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©David Schreyer

Neuanfang für eine Schule

Der Bildungscampus Bütze in Wolfurt ist Lern- und Lebensraum und steht für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Bestand.

Das Architekturbüro Schenker Salvi Weber entwickelt aus einer bestehenden Schule aus den 1960er-Jahren einen modernen Bildungscampus mit Kleinkindbetreuung, Kindergarten, Volksschule und Turnhalle. Der Bildungsbau leistet einen wertvollen Beitrag zur Ortsentwicklung von Wolfurt und zeigt, wie Bildungsbauten heute aussehen können.

Die Anforderungen an Schulbauten haben sich stark verändert: Schule soll soziale Kompetenz fördern, zur Selbstständigkeit erziehen und helfen, sich in einer Welt zu orientieren, dich sich immer schneller verändert.
Das verlangt nach neuen Räumen, denn jede Art von Bildung findet auch in Räumen statt, die eben diese Anforderungen unterstützen oder untergraben können. In Vorarlberg sind in den letzten Jahren erfreulich viele ausgezeichnete Bauten entstanden, die die Schule zu einem positiv besetzten Arbeits-, Lern- und Lebensraum machen. Ein solcher Ort ist auch der Bildungscampus Bütze in Wolfurt. Die Qualität liegt im ortsbaulichen Anliegen, im Weiterbauen von Bestand und in der sozial und kulturell wirksamen Zusammenfassung von verschiedenen Funktionen. Ortsbaulich deshalb, weil der Campus Bütze mit Kindergarten, Kleinkindbetreuung, Schule und Turnhalle ein für viele Generationen wichtiger Baustein der Infrastruktur ist. Die Öffnung dieser öffentlichen Bauten für Freizeitangebote an zentralen Standorten ist ein zeitgemäßer Ansatz zur Steigerung der Bildungsqualität im urbanen Raum – das gilt für Dorfgemeinschaften, besonders aber für Gemeinden wie Wolfurt im dicht besiedelten urbanen Rheintal. Die Struktur eines Campus ist auch ökologisch gedacht fortschrittlich, denn die Bündelung von Funktionen vermeidet weitere Bauvorhaben und weitere Versiegelung, nützt das Vorhandene und bringt Themen zusammen, die auch sozial zusammengehören. Besonders relevant ist der Aspekt des Weiterbauens. Gerade für Bildungsbauten ist das ein wichtiger Zugang. Der öffentliche Bau, vielfach Vorbild, kann (und soll) diese Funktion auch bei diesem wichtigen Thema einnehmen.

Ein gemeinsamer Haupteingang führt zu Schule und Kindergarten. Von dort aus öffnet sich der Pausenhof zur südlich gelegenen Straße. ©David Schreyer
Holzbau: Mit Ausnahme der Turnhallenüberbauung aus Stahl ist der Neubautrakt ein Holzbau. ©David Schreyer

Begonnen hat es in Wolfurt mit dem Vorhaben, die Volksschule im Ortsteil Bütze zu erweitern und einen Kindergarten mit Krippe zu integrieren. Beides war bisher in zwei gegenüberliegenden Bauten aus den 1960er-Jahren untergebracht. Die Schule wurde in den 90ern um eine Turnhalle und einen Klassentrakt erweitert. Beide Bauten entsprachen nicht mehr den Anforderungen, insbesondere die wachsenden Bedürfnisse bei der Ganztagesbetreuung verlangten nach einer Erweiterung. Auch energetisch stand eine Ertüchtigung des Bestandes an. Den europaweit ausgelobten Wettbewerb gewann das in Wien ansässige Architekturbüro Schenker Salvi Weber.

