anders aufgezogen als eine gestopfte Gans aus Ungarn."

Da FFP2-Masken nicht so viel kosten, dürften es sich wohl wenige Verbraucher antun, rechtlich etwas zu unternehmen, sich auch eher nicht bei AK oder VKI, sollten diese doch etwas initiieren, melden. "Wenn überhaupt, dann ist es ein Streu- und Bagatellschaden", so der VSV-Obmann. Er sieht da eine Lücke im kollektiven Rechtsschutz und spricht sich dafür aus, die Verbandsklage in Richtung Bagatellschäden auszubauen. Der rechtlich zuwiderhandelnde Unternehmer würde nur etwas spüren, wenn der Gewinn abgeschöpft wird, meint Kolba. "Sonst macht er's wieder, und die Konkurrenz auch."

Hygiene Austria: Lenzing zieht Zügel straffer und beauftragt Forensik

Mehrheitseigentümer Lenzing zieht beim Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria, der eine teilweise Fertigung seiner Masken in China eingeräumt hat, jetzt die Zügel straffer an. Wie schon länger geplant übernimmt der börsennotierte oö. Faserhersteller bei der Hygiene Austria LP GmbH die Managementkontrolle und setzt mit Stephan Sielaff einen zusätzlichen Geschäftsführer ein. Außerdem werde ein externes forensisches Untersuchungsteam bestellt, erklärte Lenzing am Donnerstag.

Das Forensik-Team solle zum Masken-Produktionsthema "Klarheit schaffen", hieß es dazu auf Nachfrage. Eine Zahl, wie viele FF2-Masken möglicherweise aus China bezogen worden sind, wird noch nicht genannt. Am Mittwochabend hatte Hygiene Austria mit dem Eingeständnis überrascht, zum Abdecken von Spitzennachfrage auch auf chinesische Lohnfertiger zurückgegriffen zu haben. Davor hatte man sich immer als "Made in Austria"-Produzent dargestellt, deshalb hatten sich auch Spitzenpolitiker ein Stelldichein bei Hygiene Austria gegeben. Die Vorwürfe von Betrug und Schwarzarbeit, denen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nachgeht, hat das Unternehmen am Mittwochabend "klar zurückgewiesen".

Sielaff, der nun als dritter Geschäftsführer bei der Hygiene Austria LP GmbH eingesetzt wird, ist hauptberuflich Vorstand für Fasern & Technik bei Lenzing, diplomierter Chemieingenieur und war von 1993 bis 2014 in Management-Positionen bei Unilever und Symrise tätig gewesen. Von 2014 bis Februar 2020 saß er im Vorstand des Schweizer Spezialchemie-Unternehmens Archroma, einem Zulieferer der Textil- und Papierindustrie.

Bisher werden die Geschäfte bei der Hygiene Austria LP GmbH von Tino Wieser und Stephan Trubrich geführt, wobei Tino Wieser (wie auch sein Bruder Luca Wieser) dem Vorstand des Hygiene-Austria-Minderheitseigentümers Palmers Textil AG angehört und Trubrich bei Lenzing mit dem Bereich Kapitalmarktaktivitäten befasst ist. An der Anteilsaufteilung 50,1 Prozent Lenzing und 49,9 Prozent Palmers soll sich nichts ändern, hieß es zur APA. Dass Lenzing bei der Maskenfirma die Managementkontrolle übernehmen will, ging bereits Anfang Februar aus einer Zusammenschlussanmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hervor. Die BWB hatte bis 2. März Zeit für die Prüfung.

FPÖ fordert umfassenden Masken-Rückruf

Nach den Durchsuchungen beim Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria wegen des Verdachts, dass in China produzierte Masken falsch etikettiert und als österreichische Produkte verkauft wurden, fordert FPÖ-Chef Norbert Hofer einen Rückruf der Masken. Diese sollten sowohl aus dem Handel als auch aus allen anderen Bereichen, wo sie ausgeliefert wurden, eingezogen werden, meinte Hofer am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Die Menschen "atmen durch diese Maske ein" und man müsse sicherstellen, dass keine Gesundheitsgefährdung bestehe, betonte Hofer. Die Behörden müssten Stichproben nehmen und die Masken untersuchen, ob sie den Wirkungskriterien entsprechen, verlangte der FPÖ-Chef. Die Supermarktkette Spar hat inzwischen angekündigt, nach den jüngsten Entwicklungen die FFP2-Masken von Hygiene Austria aus dem Sortiment zu nehmen.

Die FPÖ habe selbst "Nachforschungen" angestellt, und der Unterschied zwischen den Masken sei gar nicht so einfach zu erkennen, erklärte Hofer, aber die Masken aus China seien offenbar etwas kleiner, außerdem merke man einen kleinen Unterschied beim Schnitt. Aufklärungswürdig findet Hofer außerdem "Gerüchte", die die Freiheitlichen erreicht hätten, wonach es unter den Mitarbeitern, die Masken umgepackt haben, Corona-Fälle gegeben habe. Generell seien die Antworten von Hygiene Austria in der Causa "leider wenig wert".

Politisch könne man die ÖVP hier nicht aus der Verantwortung lassen, denn immerhin habe man dieses Unternehmen etwa mit öffentlichen Auftritten "besonders gepusht", meinte Hofer.

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(APA)

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