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Kleinunternehmen lernt Gnadenlosigkeit der Insolvenzordnung kennen

Das Geschäft von ULRIKA'S Lebensmittel Manufaktur in Dornbirn.
Das Geschäft von ULRIKA'S Lebensmittel Manufaktur in Dornbirn. ©Ulrika's Lebensmittel Manufaktur
Ein kleines Vorarlberger Unternehmen hat in den vergangenen Monaten unliebsame Erfahrungen mit den Mühlen der österreichischen Insolvenzordnung gemacht.

Von Günther Bitschnau (wpa)

Konkret geht es um den Lebensmittelhersteller ULRIKA'S Lebensmittel Manufaktur GmbH der geschäftsführenden Gesellschafterin Ulrika Eberle in Dornbirn. Ihr Beispiel zeigt, dass selbst nach einer sehr raschen Klärung des Sachverhaltes durch den Schuldner oder die Schuldnerin ein einmal gestartetes Konkursverfahren über Monate läuft, bevor es mangels Voraussetzungen wieder eingestellt wird. Der Image-Schaden ist da aber schon angerichtet.

Aufhebung mangels Voraussetzung

Das über das Unternehmen am Freitag, dem 19. August 2022 eröffnete Konkursverfahren unterscheidet sich schon allein vom Ablauf her deutlich von den meisten anderen Verfahren, die in der Insolvenzdatei eingesehen werden können. Denn bereits drei Tage nach der Eröffnung langte schon am darauffolgenden Montag ein Rekurs gegen die Konkurseröffnung beim Landesgericht Feldkirch ein. Am 5. Oktober 2022 wurde bekannt gegeben, dass die geplante Tagsatzung für die Verhandlung abgesagt wurde. Schließlich kam dann am 15. Dezember 2022 in der Insolvenzdatei die Mitteilung, dass die Wirkungen der Konkurseröffnung rechtskräftig beendet sind. Das Verfahren ist also offiziell aufgehoben. Es dauerte folglich vier Monate, bis öffentlich und rechtswirksam feststeht, dass die Voraussetzungen für ein Konkursverfahren nicht gegeben sind.

Eingeschriebener Brief nicht rechtzeitig angekommen?

Ulrika Eberle (Bild links) erklärte im wpa-Gespräch, dass sie in den Wochen vor der Konkurseröffnung mit der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK in Gesprächen über eine größere Nachzahlung gewesen sei, die nach einer Prüfung zu Tage gekommen sei. Nach dem Antrag auf Konkurseröffnung durch die ÖKG und eine Woche vor der tatsächlichen Konkurseröffnung habe sie der ÖGK und dem Landesgericht Feldkirch per eingeschriebenem Brief samt diversen Unterlagen mitgeteilt, dass die Finanzierung der Nachzahlung - unter anderem nach Gesprächen mit der Bank - gesichert sei. Das könne sie mittels Postbelegen beweisen. Zudem habe sie einen Teil der offenen ÖGK-Beiträge gleich bezahlt. "Für mich war die Angelegenheit damit erledigt."

Laufendes Verfahren nicht mehr zu stoppen

Aus den Medien habe sie schließlich erfahren, dass über ihr Unternehmen auf Antrag von dritter Seite - der ÖGK - ein Konkursverfahren eröffnet worden sei. "Das war ein Schock für mich und meine siebenköpfige Belegschaft." Ein Anruf bei Gericht am darauffolgenden Montag habe ergeben, dass dort mittlerweile fast zeitgleich mit der Insolvenzeröffnung Unterlagen eingelangt seien, die zeigen würden, dass die Konkursvoraussetzungen nicht mehr gegeben seien. "Allerdings sei das zu spät, da das Verfahren jetzt schon am Laufen sei, wurde mir mitgeteilt", so Eberle. Ihr bereits drei Tage nach Eröffnung eingebrachter Rekurs mit dem Beweis ihrer Zahlungsfähigkeit hat daran nichts mehr geändert. "In den Monaten danach ist man eigentlich entmündigt."

Sanierungsverfahren kam nicht in Frage

Der Image-Schaden und auch der wirtschaftliche Schaden, den das jetzt rechtskräftig aufgehobene Konkursverfahren in den vier Monaten angerichtet habe, sei enorm, so Eberle. Große Kunden wie eine österreichische Handelskette hätten sich sofort erkundigt, was es damit auf sich hat. "Ich musste hunderte Telefonate führen, um den Sachverhalt zu klären." Ein Großteil ihrer siebenköpfigen Belegschaft sei aufgrund der Turbulenzen gegangen. Ein ins Spiel gebrachtes Sanierungsverfahren mit einer 20-prozentigen Quote sei für sie kein Thema gewesen. "Ich wollte keinen wirtschaftlichen Schaden für alle meine Geschäftspartner, da es ja nur um die bereits geklärten Nachzahlungen an die ÖKG ging." Das Vertrauensverhältnis wäre durch ein Sanierungsverfahren, wo Gläubiger Geld liegen lassen, massiv gestört gewesen, ist Eberle überzeugt.

Rechtliche Schritte werden geprüft

Zwischenzeitlich habe sich die Situation in den vergangenen Wochen beruhigt, weil die Geschäftspartner erkannt hätten, dass das Unternehmen weiter bestehen bleiben und sich das Insolvenzverfahren in Luft auflösen werde. "Die Geschäfte laufen gut und ich habe auch wieder neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefunden." Den entstandenen Schaden möchte sie jedoch nicht ohne Weiteres auf sich sitzen lassen. Derzeit werde geklärt, ob man auf juristischem Weg zumindest einen Teil der entstandenen Kosten zurückholen könne, sagt Eberle. Vor allem könne sie nicht verstehen, warum ihre eingeschrieben verschickten Unterlagen offenbar nicht zeitgerecht am Landesgericht Feldkirch ankamen, obwohl sie eine Woche vor Insolvenzeröffnung abgeschickt worden seien.

ULRIKA'S Lebensmittel Manufaktur GmbH wurde 2017 gegründet. Das meiste Geschäft macht das Unternehmen mit diversen Handelsketten in Österreich sowie mit kleineren Geschäften bis nach Köln (D). Dazu kommen Privatkunden und Endverbraucher, die direkt bestellen können.

(Quelle: Wirtschaftspresseagentur)

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