Schule und Kindergarten sind ein Teil der Nachbarschaft und ortsbaulich gut integriert. ©David Schreyer
Die Pergolen an den Enden des Neubaus, die auch als Fluchtweg dienen, funktionieren wie "Kiemen" zum Außenraum und haben Aufenthaltsqualität. ©David Schreyer
Innerhalb der autarken Zonen können Gemeinschaftsflächen je nach Bedarf generiert werden, unnütze Korridorbereiche werden damit vermieden. ©David Schreyer

Der Bau aus den 1960er-Jahren sollte erhalten und jener aus den 1990er-Jahren aus bauphysikalischen Gründen abgetragen werden. Die Turnhalle im Untergeschoß wurde saniert und überbaut. Ein 60 Meter langer und 27
Meter tiefer Neubau mit einem Holztragwerk mit jeweils einer Pergola an den Enden ergänzt nun die Anlage. Im Entwurf ließen sich die Architekten dennoch besonders vom Bestand der 1990erJahre inspirieren. Großzügige
Höfe gaben dem abgebrochenen Schulteil einen starken Außenbezug. Der neue Anbau hat nun zwar keine Höfe mehr, dafür sechs lichtbringende Oberlichten und zwei an der Ost- und der Westweite vorgelagerte Pergolen
mit gedeckten Außenklassen und direktem Zugang ins Freie.

Den diversen Nutzungen des Hauses als Kindergarten, Volksschule, Turnsaal und Veranstaltungsort werden klar definierte Räumlichkeiten zugeordnet, die über die zentralen Atrien und Lichthöfe in Beziehung treten - eine Hausgemeinschaft entsteht. ©David Schreyer
©David Schreyer

Ein gemeinsamer Haupteingang führt zu Schule und Kindergarten. Von dort aus öffnet sich der Pausenhof zur südlich gelegenen Straße. Ein einheitlicher Belag von Platz und Straße formt nun eine verkehrsberuhigte Zone mit neuer Bushaltestelle. Im Westen sind ein kleiner Parkplatz, ein Nebeneingang und im Nordwesten eine Außensportanlage platziert. Der nördliche Garten ist den Kindergartenkindern vorbehalten. Im
Gebäude ist linkerhand die neue Schulgarderobe untergebracht. Das Erdgeschoß des Neubaus ist dem Kindergarten gewidmet. Ein Oberlicht bringt Licht zum zentralen „Marktplatz“, der die Gruppenräume erschließt. Der Grundriss ist vertikal und horizontal verzahnt, um den Kindern im wahrsten Sinne des Wortes möglichst wenig Wände und Barrieren in den Weg zu stellen. Es gibt viele Freiflächen zum Toben, mobile Regale und Rollcontainer folgen den Kindern wohin sie wollen – Vorhänge, gemütliche Kuschelecken und integrierte Sitzbänke laden zum Rasten oder Rückzug ein. Gute Bildungsbauten gelingen nur miteinander. So gab es auch viel Gespräche, viel Zusammenarbeit zwischen Pädagogik, Architektur und Gemeinde.

Auf Wunsch der Schulgemeinschaft sind alle Klassenräume auf einer Ebene angeordnet und wurden sowohl im Bestands-, wie auch im Neubau jeweils um einen der Klasse zugeordneten Nebenraum ergänzt. ©David Schreyer
©David Schreyer

Daten und Fakten

Objekt Volksschule Bütze Wolfurt
Bauherr Marktgemeinde Bütze Wolfurt
Architektur Schenker Salvi Weber ZT, Wien www.schenkersalviweber.com
Statik Hämmerle – Huster, Bregenz www.hagen-huster.at
Fachplanung Bauphysik: IBO, Wien; Elektro: Hiebeler + Mathis, Hörbranz; Landschaft: DnD, Wien
Planung 01/2015 – 01/2018
Ausführung 04/2017 – 08/2019
Grundstücksgröße 7204 m²
Nutzfläche 5793 m²
Bauweise Bauteil 1960er-Jahre: Sanierung Massivbau Holzfassade; Bauteil der 1990er-Jahre: Untergeschoß Bestand Beton darüber Neubau in Holzrahmen - bauweise + Holzfassade; Dreifachverglasung mit Holz-Alu-Rahmen; Heizung: Grundwasser–Wärmepumpe
Ausführung Tief- & Hochbau: Nägele, Sulz; Stahlbau Pergola: Klocker, Dornbirn; Holzbau: Dobler, Röthis; Elektro: Rist, Wolfurt; Heizung: Dorfinstallateur, Wolfurt; Lüftung/Kühlung: Gruber, Sankt Ulrich; Holzboden: Bischof, Meilen; Fenster: Böhler, Wolfurt
Energiekennzahl 12 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 12,1 Millionen Euro

Text: Verena Konrad | Fotos: David Schreyer

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