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"Es tut sich viel in Vorarlberg!"

Julia Grahammer im Talk mit WANN & WO.
Julia Grahammer im Talk mit WANN & WO. ©Sams
Julia Grahammer, Geschäftsführerin von Startupland Vorarlberg, spricht im Talk über die Startup-Kultur im Ländle, warum Vorarlberg aufgrund einer fehlenden Uni hinterherhinkt, SchülerInnen, die kreative Lösungen für die Probleme dieser Welt finden – und warum sie nichts von einem „Silicon Ländle“ hält.

WANN & WO: Julia, vor vier ­Jahren wurde Startupland Vorarlberg gegründet. Wie siehst du das Ländle heute in Sachen Startupkultur aufgestellt?

Julia Grahammer: Wir sind vor vier Jahren angetreten, um Vorarl­berg – gemeinsam mit der hiesigen Szene – zu einem Startupland zu machen. Und mittlerweile tut sich schon sehr viel. Generell ist in Vorarlberg eine sehr durchmischte Szene zu finden, die sich durch alle Branchen zieht. Sehr spannend ist, dass auch sehr viele junge Teams gerade durchstarten: junge MacherInnen, die bereits erste Schritte gesetzt haben und ihre Ideen nun zur Marktreife führen. Es ist auch schön zu sehen, dass die ersten Produktionsstätten hier am Standort entstehen.

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WANN & WO: Wo steht Vorarlberg im internationalen Vergleich?

Julia Grahammer: Vorarlberg muss nicht unbedingt ein zweites Berlin werden. Meiner Meinung nach hat jeder Standort seine eigenen Vorteile. Vergleicht man Vorarlberg aber mit anderen Hotspots, muss man schon ehrlich gestehen, dass wir hierzulande in manchen Punkten noch hinterherhinken.

WANN & WO: Corona, Krieg in Europa, Teuerung, Lieferprobleme – die Zeiten, die wir aktuell erleben, sind keine einfachen: Wie ist die Stimmung in der Vorarlberger Startupszene?

Julia Grahammer: Die Gründerzahlen für Startups halten sich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Ab und zu gibt es einen leichten Einbruch, aber das sind natürliche Schwankungen. Sieht man sich die globalen Entwicklungen an, gibt es aber schon ein gewisses Sicherheitsdenken. Dennoch hält das die Startups nicht davon ab, weiterzumachen. Im Gegenteil: Es führt dazu, dass sehr innovativ gearbeitet wird, Geschäftsmodelle angepasst und neue Lösungen gefunden ­werden.

WANN & WO: Wird für Startups im Ländle genug getan?

Julia Grahammer: Sehr positiv ist: Für die Gründer in Vorarlberg gibt es erstklassige Netzwerke. Aber wie eingangs erwähnt: Wir hinken teilweise schon auch noch hinterher. Ein ganz konkretes Beispiel: Andere Regionen mit Universitäten haben einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber Vorarlberg. Es gibt dort mehr Talent und Kapital – und somit auch eine höhere Anzahl an Startups, weil es auch eine höhere Anzahl an Studenten gibt. Eine superwichtige Rolle im Entrepreneurship-Bereich spielt hierzulande die FH Dornbirn. Doch die Anzahl an Studenten, die an der FH sind, ist natürlich nicht vergleichbar mit anderen Standorten. Das soll die FH in keiner Weise degradieren, aber es ist ein Fakt – ganz ohne jegliche Wertung –, dass beispielsweise eine Uni Innsbruck ein Vielfaches an Studenten hat. Über eine Uni in Vorarlberg wird schon lange diskutiert, das ist ein ganz eigenes Thema. Aber hier haben wir noch ganz klar Aufholbedarf.

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WANN & WO: Wie sieht es in Sachen Fachkräftemangel bei den Startups aus?

Julia Grahammer: Das ist durchaus ein großes Thema, gerade wenn es um den Teamaufbau geht. Aber das ist ein Problem, dass sich aktuell in allen Wirtschaftsbereichen zeigt. Natürlich geht es auch um Finanzierungen, damit Ideen nicht nur entstehen, sondern auch am Standort wachsen können. Da sind wir in Vorarlberg sicher noch nicht auf dem Niveau, auf dem wir sein sollten.

WANN & WO: Ist die Startupthematik auch schon in den Schulen angekommen?

Julia Grahammer: Ja, absolut. Und das ist wirklich eine sehr schöne Entwicklung. Ich durfte auch gerade vergangene Woche bei der Entrepreneurship-Week in der Riedenburg in der Jury sitzen. Corona hat den jungen Menschen in den vergangenen zweieinhalb Jahren sehr zugesetzt. Und zwei Teams haben sich deshalb mit dem Thema Mental Health beschäftigt. Das fand ich sehr spannend. Die junge Generation geht bei solchen Problemstellungen nun direkt in ein Lösungsdenken hinein. Das ist ein Mindset, das wir im Land unbedingt brauchen: dass die Jungen Probleme selbst in die Hand nehmen und Lösungen erarbeiten – eben zu Themen wie Mental Health, Green-Tech oder Climate-Tech.

WANN & WO: Soll das Ziel ein „Silicon Ländle“ sein?

Julia Grahammer: Auch wenn man diesen Begriff immer wieder einmal liest und hört: Ich persönlich verwende diesen Ausdruck nicht. Denn ich bin der Meinung, dass jeder Standort seine eigene DNA haben soll. Was es in Vorarlberg aber braucht, ist eine klare Strategie, worauf genau der Fokus liegt. Wir haben sehr viel Know-how im Land und könnten ein wichtiger Standort für Wissen, Ideen und Kreativität werden. Aktuell ist Vorarlberg ein starker Industrie- und Tourismusstandort – und nun arbeiten wir mit Hochdruck daraufhin, auch ein Startupland zu werden. Und wir arbeiten daran, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit gute Ideen auch umgesetzt werden können.

Kurz gefragt

  • Welchen Tipp hast du für ­angehende Entrepreneurs? Wichtig sind der Glaube an die eigene Idee, ganz viel Disziplin und Durchhaltevermögen.
  • Stichwort „Fuck-up“: Gehören Fehler dazu? Fehler zu machen, bedeutet ja nicht gleich, mit seiner Idee zu scheitern. Aus Fehlern lernt man. Das ist aber auch eine Denkweise, die sich in der Vorarlberger Kultur erst noch festigen muss. 

Zur Person: Julia Grahammer

  • Alter, Wohnort: 30, Hard
  • Ausbildung/Funktion: HLW Rankweil, Bachelor-Studium FH Kufstein, Auslandsstudium Südfrankreich; Berufs­begleitendes Masterstudium Marketing & Sales FHV Dornbirn, Masterarbeit zu Startups; Seit 2018 GF Startupland Vorarlberg (Termintipp: Startupland Meetup Thema Nachhaltigkeit am 18.10/18.30 Uhr, Infos: www.startupland.at/termine); Seit 2020 GF Junge Wirtschaft Vorarlberg
  • Hobbys: Rennradfahren, Naturliebhaberin, backen; „Ab und zu bin ich auch auf der Yoga-Matte zu finden.“

(WANN & WO)

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