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Ein Festival für alle Wetterlagen

Die Schaffarei der AK schlägt am 6. September ihre Zelte in Hohenems auf

In Bludenz wurde Vorarlbergs erstes Festival zur Arbeitskultur witterungsbedingt zum intimen Erlebnis. Da war der ausklappbare Container gerade der rechte Ort, um über die Folgen ungebremsten Wirtschaftens nachzudenken.

„Isch das huara guat gsi“ steht im Gästebuch der Schaffarei, und gleich daneben: „Es war eine Freude mitschaffa z‘ künna.“ Dabei hat Bludenz gerade den kommenden Winter erahnen lassen. Am Vorabend hätte sich der Schulvorplatz spielend mit Konzertbesuchern gefüllt, hätte nicht ein Wolkenbruch George Nussbaumer und Philipp Lingg in den Container gezwungen. Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Open-Air wird zum Wohnzimmerkonzert, das Freiluftfrühstück anderntags zum improvisierten Kaffeehaus. Mit Rieblpfanne auf dem Gaskocher und frischer Alpbutter zum Kipfele.

Schaffen und „Freizeiten“
Die Soulstimme Vorarlbergs verleitet so viel Gemütlichkeit zum Wortspiel: Neben dem Schaffen müsse künftig zwingend „das Freizeiten“ stehen, witzelt George Nussbaumer, und Albert Lingg nickt lachend. Der ist Samstagmittag dran. Quasi als Vorspeise fürs blubbernde Gulasch. Aber Vorsicht, Lingg hat schwere Kost zubereitet. Der Psychiater und Psychotherapeut beleuchtet die Folgen von Arbeitslosigkeit, Mobbing und Überlastung.

40 Jahre ärztliche Erfahrung legt der Primar in die Waagschale. Er zeichnet ein facettenreiches Bild der Welt zwischen „Ich schaff das“, „Ich kann gerade noch“ und „Ich kann nicht mehr“. Lingg umkreist den Punkt, an dem professionelle Hilfe unumgänglich wird. Der Weg dorthin ist mit Vorzeichen gepflastert, die zu oft übersehen werden: Schlafstörungen etwa und seelische Unausgeglichenheit.

Schaffen und „Freizeiten“
Er erzählt von unlösbaren Fällen – „Selbstverbrenner werden immer dasselbe Schicksal erleiden“ – und geht mit den heutigen Lösungsmodellen hart ins Gericht. „Neben die Ökonomie sollte dringend die Ökologie der Arbeit treten“, rät Lingg. Sinn entdecken, verantwortlich leben, eine gute Selbstreflexion – die richtigen Ansätze wären bekannt. Aber sie müssen gebetsmühlenartig wiederholt werden, auch an Orten wie der Schaffarei.

Schaffarei tourt durch Vorarlberg
Die AK zieht mit der Schaffarei durchs Land. Das mobile Festivalgebäude war schon in Hard und Bludenz und reist als nächstes nach Hohenems, Schruns und Andelsbuch. Alle Infos gibt’s online unter schaffainvorarlberg.at

Buchtipp
Albert Lingg hatte eine Buchempfehlung im Gepäck. Geschrieben hat es der bekannte Nationalökonom Hans Christoph Binswanger. Er erlebt die moderne Wirtschaft als Fortsetzung der mittelalterlichen Alchemie. Wie man früher Gold herzustellen versuchte, macht sie heute aus Papier Geld. Aber der alchemistische Trick der Wirtschaft wird über kurz oder lang auffliegen. Ohne reale Gegenleistung wird das Wachstum aus dem Nichts ein sicheres Ende finden.

Geld und Magie, Verlag: Murmann Publishers. In der AK-Bibliothek ausleihbar.

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